Achtung, der Feind naht: Die drei Geisinger Jungstörche stellen sich plötzlich tot. Friedrich Widmann und Olaf Oczko nähern sich mit dem Korb der Drehleiter dem Nest, um den Storchennachwuchs zu beringen. Foto: Haug Foto: Schwarzwälder Bote

Beringung: Seit Jahren kümmert sich Friedrich Widmann um die Störche / Manfred Bartler tritt Nachfolge an

Bei Friedrich Widmann in Neudingen klingelt das Handy. Es geht um einen Storch. Wie so oft, wenn Widmann angerufen wird. Der 83-Jährige kümmert sich seit etlichen Jahren ehrenamtlich um die Störche in der Region.

Donaueschingen-Neudingen (guy). Widmann schaut nach, wenn sie sich verletzt haben, oder sorgt für die Beringung, um Jungstörche in der Vogelwarte zu erfassen. Eine Menge Arbeit, die sich nur durch Leidenschaft erklären lässt.

Allerdings will der "Storchenvater", wie Widmann genannt wird, diese Aufgabe jetzt auslaufen lassen. Einen entsprechenden Nachfolger gibt es bereits: Manfred Bartler aus Hochemmingen kümmert sich seit Anfang des Jahres um alles, was so anfällt. "Er macht das mit Freude", sagt Widmann. Ihm selbst sei die Arbeit mittlerweile zu viel geworden: "Im Januar 2019 werde ich 84 Jahre alt. Es sind im Laufe der Zeit immer mehr Störche dazu gekommen." Was einerseits schön sei, sorge es andererseits dennoch für einen hohen Aufwand.

Früher sah das noch anders aus. Anfang der 90er-Jahre habe es auf der Baar kaum Störche gegeben. "Es gab damals ein Brutpaar. Baden-Württemberg begann dann, die Tiere im Odenwald zu züchten", sagt Widmann. Ein Storch von dort macht schließlich auch in Pfohren Station. Dann ging es aufwärts. Immer wieder kamen ein oder zwei Paare. Zuerst in Pfohren und Neudingen, schließlich auch in Aasen, wo man ihnen einen Nestplatz bereitstellte: "Karl Wacker hatte die Tiere zu seiner Zeit aufgezeichnet. Dabei hatte er vermerkt, dass es in Aasen im Jahr 1932 Störche gegeben hat. Also entschloss man sich, wieder welche hier brüten zu lassen", erinnert sich Widmann.

Seinen ersten Storch beringt Widmann im Jahr 1998. Passenderweise hat er sein Nest in Neudingen auf dem Dach des Gasthaus Storchen. "Der ist jedes Jahr auf der Baar und brütet jetzt bei Geisingen." Den Vögeln gefällt es in der Nähe der Menschen, sie sind so genannte Kulturfolger. Mittlerweile hat es in der Region rund 25 Brutpaare. Wenn alle auch noch zahlreichen Nachwuchs haben, der beringt werden soll, bedeutet das, viel zu tun: "2017 hatten wir 57 Jungstörche. Bisher habe ich immer alle beringt, mittlerweile sind es jedoch zu viele", erklärt der 83-Jährige. Ein Ring koste etwa drei Euro, bestellt habe er immer etwa 80 bis 100 Ringe, um auch für das Folgejahr welche benutzen zu können. Dieses Jahr wurde die Menge aufgeteilt. Fast alle wurden beringt, einige jedoch nicht, wie etwa in Wolterdingen. Über die Beringung lassen sich Nachforschungen anstellen, woher die Tiere stammen. In Neudingen ist etwa ein Storch unterwegs, der aus der Schweiz auf die Baar kommt. Mit einem großen Spektiv kann Widmann aus einiger Entfernung an den Ringen erkennen, um welches Tier es sich handelt. Er kennt quasi jeden auch persönlich.

Widmann arbeitete zuletzt 30 Jahre als Ingenieur für Verfahrensentwicklung bei Mercedes-Benz. Er war viel in der Welt unterwegs, allerdings interessiere ihn die Natur schon immer. Als er noch in Sindelfingen wohnte, ist er bei Vogelwanderungen mit dabei und engagierte sich dann im Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Als 1994 jemand gesucht wurde, der sich um die Störche auf der Baar kümmert, sagte er zu. Und erfüllt sich einen Kindheitswunsch. Während des Krieges war der Vater als Sanitäter im Lazarett in Bad Ditzenbach. Ab und zu durfte er nach Hause zu seiner Familie. Widmanns Mutter packte die Kinder ein und machte sich auf den Weg, den Vater abzuholen. "Ich war 1945 zehn Jahre alt. Auf dem Weg habe ich damals Störche gesehen. Die waren zu Kriegszeiten kaum anzutreffen. Das ist eine schöne Kindheitserinnerung", erklärt der Storchenvater seine Faszination für die großen Vögel.