Die Teilnehmer auf dem Podium des Anstöße-Abends (hintere Reihe, von links) Reinhard Isak, Dagmar Kreider, Günther Joos und Irmgard Engel sowie (vorne) Ingeborg Kettern und Cornelia Kricheldorff. Foto: Fischer Foto: Schwarzwälder Bote

Anstöße-Abend: Politik bei der Lösung der Pflegeproblematik gefragt / Würdevolles Altern im Gespräch

Das Thema des jüngsten Anstöße-Abends geht alle an: Wie kann man in Würde alt werden? Unter den rund 60 Besuchern waren die unter 60-Jährigen in der Minderheit.

Donaueschingen. Das Podium war unter der Leitung von Pfarrerin Dagmar Kreider ideal besetzt. Die Gerontologin Cornelia Kricheldorff, katholische Fachhochschule Freiburg, brachte in ihrem Statement das Problem schlüssig auf den Punkt: Zum würdevollen Altwerden gehören stimmige soziale Bezüge, ein gewohntes soziales Umfeld sowie Autonomie auch im Alter.

Ingeborg Kettern zeigte in ihrem Erfahrungsbericht über das Projekt Palette, wie mühevoll es bei den Gemeinschaftsprojekten ist, die Idee gemeinschaftlichen Wohnens in die Realität umzusetzen, was zum Glück bei der Palette möglich sein wird. Günther Joos sieht es als Arzt als seine selbstverständliche Pflicht, die Menschen in ihrem Willen, Ort und Gestaltung des Lebensabends selbst zu bestimmen, zu unterstützen. Er sieht sich als Ratgeber und Helfer des alternden Menschen, aber auch, gerade wegen der großen Möglichkeiten der Medizin, zwangsweise immer mehr als Mangelverwalter eines Teils des Gesundheitssystems.

Irmgard Engel, ehemalige Sozialarbeiterin bei der Caritas, nutzt die Möglichkeit, im Seniorenrat durch vielfältige Initiativen zu helfen, den Altersprozess reflektierend zu gestalten, um ein Pensionierungsloch zu verhindern. Pessimistisch äußerte sich der ehemalige Heimleiter Reinhard Isak, der fürchtet, dass "man die notwendige Pflege in den Heimen an die Wand fahren" werde. Ursachen sah er in der fehlenden Würdigung und Bezahlung des Pflegedienstes und der miserablen Personalsituation, die durch Bürokratisierung und Dokumentation verschlimmert wird.

Die Diskussion war intensiv, engagiert und tiefgehend. Die verschiedenen Möglichkeiten, sich aktiv und eigeninitiativ auf den dritte Lebensabschnitt angesichts schwindender körperlicher und geistiger Kräfte vorzubereiten, aber auch die extrem schwierigen Situationen in der Pflege wurden zum Teil sehr emotional diskutiert.       Letzten Endes landete man bei der Politik: Die Tendenz gehe nämlich zunehmend Richtung Konzentration auf die gewinnorientierten Pflegekonzerne, was unausweichlich zu Lasten der Qualität gehe, wo doch eine deutliche Dezentralisierung und kleinere Einheiten im Pflegebereich gefordert seien.

Die Anstöße sind eine ökumenische Veranstaltungsreihe im Rahmen der evangelischen Erwachsenenbildung Schwarzwald-Baar und des katholischen Bildungswerkes in Donaueschingen. Sie finden im Abstand von zwei Monaten meistens mittwochs im evangelischen Gemeindehaus am Irmapark an der Max-Egon-Straße 21 in Donaueschingen statt. Das Anliegen der Abende ist es, aktuelle Fragen ins Gespräch zu bringen und Denk-Anstöße zu geben. Zu einem gesellschaftlichen, politischem oder theologischen Thema werden zwei bis vier Gäste eingeladen, die das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Die Abende werden jeweils von einem Mitglied des Anstöße-Teams moderiert. Die jüngste Veranstaltung drehte sich ums Thema Altern.