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Auto Club erhebt Daten an Eichendorffschule. Verkehrsregeln werden ignoriert.

Donaueschingen - Die Lage ist an vielen Schulen ähnlich: Elterntaxis, die am liebsten bis zum Klassenzimmer vorfahren würden, mitunter den Busverkehr behindern oder für andere Kinder zur Gefahr werden.

Bei allem Verständnis für berufstätige Eltern unter Zeitdruck: Ehrenamtliche des ACE (Auto Club Europa) Kreises Schwarzwald-Baar/Rottweil wollen sich mit den gefährlichen Zuständen nicht abfinden und haben im Rahmen der Aktion "Goodbye Elterntaxi" vor der Eichendorffschule den Bringverkehr untersucht.

Das Ergebnis zeige einmal mehr, wie schlimm das Ausmaß sei, sagt ACE-Kreisvorsitzender Uwe Witfer. Weit über 50 Grundschüler seien mit dem Auto gebracht worden. Das heißt, allein zwischen 7.15 und 8 Uhr kreuzten 54 Fahrzeuge der Eltern sowie viele Fahrzeuge von Anwohnern und Bussen den Schulweg der Kinder. Für diejenigen, die zu Fuß unterwegs sind und für jene, die aussteigen und hinter den hohen Autotüren zum Beispiel bei riskanten Wende- und Rückfahrmanövern beim Ausparken nicht gesehen werden, bedeute das eine enorme Unfallgefahr. Das Thema sei seit langem bekannt, zitiert der ACE in einer Pressemitteilung Schulleiter Wolfram Möllen. Trotz Aufklärung der Eltern durch die Polizei bereits bei der Einschulung sei das nicht in den Griff zu bekommen.

Die meisten Autofahrer verhielten sich zudem alles andere als regelkonform. 91 Prozent der Elterntaxis hielten im absoluten Halteverbot, regelwidrig an der Bushaltestelle, auf Privatgrundstücken oder vor dem Fußgängerüberweg unmittelbar vor der Schule. Zudem sei ein Großteil trotz der Geschwindigkeitsbegrenzung auf zehn Stundenkilometer deutlich schneller unterwegs. "Schuld ist oftmals der morgendliche Stress der Eltern, übertriebene Fürsorge und manchmal auch Leichtsinn und Gedankenlosigkeit", sagte Witfer. Die Situation vor der Eichendorffschule sei kein Einzelfall. Aktuelle Zahlen zeigten, dass bundesweit jedes fünfte Kind zur Schule gefahren wird.

Eltern beraubten Kinder ihrer Selbstständigkeit. "Ein sicheres Verhalten im Straßenverkehr kann auf dem Autorücksitz nicht erlernt werden", so Witfer. Kinder sollten unterstützt werden, eigenständig zu Fuß oder mit dem Fahrrad den Weg zum Unterricht zurückzulegen. Entfernungen abschätzen, Geschwindigkeiten einschätzen und Reaktionen anderer Verkehrsteilnehmer vorhersehen – zunächst in Begleitung der Eltern – sollte morgens auf dem Weg zur Schule der erste Lehrstoff sein. Ein bis anderthalb Kilometer zu Fuß könnten Grundschulkinder problemlos bewältigen. Wer doch fahren muss, könne die Kinder etwa 300 Meter zur Schule zu Fuß gehen lassen.

Der Auto Club Europa (ACE) ist laut eigener Angabe mit mehr als 630 000 Mitgliedern Deutschlands zweitgrößter Autoclub.

 So handeln die Eltern: Vielen Eltern fehle oft die Selbsterkenntnis, berichtet Wolfram Möllen. "Man fährt sein eigenes Kind zur Schule und wundert sich dann , warum da so viele andere Autos sind", so der Schulleiter der Eichendorffschule. Dabei sei man selber Teil des Problems. "Manche Eltern halten den Schulweg ihrer Kinder auch für zu gefährlich", erzählt er. Die Elterntaxis seien vor allem ein Problem der Grundschüler. "Die Kinder haben teilweise einen komplett durchgeplanten Tagesablauf." Da sei es teilweise gar nicht mehr möglich, die Termine ohne Auto einzuhalten. Er könne gut verstehen, wenn die Kinder dann abgeholt würden.

 So positioniert sich die Schule: Seit Jahren versuche die Eichendorffschule gemeinsam mit der Polizei, die Eltern für das Problem zu sensibilisieren. Bislang jedoch mit wenig Erfolg. Dabei bekommen die Eltern, die Risiken, die der viele Verkehr vor der Schule für die Schüler birgt, deutlich aufgezeigt. "Die Kritik wird von den Eltern meistens nicht angenommen", kritisiert der Schulleiter. Dabei sind es von rund 250 Schülern etwas über 50, die täglich mit dem Auto zur Schule gefahren werden. "Die anderen 200 Schüler schaffen es ja auch ohne Auto in die Schule." Allerdings wisse er nicht, ob es immer dieselben Eltern seien, die ihre Kinder zur Schule chauffierten.

 So könnte ein Experte helfen: Das Ziel der Eichendorffschule ist es, den Verkehr vor der Schule zu entlasten. Ein Fahrverbot hält Möllen für ein ungeeignetes Mittel, um gegen die Elterntaxis vorzugehen. Eine konkrete Alternative habe er allerdings auch nicht parat. "Ich bin kein Verkehrsfachmann." Alle Schulen seien von den Elterntaxis betroffen. Wegen der Problems habe man sich überlegt, einen Verkehrsexperten zur Hilfe zu holen. Mit dessen Unterstützung könne man hoffentlich ein sinnvolles Verkehrskonzept für die Schulen in ganz Donaueschingen ausarbeiten. "Beim nächsten Schulleitertreffen steht das auf der Tagesordnung."