Andreas Menge-Altenburger und seine Frau Silke Altenburger sind seit etwas mehr als einem Jahr beim Car-Sharing-Projekt dabei. Wenn sie den in der Nähe des Rettungszentrums geparkten Opel Zafira nutzen möchten, ist der fast immer verfügbar. Foto: Wursthorn

Bilanz nach einem Jahr. Hochzufrieden ohne eigenes Auto. "Gesund für uns und die Umwelt."

Donaueschingen - Statt sich ein neues Auto anzuschaffen, schloss sich Familie Menge-Altenburger dem Carsharing-Projekt in Donaueschingen an. Gut ein Jahr später sind die Erfahrungen durchweg positiv.

Irgendwann war Schluss. Mit 280.000 Kilometern auf dem Tacho hatte der Opel Combo der Familie Menge-Altenburger seinen Dienst getan. Ihn nochmals durch den TÜV zu bekommen, hätte sich finanziell nicht gelohnt. Normalfall in einer Familie. Für die vierköpfige Familie, die in der Siedlung lebt, war das der Punkt zum Umdenken.

"Wir haben gesagt, das probieren wir einfach mal aus", erinnert Silke Altenburger an den Start des Carsharing-Projekts. Auf diese Weise gelang es auch, die beiden Teenager der Familie mit ins Boot zu nehmen. Denn das zum gängigen Vokabular nahezu aller Familien gehörende "Kannst du mich nicht mal schnell..." war schon in der Probephase gestrichen.

Umweltgerecht fortbewegen

Emil und Lotte, 16 und 14 Jahre alt, machten in ihrer Einschätzung einen Wandel durch. "Nach zwei Monaten kam schon mal die Frage nach einem eigenen Auto, zwei Monate später, auch unter dem Einfluss der Fridays-for-Future-Bewegung, war die Neuanschaffung kein Thema mehr", berichtet die Mutter.

Mit dem Car-Sharing hat die Familie ihr Modell gefunden, sich mit temporär buchbarer individueller Mobilität, Bus und Bahn umweltgerechter fortzubewegen als das früher der Fall war. "Das ist gesund für uns und die Umwelt", sagt die Lehrerin, während Diplom-Pädagoge Andreas Menge-Altenburger ebenfalls den Umweltgedanken, aber auch die Abkopplung von bisherigen Autosorgen wie Winterreifen, Inspektion, TÜV und ähnliches hervorhebt. Es einfach mal vor einer Neuanschaffung auszuprobieren, sei eine nahezu risikolose Annäherung ans Autoteilen, so der Appell des Ehepaars.

Allerdings müssten gewisse Grundbedingungen stimmen: "Den Arbeitsweg muss man ohne Privatauto bewältigen können", erklärt Menge-Altenburger. Zur jüngsten Arbeitsstätte in Villingen fuhr er mit dem Zug, während seine Frau die Kaufmännischen und Hauswirtschaftlichen Schulen zu Fuß oder mit dem Rad ansteuert. Der ÖPNV spielte in der Familie schon vor dem Carsharing-Projekt eine große Rolle. Die Kinder pendeln an die Walldorfschule in Schwenningen, "aber auch wir Eltern hatten schon Monatskarten", so der 51-Jährige. Auf dem Weg zu den Fahrzeugstandorten nutze er des Öfteren den Stadtbus.

Kosten und Verfügbarkeit

Kosten und Verfügbarkeit: Das seien die wichtigsten Fragen, die Menge-Altenburger gestellt werden, wenn er sich, durchaus amüsiert, im Bekanntenkreis als autolos outet. "Günstiger", summiert er seine taschenrechner-gestützten Erfahrungen. 360 Euro im Monat habe der erdgasbetriebene Combo bei ehrlicher Rechnung pro Monat gekostet. "Im vergangenen Jahr lagen wir nur in einem Monat drüber." Eine Mobilitätsrechnung, zu der, der Ehrlichkeit halber, natürlich auch die Monatskarten gehören.

"Ein einziges Mal stand kurzfristig kein Auto zur Verfügung", erinnert sich die 48-jährige Donaueschingerin. Warum es pressierte, weiß sie gar nicht mehr. Denn im Normalfall ist immer eines der vier nutzbaren Fahrzeuge verfügbar. Warum das so ist, zeigt der Blick auf die Carsharing-Seite. Überwiegend blau sind die Tage für Zafira und Corsa hinterlegt. Also noch frei. An diesem Wochenende steht der Corsa-Balken auf Orange. "Da fahren wir nach Graubünden in den Schnee", erläutert der Familienvater. Und kennt auch schon die Kosten.

