Projektleiter Thomas Kring hält die Karte des Naturschutzgroßprojekts (NGP) Baar in der Hand. Er steht an einem entkrauteten Tümpel am Riedsee in Pfohren, welcher Teil des NGP ist. Kring hat die Obhut für 4200 Hektar heimische Flora und Fauna. Fotos: Schedler Foto: Schwarzwälder Bote

Baar: Wie der Landkreis die Natur schützt / Thomas Kring gibt Einblicke in das Großprojekt

Seltene Arten, weitläufige Wälder, landwirtschaftliche Felder – die Natur genießt einen großen Stellenwert in der Region.

Donaueschingen/Hüfingen/Bräunlingen. Nicht zuletzt das Naturschutzgroßprojekt (NGP) Baar unter der Trägerschaft des Schwarzwald-Baar-Kreises setzt sich für den Erhalt der hiesigen Flora und Fauna ein – denn die Baar ist Heimat für viele seltene Tier- und Pflanzenarten. Das NGP erstreckt sich über eine Fläche von 4200 Hektar, das entspricht einer Fläche von mehr als 8000 Fußballfeldern – 40 Kilometer Durchmesser von Süd nach Nord sowie 20 Kilometer von West nach Ost, erklärt Thomas Kring, Projektleiter des Naturschutzgroßprojekts.

Um das Städtedreieck verteilt liegen acht Flächen: Bregtal (Donaueschingen), Riedseen (Hüfingen), Birkenried-Mittelmeß und Unterhölzer Wald (Pfohren), Weißwald (Grüningen), Baaralb bei Fürstenberg, Deggenreuschen-Rauschachen (Döggingen) und Jungviehweide (Mundelfingen).

"Ziele des Projekts sind die Optimierung und die Erweiterung der Lebensräume bestimmter Tier- und Pflanzenarten sowie die Stärkung und Ausweitung des Biotopverbunds", sagt Kring.

Doch wie sehen die Maßnahmen aus? Das könne man nicht pauschal beantworten, sagt Kring, schließlich beherberge das NGP verschiedene Biotope – von Wäldern, Magerrasen, Streuwiesen, Röhrichte bis Nassgrünland. "Viele Flächen sind brach gefallen oder werden unregelmäßig genutzt, daher verbuscht Vieles", erklärt der Projektleiter. Auch die Magerrasen-Hänge auf der Baar seien zu wenig bewirtschaftet. "Ziegen und Schafe sind ein gutes Hilfsmittel die Nutzung zu extensivieren", sagt Kring.

Dies sei auch in den Wäldern wichtig. Sie machen über 60 Prozent der NGP-Fläche aus. Durch die Forstwirtschaft des Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg seien einige Flächen mit Fichten monoton aufgeforstet worden. "Strukturvielfalt in den Wäldern ist wichtig für die Biodiversität auf der Baar", erklärt Kring. So seien Forstarbeiten ein wichtiges Mittel für den Naturschutz, wie etwa Waldrandgestaltung und Auflichtung. "Wir arbeiten deswegen eng mit der Forst- sowie der Landwirtschaft zusammen." Denn die Lichtversorgung im Wald sei ein entscheidender abiotischer Lebensfaktor: "Der aufgelichtete Wald bietet einen potenziellen Lebensraum für den Grauspecht oder den Baumpieper."

Kring betont ebenfalls die Wichtigkeit der Durchwanderbarkeit der Flächen für Tierarten: "Südlich von Neudingen wird im Wald ein Korridor geschaffen", so könnten Arten des Offenlandes, wie Schmetterlinge und Heuschrecken, besser in umliegende Biotope gelangen. Zudem entstehen im Rahmen des NGP einige Waldrefugien. Auf diesen Flächen, welche vollständig aus der Nutzung der Holzwirtschaft herausgenommen werden, können Habitate für Vögel und Fledermäuse entstehen.

Doch auch an Gewässern brauche es einige Maßnahmen: Die Verlandung von stillen Gewässern sei ein natürlicher Prozess. Laut Kring werde die Wasserqualität durch eingetragene Biomasse, wie etwa Laub, schlechter. "Deswegen haben wir einige Tümpel um den Riedsee entkrautet und das Gehölze beseitigt, um die Tümpel als Lebensraum zum Beispiel für Amphibien und Libellen zu erhalten."

Auch der Klimawandel spielt eine Rolle: "Um den Veränderungen ihrer Lebensräume durch die Erwärmung ausweichen zu können, brauchen Tiere und Pflanzen Rückzugsräume, die ihren Ansprüchen genügen", sagt Kring. Deshalb könne die klimatisch kalte Baar ein Rückzugsort für Arten werden, denen es andernorts zu warm wird. Außerdem leiste das Projekt einen aktiven Beitrag für den Klimaschutz. Durch den Schutz von alten Wäldern und die Wiedervernässung von Mooren werde Kohlenstoffdioxid dauerhaft gebunden, welches dann nicht mehr als Treibhausgas wirken kann. "Meine Leidenschaft gegenüber der Natur verfolge ich schon seit Kindheitstagen", sagt Kring. Deshalb habe er Agrarwissenschaft mit der Fachrichtung Umweltsicherung und Entwicklung ländlicher Räume studiert und sich 2013 auf die Stelle im Naturschutz beworben. Was die Arbeit im Naturschutz besonders macht? "Kein Tag ist wie der vorherige", einen typischen Alltag gebe es nicht, sagt der Projektleiter. Zudem sei es schön, Erfolge zu sehen, etwa, wenn sich bedrohte Arten wieder regenerieren. Kring führt die stark gefährdete sibirische Schwertlilie Iris sibirica an, welche am Riedsee gesichtet wurde. Auch die Resonanz der Bevölkerung falle sehr positiv aus. Wie kann der Bürger sich für heimische Natur engagieren? "Auch im eigenen Garten kann man durch Naturgärten einen kleinen Beitrag für den Naturschutz leisten", sagt Kring.

Der Antrag auf Förderung des Naturschutzgroßprojektes (NGP) Baar wurde im Februar 2012 durch das Landratsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises gestellt. Die Idee dazu ist in Kreisen des ehrenamtlichen Naturschutzes entstanden, diese wurde dann 2013 vom Landratsamt umgesetzt. Die Projektleitung besteht aus drei Personen, welche auf 2,5 Stellen arbeiten. Das NGP wird durch das Bundesamt für Naturschutz zu 75 Prozent, vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft zu 15 Prozent und von den beteiligten Landkreisen zu zehn Prozent gefördert.