Der Gitterzaun steht noch und auch Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes drehen noch ihre Runden um die ehemalige Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in der Friedhofstraße. Bewohner befinden sich in den Gebäuden jedoch keine mehr. Foto: Simon

Sicherheits-Mitarbeiter drehen ihre Runden bei Erstaufnahmeeinrichtung. Rückbau ab Januar.

Donaueschingen - In der Erstaufnahmeeinrichtung in der Friedhofstraße in Donaueschingen ist es ruhig. Sicherheits-Mitarbeiter sind an der Pforte anzutreffen und drehen ihre Runden um den Komplex.

Die Bewohner der Anlage sind mittlerweile verschwunden, sie befindet sich seit dem 1. November in einer Art Bereitschaft. Das für den Fall, sollte sie wider aller Erwartungen doch noch einmal gebraucht werden. Das wird als Stand-by-Modus bezeichnet.

"Das bedeutet, dass die Einrichtung für eine kurzfristige Belegung im Rahmen des landesweiten Belegungsmanagements der Flüchtlingserstaufnahme bereitgehalten wird", erklärt Heike Spannagel, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums (RP) Freiburg. Damit eine kurzfristige Bereitstellung der Unterbringung von Asylsuchenden gewährleistet werden könne, sei das RP weiterhin in der Einrichtung vertreten.

Polizei an jedem Wochentag im Einsatz gewesen

Aber was gibt es dort noch zu tun? "Objektschutz durch einen Sicherheitsdienst, Winterdienst innerhalb und außerhalb des Geländes, tägliche Kontrolle der technischen Einrichtungen. Außerdem werden Betten, Spinde, Matratzen, Hygienebeutel für eine kurzfristige Belegung in den einzelnen Häusern vorgehalten", sagt Spannagel.

Am 12. September fand die letzte Abschiebung durch die Polizei statt. "Ich wurde auch schon von Revierkollegen angesprochen, dass es ja jetzt eine Entlastung sei", sagt Thomas Knörr, Polizeirevierleiter Donaueschingen. Das treffe zwar zu, allerdings seien die Maßnahmen rund um die Abschiebungen zum üblichen Pensum der Polizei hinzugekommen. "Es war eine zusätzliche Aufgabe für uns", so Knörr. Eine Herkules-Aufgabe, bei der man auch Unterstützung anderer Reviere erhalten habe. Zum Schluss habe man sich eingespielt und gewusst, wie die Prozesse in der Erstaufnahme ablaufen.

Dass es jetzt nichts zu tun gebe, entspreche nicht den Tatsachen: "Uns geht die Arbeit nicht aus." Mit der Entwicklung habe niemand in dieser Geschwindigkeit gerechnet: "Es gab verschiedene Prognosen, darunter auch der 31. Januar", sagt Knörr.

Mit der Erstaufnahme habe man im Bereich des Polizeipräsidiums ein Alleinstellungsmerkmal gehabt. "Es gab auch andere, allerdings nicht mit den Massen wie anfangs in Donaueschingen." Als mittelständisches Revier sei man eigentlich nicht regelmäßig mit großen Einsatzlagen betraut. Mit der Unterkunft war das jedoch wöchentlich der Fall. An jedem Wochentag sei man im Einsatz gewesen, habe Abschiebungen vorgenommen. "Wir wurden mit Deliktfeldern konfrontiert, die wir sonst nie so haben, etwa im Ausländerrecht. Wir waren mit Ermittlungen betraut, die aus der ganzen Bundesrepublik bis zu uns reichten", erklärt Knörr.

Das habe für viele positive Erfahrungen gesorgt, aber auch für etliche negative. "Es war sicher auch eine Bereicherung, etwa im Umgang mit den Personen." Dennoch wirken dabei auch andere Erlebnisse nach: "Das beklemmende und ungute Gefühl bei den nächtlichen Abschiebungen. Man wusste nicht, was passieren wird. Man geht zwar von einem friedlichen Verlauf aus, den gab es jedoch nicht immer", so der Revierleiter.

Mit Staatsanwaltschaft und Gericht an einem Strang gezogen

Nachdem es 2018 eskalierte, Beamte angegriffen wurden, habe man sich dazu entschlossen, Stärke zu zeigen: "Es ging hier um die Rechtsstaatlichkeit", sagt Knörr. Man sei am Folgetag des Vorfalls abermals in die Unterkunft. Sechs Männer wurden festgenommen und kamen in Untersuchungshaft, eine Verurteilung folgte. "Das war ein deutliches Zeichen. Wir sind daraufhin auch mit starken Kräften aufgetaucht. Dafür gab es auch Kritik."

Das sei jedoch vor allem aus Fürsorge gegenüber den Kollegen geschehen. Polizei, Kripo, Staatsanwaltschaft und Gericht zogen an einem Strang. Man könne allerdings froh sein, dass kein Mensch schwer zu Schaden gekommen sei oder gar getötet wur de: "Dieses Horrorszenario will ich mir gar nicht ausmalen."

Zum 31. Januar 2020 wird der Stand-by-Betrieb beendet und der endgültige Rückbau der Aufnahmeeinrichtung in Donaueschingen erfolgen. Die endgültige Rückgabe des Geländes an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben wird spätestens zum 30. Juni 2020 erfolgen. Schließlich wird die Stadt aus dem Gelände eine neues Wohngebiet entstehen lassen. Die Belegung der Einrichtung ging 2019 konstant nach unten. Waren es Anfang des Jahres noch fast 500 Bewohner, befanden sich zum 23. September noch 23 Bewohner in der Einrichtung in der Friedhofstraße. Rund 800 Plätze werden aktuell noch vorgehalten, sollten kurzfristig weitere Flüchtlinge kommen.