400 Kilometer für Hin- und Rückfahrt zur Ferienwohnung und rund 36 Stunden Nutzung kosten 111,40 Euro. Nur wenn man zu zweit mit der Bahn reist, ist es billiger. Schon am Wochenende zuvor hat die Familie mit dem größeren Zafira die Wintersportausrüstungen an den Ferienort gebracht.

Familie fasst Tätigkeiten mit einer Fahrt zusammen

Prima sei es, das Fahrzeug dem echten Bedarf anzupassen, sagt Silke Altenburger. Denn wie oft fahre man allein oder nur mit einem Kind in einem eigentlich zu großen Fahrzeug? Auch wenn man online bucht, der Weg zu den Fahrzeugen bleibt "gestrig". So geschwind mal mit dem Auto weg, "das geht nicht mehr", so das Ehepaar. Für beide ist das kein Verlust, sondern ein Gewinn.

Man plane mehr, fasse Tätigkeiten mit einer Fahrt zusammen und erlebe durch das bedachtere Vorgehen Entschleunigung. Ein Beispiel aus dem Leben: "Unser Sohn klettert in Rottweil. Da fahren wir ihn wegen der ungünstigen ÖPNV-Zeiten mitunter mit dem Auto. Früher habe ich einfach gewartet. Heute wird damit der Einkauf verbunden", so Menge-Altenburger. Dazu ein weiterer Zugewinn. Die frische Luft auf dem Anstieg in der Siedlung härtet ab. "Durch den letzten Winter sind wir alle erkältungs- und krankheitsfrei gekommen", bilanziert Silke Altenburger den gesundheitlichen Aspekt.

Info: Die Autoschlüssel

Die Autoschlüssel der im Carsharing verbundenen Fahrzeuge gehen nicht von Hand zu Hand. Die Altenburgers verfügen über jeweils eine Plastikkarte, mit der sich – ähnlich eines Hotelzimmers – das Auto öffnen lässt. Der Zündschlüssel liegt im Handschuhfach. Bei Abfahrt beginnt die computergesteuerte, minuten- und kilometergenaue Abrechnung. Buchungen erfolgen auf der Seite stadtmobil-suedbaden.de und können 24 Stunden vorher storniert werden. Wird das Auto früher abgeben, erfolgt eine Rückerstattung. Eine geringe "Strafe" wird fällig,wenn das Auto länger als gebucht, genutzt wird.

Mobile Baar heißt der eingetragene Verein, der seit 20 Jahren besteht. Mitglieder sind elf Haushalte, 15 Einzelmitglieder und fünf Institutionen mit insgesamt rund 100 Nutzern. Ein Beispiel aus dem Gebührensatzung: Ein Haushalt zahlt pro Jahr 60 Euro Mitgliedsbeitrag. Derzeit hat Mobile Baar zwei Fahrzeuge am Start: ein Opel Zafira bei der Sebastianskapelle und ein Opel Corsa am Bahnhof. Ferner stehen am Standort Donaueschingen zwei Elektroautos von my-e-car, die ebenfalls genutzt werden können. Diese stehen an der Bühlstraße und an der Prinz-Fritzi-Allee. Darüber hinaus stehen den Mitgliedern mehr als 180 Fahrzeuge von Stadtmobil Südbaden AG und my-e-car zur Direktbuchung in Südbaden zur Verfügung. Ein zusätzliches Fahrzeug wird derzeit diskutiert. Im Gemeinschaftsraum der "Palette" an der Villinger Straße 31 findet am Donnerstag, 16. Januar, 19 Uhr eine Infoveranstaltung zum Carsharing statt. Gerhard Bronner vom Verein wird das Angebot des Vereins erläutern und für Fragen zur Verfügung stehen. Einige Bewohner des Wohnprojektes Palette sind laut seiner Aussage interessiert an einer Beteiligung und an einem neuen, zusätzlichen Fahrzeugstandort. Wenn sich im Wohngebiet um die ehemalige Lehrerakademie ausreichend Nutzer finden, könnte der Verein sich auch vorstellen, ein neues Fahrzeug direkt vor Ort bereitzustellen.