Handwerk verbindet sich mit Emotionen. Umfassendes Wissen in Theorie und Praxis erforderlich.
Donaueschingen - Ein Sommelier? Der weiß alles über Wein, kennt die Anbaugebiete, weiß wie er schmeckt und was man dazu essen sollte. Nun erklärte die Fürstenberg Brauerei, wie ihre Biersommeliers eigentlich arbeiten.
"Teils gibt es da in der Getränkekarte beim Wein hocherotische Erklärungen. Und auf der letzte Seite stand dann beim Bier: Pils, Export, Weizen – fertig. Das ändert sich", erklärt Georg Schwende, Geschäftsführer der Brauerei, die eigens ins Brauwerk geladen hatte, um einmal die Arbeit der Biersommeliers vorzustellen.
Umfassendes Wissen in Theorie und Praxis erforderlich
Ein Sommelier für Bier? Ja, das gibt es. Und wie sich zeigen wird, auch zu Recht. "Craft Beer ist in aller Munde und eine regelrechte Bewegung geworden. Bier hat eine neue Bedeutung. Ist nicht nur Masse, sondern auch Genuss", so Schwende. Die Ausbildung zum Biersommelier gibt es seit Anfang der 2000er-Jahre. Bei Fürstenberg gibt es mittlerweile acht davon.
"Ich liebe meinen Job", sagt Markus Gruhl. Der Gesamtvertriebsdirektor ist seit mehr als 30 Jahren in der Branche und seit sechs Jahren auch ausgebildeter Biersommelier. Um Sommelier zu werden, sei ein recht umfassendes theoretisches und praktisches Wissen notwendig. "Es ist sehr anspruchsvoll." Es gehe um Ausschank, Sensorik, aber auch alle begleitenden Dinge: "Etwa, welches Bier zu welcher Speise passt." Die Brauereien haben es bisher nie verstanden, ihr Handwerk mit Emotionen zu verknüpfen, wie es beim Wein der Fall sei. "Es ist auch die Aufgabe eines Sommeliers, die Leidenschaft weiterzugeben."
Die hat etwa Simone Maier. Sie arbeitet in der Marketing-Abteilung und ist seit 2018 Biersommelière. "Was eine Frau bewegt, diese Ausbildung zu machen? Ich war immer neugierig und mochte Bier. Im Beruf habe ich dann kennengelernt, welches Bier zu welchem Essen passt. Das war fantastisch", sagt Maier. Die beste Zeit für die Arbeit als Sommelier sei übrigens vormittags. "Die Geschmacksknospen funktionieren dann besser, als wenn sie bereits mit Kaffee, Zigaretten und anderen Speisen bombardiert wurden." Jeder Mensch besitze etwa 200 Stück solcher Knospen, zehn Prozent seien allerdings bevorteilt: "Die haben 4000." Bei der Arbeit müsse man das trainieren, ebenso wie die Geruchsempfindung. "Das machen wir etwa mit Aromakästen, in denen Bieraromen zu erschmecken sind", sagt Maier. Zur Unterstützung gebe es auch bestimmte Hilfsmittel, wie etwa die Duftlupe. Mit ihr lassen sich Gerüche um das Achtfache verstärken.
Für den Biergeschmack spiele jedoch auch eine Rolle, was man sehe und höre: "Wenn ich an einem Sommertag ein kühles Bier ins Glas schenke und es sprudelt, dann ist das ansprechend." Etwas kniffliger wird es dann, wenn es an die Geschmacksprobe geht. Die Farbe wird beschrieben, dann wird probiert. Das Pils kommt mit recht grasigen Aromen daher: "Etwas Geranie, wenig Malz. Es besticht durch die Hopfennote", erklärt Maier.
Drei Grundprinzipien gelten für Kombination mit Essen
Und wie sieht es aus, wenn Bier mit Essen kombiniert wird? "Es gibt drei Grundprinzipien der Kombination von Essen und Bier", erklärt Moritz Hamilton, Braumeister und Biersommelier. Die so genannte Bridge (englisch: Brücke), bei der zwei Geschmackspartner zusammen einen neuen Geschmack ergeben. Balance, bei der ein Partner den anderen ausgleicht: "Wie etwa bei einer Bolognese mit bitteren Tomaten. Da hilft dann ein wenig Zucker", so Hamilton. Ähnlich sei das auch beim Bier: "Wenn wir bitteres Essen haben, dann lässt sich das mit süßem Bier abfedern." Schließlich gibt es noch den Boost (englisch: Schub), bei dem einer der Partner hervorgehoben wird. "Im Endeffekt gilt allerdings immer noch: Alles ist Geschmackssache. Wir müssen immer reflektieren, was wir sehen, riechen, schmecken."
Die Geschmacksbandbreite sei unheimlich umfangreich: "Von Gletschereisbonbon bis Ananas lässt sich alles über den jeweiligen Hopfen erreichen", sagt Hamilton. Besonders gut passe übrigens meist Käse zu Bier: "Ein Wein-Som melier wird das nicht zugeben."
Auch Showelemente gehören zum Berufsalltag
Die Kohlensäure im Bier mache den Weg frei für die Aromen. Hamilton präsentiert schließlich den Dominator. Das ist der Sorte nach ein belgisches Dubbel mit dunkler Färbung: "Der Hauptfokus liegt hier auf schweren Mal-und Hefearomen", sagt der Sommelier. Dazu gibt es ein Schokoladen-Mousse. Eigentlich keine übliche Kombination. Doch sie passt. "Starkbier bietet sich als Dessertbier an. Auch zu Käse."
Was schließlich auch noch zum Biersommelier-Dasein gehört: die Show. Hamilton erhitzt einen Metallstab mit dem Bunsenbrenner und taucht ihn ins Bier. Es wird gestachelt, wie dieser Vorgang genannt wird. Angeblich haben Kutscher in früheren Zeiten einen heißen Schürhaken ins Bier gehalten, um sich im Winter aufzuwärmen. Es zischt und raucht. Der Restzucker im Bier wird karamellisiert. "Das ist ein toller Show-Effekt. Es geht nicht nur darum, das Bier zu beschreiben, sondern es auch zu erleben."
Bei der Vorstellung der Arbeit der Biersommeliers in der Fürstenberg Brauerei waren unter den Besuchern auch zahlreiche so genannte Influencer (englisch: to influence, beeinflussen). So werden all jene bezeichnet, die in sozialen Netzwerken aufgrund ihrer starken Präsenz auch für Werbung infrage kommen. Die Influencer sind nicht immer auch hauptberuflich zugange. Im Brauwerk mit dabei waren etwa Damian Stupala, der einen Instagram-Account unter der Bezeichnung blackforest_2.0 betreibt, sowie Julian Zeides und Noah Kuerner von bier_kultur. Beide Kanäle haben jeweils um die 2000 Nutzer, die ihnen folgen.