Laut dem Wolterdinger Bernhard Mössner hängen viele Existenzen am Wochenmarktverkauf. Foto: Schedler

Tuttlingen sagt Wochenmarkt wegen Corona ab. Marktbetreiber wie Besucher in Sorge.

Obst- und Gemüse-Stände, Feinkostwagen, eine Vielfalt von Backwaren und ein breites Fisch- und Fleischangebot: So verbringen viele Donaueschinger den Freitagmorgen beim Einkauf auf dem Wochenmarkt.

Donaueschingen - Nicht wegzudenken ist der Marktbesuch für diese Bürger. Doch bangen Marktbetreiber wie Besucher um ihren Wochenmarkt, denn die Stadt Tuttlingen hat den Wochenmarkt dieses Wochenende abgesagt. Begründung hierfür sind die vielen Corona-Infektionen in der Stadt.

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Wie sehen es die Marktbetreiber?

"Die Schließung des Tuttlinger Markts ist für mich unverständlich", sagt Klaus Lehenherr. Es sei in keinerlei Maß, denn Supermärkte dürfen weiterhin offen haben, so der Käseverkäufer aus Überlingen. Auch sei die kurzfristige Entscheidung der Tuttlinger schwierig. Denn die frischen Lebensmittel seien verderblich und man brauche Vorlaufzeit wegen der Personalplanung. "Ich bin über die Schnelligkeit der Entscheidung entsetzt", er befinde sich gerade in einer Art Schockzustand. Er habe keine Alternative falls der Donaueschinger Markt auch schließen sollte. Deswegen hofft Lehenherr – wie auch seine Kollegen – dass der Markt geöffnet bleibt.

"Wir sehen kein Problem am Markt, die Hygieneregeln werden schließlich von den Besuchern gut eingehalten", sagen Lisa und Irmgard Hug. Der Markt habe gesunde und regionale Lebensmittel, da könne ein Supermarkt nicht mithalten, so die Fischhändlerinnen aus Unterkirnach. Da gerade auch keine Restaurants offen haben, sei der Markt die einzige Möglichkeit für qualitative Lebensmittel – auch im Hinblick auf Weihnachten. "Im Falle einer Schließung erwarten wir große finanzielle Verluste, gerade in der sonst so verkaufsstarken Vorweihnachtszeit", sagt Lisa Hug. "Zudem haben wir schon für Weihnachten bestellt und kalkuliert", ergänzt Irmgard Hug.

Detlef Humbert, Feinkostverkäufer aus Engen, ist von der Schließung in Tuttlingen betroffen. Er bedaure die schlechte Kommunikation der Stadt Tuttlingen und habe davon online erfahren: "Beinahe wäre mein Mitarbeiter um vier Uhr morgens umsonst nach Tuttlingen gefahren", so Humbert. Die Absage habe natürlich auch finanzielle Folgen. Eine Schließung in Donaueschingen könne er sich aber nicht vorstellen, da der Markt entzerrt sei. "Ich bin positiv gestimmt, dass wir weiter verkaufen dürfen."

"Nichts ist sicherer als ein Markt an der frischen Luft", sagt Bernhard Mössner, Obst-und Gemüsehändler aus Wolterdingen. Deshalb sei eine Schließung unverhältnismäßig.

Zudem hingen am Markt Existenzen, es gebe für ihn keine Alternative zum Marktgeschäft. "Die Händler besitzen Ware im Wert von zehntausenden Euro", sagt Mössner. Im Falle einer Schließung müsse er die Lebensmittel entsorgen: "Das kommt in die Tonne", fürchtet er. "Ich glaube aber nicht, dass der Markt geschlossen wird, denn wir stehen in Gesprächen mit der Stadt", so Mössner.

Wie ist die Sicht der Marktbesucher?

Auch für die 20-jährige Julia und die 22-jährige Naia Limberger wäre eine Marktschließung nicht nachvollziehbar. Denn alle Besucher würden auf den Abstand und die Maske achten. Der Markt biete die Möglichkeit, qualitative, gesunde und biologische Lebensmittel zu kaufen. "Auf das Einkaufserlebnis möchten wir nicht verzichten."

"Wir fühlen uns auf dem Markt sicher, auch wenn wir schon über 70 Jahre alt sind", erklären Margret und Franz Moser. Sie glauben nicht, dass es am Markt eine hohe Ansteckungsrate gebe. "Einkaufen muss man immer", sagt Franz Moser. Zudem gebe es einen großen Qualitätsunterschied zwischen Markt und Discounter. "Eine Marktschließung wäre schlimm, schließlich kaufen wir nur dort ein", sagen sie.

Laut Axel Gerold würde eine Schließung keinen Sinn machen. Er habe Mitgefühl für die Marktbetreiber, denn im Falle einer Schließung würden nur die Discounter profitieren. "Eine Absage wäre schlimm, das wären enorme finanzielle Verluste", sagt Gerold. In Discountern werde der Abstand zudem weniger eingehalten.

Das sagt die Stadt dazu

Beatrix Grüninger, Pressesprecherin der Stadt Donaueschingen, gibt Entwarnung, denn die Stadt habe nicht vorgesehen, den Wochenmarkt zu schließen. "Die Inzidenzwerte im Landkreis Schwarzwald-Baar und in Donaueschingen sind bisher nicht so hoch wie die Werte im Landkreis Tuttlingen", sagt Grüninger. Sie bestätigt, dass ein Markt an frischer Luft sicherer als ein Supermarkt sei. Die Sicherheit bestehe zudem durch das Hygienekonzept des Markts, welches von den Besuchern befolgt werde. "Unser Marktmeister steht auch in regelmäßigem Kontakt mit den Marktbetreibern, denn es sind Existenzängste bei den Marktbetreibern vorhanden", sagt Grüninger.

Der Wochenmarkt hat bereits seit dem ersten Lockdown im April ein Hygienekonzept. Damals wurde die Angebotsfläche des Wochenmarktes wesentlich ausgeweitet. Auch wurden die Marktstände auseinandergezogen, damit deren Abstände zueinander vergrößert werden konnten. Dadurch können die Abstandsregeln auf dem Donaueschinger Wochenmarkt gut eingehalten werden, erklärt die Stadt. Hinzukommt, dass eine Maskenpflicht auf Wochenmärkten seit November gilt. Darauf weist die Stadt auch durch entsprechende Schilder an den Eingängen des Wochenmarktes hin.