Sprachunterricht: 40 pensionierte Lehrer und Helfer geben Unterricht in einstigem Kindergarten.
Donaueschingen - Bildung ist der Schlüssel für eine bessere Zukunft. Überall. Insbesondere gilt dies natürlich auch für die vielen Flüchtlinge, die aus aller Welt derzeit in Deutschland stranden.
Schnell die deutsche Sprache lernen ist folgerichtig stets die erstgenannte Forderung, die jeder Politiker derzeit an die Flüchtlinge richtet.
In der Folge- und Anschlussunterbringung, den beiden Stufen, die der Erstaufnahme im Land folgen, funktioniert dies unter der Regie des Kreises auch recht gut. Kinder sind schulpflichtig und werden in gewöhnliche Klassen integriert. Und für Erwachsene laufen in enger Zusammenarbeit mit den Volkshochschulen Deutsch- und Integrationskurse. "Die Menschen brennen darauf, Deutsch zu lernen", sagt VHS-Leiter Jens Awe, der jedem Flüchtling pro Woche zwei Unterrichtseinheiten anbieten kann. Über 90 Prozent der Flüchtlinge in der Folgeunterbringung hätten sich aber für intensiveren Unterricht gemeldet. Diesen gibt es noch bis Jahresende vier bis fünf Mal pro Woche für Flüchtlinge mit hohen Bleibechancen aus Syrien, Iran, Irak und Eritrea. Das große Interesse an den Kursen begründet Awe mit dem überaus hohen Bildungsgrad der Flüchtlinge.
"Die meisten Syrer können die arabische und die lateinische Schrift"
"Vielleicht ein, zwei von hundert sind Analphabeten, die meisten Syrer können sowohl die arabische wie die lateinische Schrift und mindestens die Hälfte hat einen höheren Schul- oder Bildungsabschluss."
Für die Flüchtlinge in den Erstaufnahmestellen (BEA) sieht es dagegen düster aus. "Da gibt es offiziell keine Angebote", sagt Markus Adler, Sprecher im Regierungspräsidium Freiburg. Er begründet dies mit der vorgesehen kurzen Verweildauer in der Erstaufnahme. "Wir tun aber schon was", meint Adler und spricht hier die Unterstützung für das große ehrenamtliche Engagement in der Stadt an.
Die vielen Ehrenamtlichen sind hier nicht nur beim Spenden sammeln und verteilen agil, sondern haben hier in einem Kellerloch gleichen Raum im Untergeschoss eines Kasernengebäudes von Anfang an versucht, Deutsch zu unterrichten. Jetzt ist ein großer Schritt gelungen: Parallel zum Unterricht für Erwachsene in der Kaserne gibt es seit wenigen Tagen eine Schule für Flüchtlingskinder, in den Räumen des ehemaligen deutsch-französischen Kindergartens.
Die ordnungsliebenden Deutschen haben bei ihrer Flüchtlingsarbeit inzwischen einiges gelernt: Improvisation. Entsprechend einfach geht es hier zu. "Wir haben ja erst vergangene Woche angefangen, aber der Zulauf ist enorm", sagt die frühere Pfohrener Rektorin Claudia Weishaar, die die Registrierung und den Einsatz der Lehrer koordiniert. Hundert Kinder sind bereits registriert.
Claudia Weishaar: "Es wird auch gebastelt, gemalt oder gespielt."
Obwohl bereits 40, meist pensionierte Lehrer mitmachen, werden ständig neue Helfer gesucht, da alle nur stundenweise da sind.
Das neue Angebot kommt zwar einer Sisyphusarbeit gleich, da die Familien in der BEA ständig wechseln. "Dennoch müssen wir den Erwachsenen und Kindern mit dem Unterricht Beschäftigung über den langen Tag bieten" sagt Weishaar und erzählt von einem Mädchen, das jeden Tag kommt und jedes gelernte Wort akribisch notiert. Solche Beobachtungen allein seine Bestätigung ihrer Arbeit. Die neue Schule bietet aber nicht nur Deutschunterricht. "Es wird auch gebastelt, gemalt oder gespielt", sagt Weishaar.
Ulla Fleischmann-Frese ist schon seit Jahren nicht mehr im Schuldienst. Die ehemalige Realschullehrerin ist eine von 40 Lehrern, die für die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe arbeiten. Per Bilderbuch vermittelt sie Kindern den Einstieg in die deutsche Sprache.
Gesucht werden ehrenamtliche Helfer, welche mit den Lehrern im Team zusammenarbeiten oder zusätzlichen Unterricht anbieten wollen. Es warten auf sie, so Renate Heinrich vom Arbeitskreis Asyl, viele hochmotivierte Kinder und Erwachsene. Wer Interesse an der Arbeit hat, kann sich mit der Schule in der Erstaufnahmeeinrichtung in Verbindung unter Telefon 0174/3 02 77 41.
