Hermann Sumser macht sich auf und findet Erstaunliches / Heidnischer und antiker Quellenkult führen zum Schloss

Donaueschingen (wbu). Sie ist unstrittig und doch immer wieder Anlass zur Diskussion. Die Frage nach dem Standort der wirklichen Donauquelle erhitzte schon viele Gemüter und erfand die erstaunlichsten Begründungen.

Dies weckte in Hermann Sumser, auf der Baar seit Jahrzehnten für seine detektivischen Talente in der Erforschung historischer Wahrheiten bekannt, noch einmal den Drang der geschichtlichen Sinnhaftigkeit auf den Grund zu gehen. Und bei seinen jahrelangen Studien, Recherchen und Kombinationen verschiedener wissenschaftlicher Erkenntnisse entdeckte Sumser allerhand Neues.

Beinahe schon revolutionär für die Geschichte der Donaustadt und ihre sagenumwobene Quelle fand er neue Belege für den im fürstlichen Schlossgarten gefassten Donauursprung. "Die Schlossquelle", so der Geschichtsforscher Hermann Sumser im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten, "ist nicht die einzige Quelle der Donau, aber kulturgeschichtlich betrachtet, ihr Ursprung". Über 100 Quellen speisten noch vor wenigen Jahrhunderten im Donaueschinger Ried und weiter in Richtung Pfohren verlaufend, das Bett der sich in Donaueschingen gründenden Donau. Nach über 200 Jahren Trockenlegung und künstliche Kanalisation lässt sich diese pulsierende Wasserlandschaft zwischen Donaueschingen und seinem Stadtteil Pfohren nicht mehr in Ansätzen erahnen.

Hinzu kamen die Brigach und die Breg, wobei das Flüsschen Breg die entfernteste Quelle zur Donau bleibt. Aber die Entfernung zum Ursprung der Breg, in der Bergstadt Furtwangen, spielt in der Erkundung des Donauquells keine Rolle. "Entscheidend", so Donauforscher Hermann Sumser, "bleibt die seit Jahrtausenden nachzuweisende historische Quellenbestimmung der frühen Siedler, Kelten, Römer und auch der Christen."

Bereits im 5. Jahrhundert vor Christus bestimmte der antike griechische Geschichtsschreiber Herodot die Quelle der mächtigen Donau im Land der Kelten. Die Kelten bevölkerten zur damaligen Zeit die Baar. Genauer lokalisierte 5 vor Christus der Geograph Strabon die definitive Donauquelle, der Kaiser Tiberius auf seiner Erkundungsreise nach dem Quellgott der Donau vom Bodensee aus in den Schwarzwald begleitete. Er schreibt: "Der römische Feldherr und spätere Kaiser Tiberius ritt vom Bodensee gen Norden und fand dort nach einer Tagesreise die Quelle der Donau." An einem Ausläufer des Schwarzwaldgebirges. Also keinesfalls im Schwarzwald selbst. Eine Aussage, der Hermann Sumser mit dem Wissen eines Architekten und mit der Geologie der Baaremer Landschaft vertrauten Forschers nachging.

Hinter der mit Marmorplatten verkleideten Stützmauer bei Donaueschingens Pfarrkirche St. Johann, die so stolz über der Donauquelle thront, entdeckte er ein Muschelkalkplateau. Dieselben Felsstrukturen fand er auch beim heutigen Max-Rieple-Platz. "Dies sind die Ausläufer des Schwarzwaldes", so Hermann Sumser, "und die mystische Situation zwischen Donauquelle am Schloss und dem erhabenen Felsplateau der Kirche sprechen eindeutig dafür", so Sumser im Gespräch mit unserer Zeitung, "dass hier bereits vor der Christianisierung heidnischer Quellenkult gepflegt wurde."

Das erhabene, einzigartige lokale Zusammentreffen von Quelle und darüber hinausragendem Kultplateau spreche einzig für die Quelle beim Schloss als Ursprung der Donau. "Und diese Zusammenhänge und die damit einhergehende geschichtliche Deutung und Definition der Donauquelle", so Sumser, "veranlasste den Sohn des ersten Donaueschinger Grafen zu Fürstenberg, Graf Ferdinand zum Bau des Schlosses an der Donauquelle." Ein bauliches Abenteuer auf wackligem und morasten Grund, für das er im 16. Jahrhundert von seinen adligen Kollegen von Zimmern öffentlich verhöhnt wurde. Doch Graf Ferdinand war Zeuge als Kaiser Maximillian im Jahre 1499 in einem großen Fest gemeinsam mit seinem Vater Graf Wolfgang von Fürstenberg in Donaueschingens Quelle badete und den unter dem missionarischen Einfluss der vergangenen Jahrhunderte verbotenen Quellenkult wieder aus dem Schatten des Verbotenen holte.

Und Ferdinand wollte deshalb sein Schloss beim Quellengott erbauen. Heute steht es als Wahrzeichen bei der Quelle, obwohl es im Bau aus statischen Gründen mehrfach zu zerbersten drohte. Doch Graf Ferdinand ließ sich von diesem Gedanken nicht mehr abbringen und schenkte der heutigen Stadt ein einzigartiges Wahrzeichen.

Für die lokalen Geschichtskenner verspricht Hermann Sumsers Buch aber noch viele andere, neue Erkenntnisse. Selbst der jüngst verstorbene, sehr renommierte Fürstliche Archivar im Ruhestand, Georg Goerlipp, attestierte dem Buchautor aus Hüfingens Stadtteil Hausen vor Wald, zur weiteren geschichtlichen Erkundung der Donaustadt gewaltiges beigetragen zu haben. Hermann Sumser definiert in seinem Buch nämlich auch die bisher unbekannten Standorte der ersten Ortsburg als auch der frühesten kirchlichen Präsenz.