Schädling aus Japan eingeschleppt / 15 Jahre nach Sturm Lothar muss Aufforstung bei Heidenhofen gerodet werden

Von Wilfried Strohmeier

Donaueschingen. Der Borkenkäfer ist in den Köpfen das Schreckgespenst des Waldes schlechthin und Ursache für das Sterben von -zig Millionen Fichten. "Falsches Weißes Stengelbecherchen" hört sich hingegen viel niedlicher an. Der Pilz ist für Eschen aber genauso todbringend.

Im Jahr 2002 fiel es in Deutschland erstmals auf: Blätter an den Eschen starben ab, junge Triebe an den Bäumen wurden kahl und vertrockneten. Zunächst kannte keiner den Grund. Die Symptome wurden immer häufiger beobachtet, die Suche intensiviert. Die Ursache wurde erst 2010 nachgewiesen. Ein Pilz, eingeschleppt aus Japan, verursacht das Eschensterben. Das "Falsche Weiße Stengelbecherchen" dringt über das Blatt oder über noch nicht verholzte Jungtriebe ein, verstopft die Saftadern und lässt den Baum nach und nach absterben. Er verbreitet sich durch Sporen, die für das menschliche Auge, wie bei anderen Pilzen auch, unsichtbar sind.

Pilzsporen dringen über Blätter ein

Ein Gegenmittel gibt es im Moment keines, es ist auch keines in Sicht. Auf Einsatz von Chemie wird seit Jahren im Donaueschinger Stadtwald komplett verzichtet und ist auch nicht erwünscht. Denn man würde zusätzlich nützliche Waldpilze vernichten, erklärte Manfred Fünfgeld, zuständig für das Forstrevier Donaueschingen, Aasen und Neudingen.

Manfred Fünfgeld steht an diesem Morgen im Heidenhofer Wald vor einer rund drei Hektar großen Fläche, die erst im April neu bepflanzt wurde. Bis zum Herbst standen hier noch mehrere hundert Eschenbäume, alle rund zwölf bis 15 Jahre alt, gepflanzt nach dem Jahrhundertsturm Lothar. Auf der großen Fläche stehen nur noch vereinzelt Eschen, es waren die, an denen keine erkennbaren Schadspuren des Pilzes gefunden wurden. Sie wurden bei der großen Rodungsaktion im Herbst stehen gelassen, in der Hoffnung, dass es vielleicht genau die Bäume sind, die eine Resistenz gegen den Pilz bildeten und mit denen irgendwann weiter vermehrt werden kann. Dadurch könnte man den Eschenbestand wieder aufleben lassen.

Nach der Abholzungsaktion kam der THW im Winter und räumte auf der Fläche die umgesägten Stämme ab, sie wanderten in den Häcksler. Im April ging das Aufforsten los. Gepflanzt wurden Eichen, Fichten, Erlen, Wildkirsche und Birke. Die Kosten für einen Hektar Aufforstung liegen durchschnittlich bei rund 10 000 Euro, benötigt werden für eine Fläche dieser Größe zwischen 3000 und 5000 Pflanzen. Hinzu kam in diesem Fall noch die Rodung. Um die Eichen wurden Kunststoffschläuche angebracht, was gegen den Wildverbiss hilft und Frostschäden hilft, was in dem Fall aber auch wegen der sommerlichen Mähaktion getan wurde. Denn auf der Fläche wächst natürlich auch anderes: Vor allem Brombeeren und Brennnesseln wuchern im Moment. Bis in ein paar Wochen gehen die Forstmitarbeiter auf die Fläche und mähen das dichte und hochwachsende Kraut von Hand um. Wären die jungen Eichenbäumchen nicht durch die Kunststoffschläuche geschützt, wäre die Gefahr zu groß, dass sie mit umgemäht würden. Mäht man nicht, gingen die jungen Bäumchen kaputt. Optimal wäre es, die Fläche zwei Mal zu schneiden, dies sei aber von der Kostenseite her nicht machbar, so Manfred Fünfgeld.

Gestrüpp nimmt schnell überhand

Bei Kahlflächen könnte man theoretisch auch mit dem Aufforsten warten. Aber wartet man zu lange, wird es teurer und arbeitsintensiver. Denn Gestrüpp wie Brombeere und Hasel fühlen sich äußerst wohl und wachsen wie das viel beschworene Unkraut.

"Eine echte Mammutaufgabe kommt auf uns zu", erklärt der Förster. Von den 2500 Hektar Stadtwald sind rund 80 Hektar Esche, 40 Hektar davon Jungwald. Eigentlich dachte man, es wären alle Schäden, die durch die Stürme Lothar und Wiebke verursacht wurden, behoben. Jetzt kommt dieses neue Problem. An den jungen Bäumen sieht man die Auswirkungen des Pilzes relativ schnell, die älteren können sich länger gegen den Befall wehren. Doch ging man dazu über, auch diese zu fällen, wenn sie befallen sind, bevor die Stämme nichts mehr Wert sind.

Für Manfred Fünfgeld ist die Esche ein bisschen ein verkannter Baum, vor rund 30 Jahren galt er bei den Förstern noch quasi als "Unkraut" und wurde rigoros abgeholzt, obwohl er sich von selbst bestens verjüngt. Auch beim Möbelbau ist er für ihn interessant. Er hat ein helles Holz, und auf kalkhaltigen Böden bekommt er einen Kernstamm in der Farbe wie Olivenholz.

Trotz des Befalls kann das Holz verhäckselt und weiterverwendet werden. Es sei nicht infektiös, und im Moment befällt das "Falsche Weiße Stengelbecherchen" auch nur die Eschen. Jeder hofft, es bleibt auch so. Was die Forstleute und Labore tun können? Beobachten und forschen. Hoffen, dass sich Resistenzen entwickeln. Bilden sich diese nicht, könnte die Esche von der Bildfläche verschwinden. Samen werden eingelagert und gepflanzt, wenn der Pilz nicht mehr aktiv sein dürfte. Doch ob die Pilzsporen mit dem Baum verschwinden werden, daran zweifelt Manfred Fünfgeld.