Oder doch anders herum? Stadtbaumeister und Kulturamtchef zeigen großer Gruppe Donaueschingens Juwel
Von Alexandra Alt Donaueschingen. Recht schwer kommt der ältere Herr mit seinem Rollator über die zugegeben niedere Türschwelle in den Bartók-Saal der Donaueschinger Donauhallen. Seine Begleiterin eilt ihm zur Hilfe, und so kann der vom Stadtseniorenrat organisierte Rundgang durch Donaueschingens 15-Millionen-Euro teure Hallenperle beginnen.
Als Stadbaumeister Heinz Bunse und Kulturamtsleiter Georg Riedmann an die Donauhallen kommen, warten zu ihrer Überraschung bereits rund 80 Donaueschinger Senioren in der frühlingswarmen Nachmittagssonne auf die beiden Hallenführer. "Die wollen alle sehen, wo das Geld vergraben wurde", sagt Irmgard Engel, Vorsitzende des Stadtseniorenrats, mit einem Augenzwinkern.
Irmgard Engel hat den Rundgang organisiert, er soll zeigen, ob die Hallen gut zugänglich und nutzbar sind für Angehörige der älteren Generation – die Donauhallen im Senioren-Stresstest.
Unter die Gruppe hat sich auch der Behindertenbeauftragte der Stadt Manfred Kemter gemischt, er ist selbst auf den Rollstuhl angewiesen und daher ein Experte in Sachen Barrierefreiheit. "Mal schau’n, ich kenn’ die Hallen ja schon", sagt Kemter. Auch er will Augen und Ohren offenhalten, wie das Ensemble bei den Senioren ankommen. "Ich hab im Vorfeld schon das eine oder andere gehört", sagt Kemter geheimnisvoll. Zu schlecht ausgeschildert seien die Wege zu WC und Behindertentoilette und zu den Sälen in dem weitläufigen Gebäudekomplex. Auch dass es im Foyer keine Möglichkeit gibt, sich in den Veranstaltungspausen hinzusetzen, um sein Gläschen Sekt zu schlürfen, sei häufig kritisiert worden, sagt Kemter. Nun ja, der Rundgangs wird’s zeigen. Los geht’s.
Vor den Donauhallen weist der Stadtbaumeister auf die drei Behindertenparkplätze hin – je einer auf dem Hauptparkplatz, auf dem Parkplatz linker Hand und an der Friedrichstraße. "Sind drei Behindertenparkplätze nicht zu wenig?", will ein älterer Herr wissen. Er erfährt von Bunse, dass im Moment kein Bedarf bestünde, mehr Parkmöglichkeiten für Behinderte auszuweisen. "Das kann aber jederzeit nachgeholt werden." Wie man das aus dem Flugzeug kennt, zeigt der Stadtbaumeister die beiden barrierefreien Eingangsmöglichkeiten rechts und links der Halle. Der direkte Weg zum Haupteingang über die Stufen – mit dem Rollator oder Rolli ein Ding der Unmöglichkeit. "Wir können nicht alles stufenfrei gestalten", sagt Bunse. Die Senioren haben Verständnis, na ja.
Auf geht’s über die Loggia in den Bartók-Saal und die Treppe hinauf auf die Empore. Kemter nimmt natürlich den Aufzug. "Den Handlauf haben sie unserer Stadträtin Frau Storck zu verdanken", sagt Bunse. Riedmann zählt die baulichen und technischen Vorzüge des Saals auf und bittet durch die Feuertür hinüber in den angrenzenden Gebäudeteil, der Seminarbereich, Mozart- und Strawinsky-Saal beherbergt. Kemter nimmt natürlich wieder den Aufzug.
Die kleine Sitzpause im Strawinsky-, oder, wie Riedmann ihn nennt, Kammermusik-Saal, kommt den Senioren gerade recht. Interessiert lauschen sie den erklärenden Worten des Kulturamtsleiters, der von Traversen, Vorhangtaschen hinter der Holzverkleidung (die regeln die Akustik im Saal) und beweglichen Fußboden-, Beleuchtungs- und Beschallungsinstrumenten spricht. Spätestens hier haben Bunse und Riedmann ihre Gäste in der Tasche. "Toll", "beeindruckend", "schick" ist von den staunenden Senioren zu hören. Klar, mit dem schicken Touch-Screen-Display, von dem aus sich die ganze Hallentechnik steuern lässt, können die Rollstuhlplätze in der ersten Reihe natürlich nicht mithalten.
Einen Blick hinter die Kulissen erhascht die rüstige Seniorentruppe auf dem Weg in den Seminarbereich. "Wo sind wir jetzt eigentlich?", fragt eine Dame leicht irritiert bei Stadtbaumeister Bunse nach. Na ja, der Gang vom Strawinsky-Saal bis zu den Räumen im Seminarbereich, in denen unter anderem der Gemeinderat tagt, gleicht schon einer kleinen Odyssee – wenn man sich nicht auskennt.
Behindertenbeauftragter Kemter hat sich unterdessen abgeseilt und dreht im Mozart-Saal einsame Runden auf dem blitz-blanken Parkett. Eine Seniorin hat ihn aber entdeckt und tippt mit dem Finger an die Glasscheibe. "Ah, schau, da ist ja der Wolfgang." In den Genuss, den Mozart-Saal mit seiner großen Bühne zu besichtigen, kommen die Besucher allerdings nicht mehr. "65 Minuten sind vergangen wie im Flug", sagt Bunse und geleitet einen Großteil der Gruppe über die Treppe ins Foyer zurück. Kulturamtchef Riedmann fährt den Rest mit dem Lastenaufzug ins Foyer. Und wie man so geht oder fährt, wird dem einen oder anderen bewusst, welch große Strecke man in der guten Stunde zurückgelegt hat. Ganz schön anstrengend. "Der dritte Aufzug, der den Seminarbereich und die Tribüne im Mozart-Saal erschließt, ist eventuell in den Sommerferien fertig", betont Bunse. Das freut auch Wolfgang Kemter, der inzwischen wieder zur Gruppe gestoßen ist. Was der Experte wohl von der Seniorentauglichkeit der Hallen hält? Kemter grinst: "Die haben das ganz gut umgesetzt", lobt er. Und: "Nachbessern kann man ja immer."