Mike und Susann Marder mit ihren Kindern Fanny (von links), Nele-Emy, Celine, den Zwillingen Cheyenne und Justin sind vor einem halben Jahr nach Hüfingen gezogen und meistern nun ihren ungewöhnlichen Alltag.Foto: Jakober Foto: Schwarzwälder Bote

Menschen: Die Mut-Macher-Geschichte aus dem Alltag einer einer siebenköpfigen Familie

Von einer bewundernswerten Mut-Macher-Geschichte ihrer siebenköpfigen Familie berichtet Susann Marder, die zugleich Initiatorin des Netzwerkes "Hüfingen hilft" ist und derzeit an vielen Fronten gegen die Schicksalsschläge ankämpfen muss.

Donaueschingen/Hüfingen (jak). Susann Marder kann jeden verstehen, der aktuell sagt: Ich kann nicht mehr. Auch in ihrer Familie lagen die Nerven schon blank. "Auch wir haben schon geweint. Doch es bringt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken", sagt Marder.

Planungen müssen neu überdacht werden

Zu Ostern sollte der Bruder aus Dresden anreisen: abgesagt. Die Tochter Celine wollte eigentlich groß ihren 14 Geburtstag feiern: abgesagt. Die Familie wollte ihr neues Zuhause weiter renovieren: das ist zwar nicht abgesagt, aber die Arbeiten ruhen zumindest gerade. "Ich muss nicht den Putz anrühren, wenn fünf Kinder um mich herum sind", erklärt Susann Marder.

Seit gut einem halben Jahr wohnt die siebenköpfige Familie nun in Hüfingen. "Ich liebe diese Stadt wirklich", sagt die Mutter. Durch "Hüfingen spielt" waren sie das erste Mal hier. Dann die Lucian-Reich-Schule mit ihrem Konzept, wo die Kinder unterrichtet werden sollten. Die Familie hat ihr Traumhaus gefunden und ist nach Hüfingen gezogen.

"Die geplante Sanierung hat sich eigentlich eher als Kernsanierung herausgestellt", sagt Marder. Anfangs hieß es: Leben auf der Baustelle. Doch was vor ein paar Monaten noch Nerven gekostet hat, ist heute in den Hintergrund getreten.

"Ich hatte echt Angst vor dem ersten Tag, an dem die Schule zu war", blickt Marder zurück. Fünf Kinder zuhause, vier verschiedene Schulniveaus und die Überzeugung, dass sie keine gute Lehrerin sein werde. "Bei mir muss immer alles zack-zack gehen." Hinzu kommt auch noch Perfektionismus und die Tatsache, dass die eigene Schulzeit nun doch schon etwas zurückliegt und gleichzeitig auch vier verschiedene Unterrichtsstoffe auf dem Esszimmertisch der Familie liegen würden. Das kann ja nur schief gehen. Doch es kam anders: "Ich war meinen Kindern noch nie so nahe wie jetzt", gesteht die Mutter. Klar habe sie auch zuvor beispielsweise gewusst, welchen Buchstaben die siebenjährige Fanny gerade lernt. Doch so ein bisschen hätte man schon aneinander vorbeigelebt. Nun sitzen abends immer alle gemeinsam auf dem Sofa.

Die Ungeduld wandelt sich zur Gelassenheit

Einer der schönsten Momente war dann für die Mutter, als Cheyenne selbst einen Rechtschreibfehler gefunden hat. "Normal hätte ich schon gefragt, warum sie das Wort jetzt falsch geschrieben hat", erklärt sie. Doch Perfektionismus und Ungeduld hat sie schnell über Bord geworfen, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Wenn der Abwasch mal bis abends stehen bleibt oder die Wäsche nicht gebügelt ist, ist das kein Weltuntergang mehr. "Man lernt, da drüber zu stehen."

In diesem Fall hat sie einfach in Ruhe mit ihrer Tochter gesprochen. Denn ihr ist es wichtig, dass die Kinder nicht nur ihre Aufgaben machen, sondern es auch verstanden haben. Da muss sie schon auch mal zwischen einfachen Additionsaufgaben hin zu komplizierten Gleichungen wechseln. Und ihrem Sohn Justin, der im Schulalltag aufgrund des Asberg-Syndroms einen Schulbegleiter hat, kann sie im naturwissenschaftlichen Bereich so schnell nichts vormachen.

Wichtig war ihr vom ersten Tag an, den Alltag so gut wie möglich einzuhalten. Die Kinder müssen sich nach dem Aufstehen richten, in Jogginghose werden die Schulaufgaben nicht gemacht. "Das mache ich im Home-Office auch nicht." Denn Susann Marder war eigentlich gerade dabei, ihre Selbstständigkeit auszubauen. Doch dazu kommt sie nicht. Priorität haben jetzt die Kinder und die Hüfinger.

Nachts fällt das Schlafen oftmals schwer

Denn obwohl sie erst seit Kurzem hier wohnt, ist sie die Initiatorin von "Hüfingen hilft". Nachts konnte sie nicht schlafen und postet auf Facebook, dass sie gerne für andere einkaufen gehen würde. "Es bedarf so wenig, um den Menschen viel zurückzugeben", erklärt sie. Manchmal braucht es auch nur ein Telefonat. Mit einer älteren Dame telefoniert die Familie nun regelmäßig und die freut sich riesig, dass sie so viele Kinderstimmen hört.

Ostern wird so gut es geht gefeiert

Ostern möchte die Familie so normal wie möglich feiern. "Das Wichtigste ist, dass wir uns als Familie in diesem Drama nicht verlieren." Eine gehörig Portion Ironie und Sarkasmus würden helfen. Und einfach einmal ein paar verrückte Sachen machen, wie mit Gummibärchen eine Disco nachbauen und feiern. "Man muss sich immer sagen, dass wir das durchhalten werden – egal wie", sagt Susann Marder. Doch ihr Respekt gehört den Kindern: "Ich ziehe echt den Hut davor, wie sie das alles angehen."