Donaueschingen ist einer der wenigen Bundeswehrstandorte im Land, die von der Reform sogar profitieren: Die Zahl der Dienstposten wird nach Informationen aus dem Bundesverteidigungsministerium von 750 auf 870 erhöht. Foto: SB

Kreiswehrersatzamt künftig "Karriereberatungsbüro". Immendingen: Soldaten gehen, Daimler kommt.

Donaueschingen - Mittwochvormittag, halb zehn Uhr in Donaueschingen. Nach langen Spekulationen gibt es die ersten gesicherten Informationen über die Zukunft der Bundeswehr-Standorte. Über Wochen hatten auch die Städte Donaueschingen und Immendingen gebibbert – jede auf ihre Weise: Donaueschingen bangte um den Erhalt, Immendingen hoffte auf den Wegzug der Bundeswehr. Seit Mittwoch steht fest: Beide Wünsche sind erfüllt.

"Ich bin sehr, sehr glücklich, fast schon euphorisch" sagt Thorsten Frei am Vormittag im Gespräch mit unserer Zeitung. Dass der Bundeswehrstandort und damit der Fortbestand der Deutsch-Französischen Brigade in Donaueschingen unangetastet bleibe, sei für die Stadt eine sehr gute Nachricht, so Frei weiter. Intensiv hatte sich der Donaueschinger Oberbürgermeister gemeinsam mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Siegfried Kauder um den Verbleib der Bundeswehr stark gemacht.

"Wir haben es geschafft"

Donaueschingen ist einer der wenigen Bundeswehrstandorte im Land, die von der Reform sogar profitieren: Die Zahl der Dienstposten wird nach Informationen aus dem Bundesverteidigungsministerium von 750 auf 870 erhöht. Zahlreiche andere Standorte werden dagegen reduziert, vier gar ganz geschlossen. In allen betroffenen Städten und Gemeinden ist die Enttäuschung darüber groß – mit einer Ausnahme: Immendingen. Dort zeigte sich Bürgermeister Markus Hugger über die Entscheidung, den Standort zu schließen, sehr erfreut: "Wir haben es geschafft", sagte Hugger gestern.

Geschafft: Anders als alle anderen Bundeswehr-Gemeinden hatte Immendingen den Abzug der Soldaten ausdrücklich gefordert. Seit 1958 war die Bundeswehr hier stationiert, immer wieder, vor jeder Reform, zitterte die Stadt um den Verbleib. Damit soll nun ein für allemal Schluss sein: Anstelle der Bundeswehr soll sich das Unternehmen Daimler mit einem großen Prüf- und Testzentrum für seine Automobile auf dem ehemaligen Bundeswehr-Areal ansiedeln. Für die Testfahrten will Daimler insbesondere das 42 Hektar große Gelände nutzen, auf dem sich bisher Soldaten auch aus Donaueschingen auf Einsätze vorbereiteten. "Mit der Ansiedlung von Daimler hat unsere Gemeinde die einmalige Chance, sich vom Garnisonsstandort zum Wirtschaftsstandort zu entwickeln", sagte Bürgermeister Hugger gestern.

Wenige Stunden, nachdem das Verteidigungsministerium am Mittwoch bekanntgegeben hatte, den Standort im Kreis Tuttlingen zu schließen, reagierte der Stuttgarter Autobauer. Bisher waren für das Prüfzentrum auch Sulz (Kreis Rottweil) und Nellingen (Alb-Donau-Kreis) im Gespräch, nun aber wolle sich das Unternehmen mit seinen Planungen voll und ganz auf Immendingen konzentrieren. Der Konzern will nun weitere Gespräche mit der Gemeinde führen. Das Gelände müsse aber noch zu "wirtschaftlich angemessenen Konditionen" erworben werden, zudem seien Genehmigungen für das geplante Prüf- und Technologiezentrum einzuholen.

Schießstand nahe Grüningen wieder in Betrieb nehmen

Anstelle des Übungsplatzes in Immendingen werden die Soldaten aus Donaueschingen nun stärker auf den mit 2000 Hektar noch viel größeren Truppenübungsplatz in Stetten am kalten Markt ausweichen. An den Standort im Kreis Sigmaringen werden auch die rund 970 bisher in Immendingen stationierten Soldaten verlagert. Doch auch in Donaueschingen sind – eingeschränkt – militärische Übungen möglich: Nach den derzeitigen Plänen will das französische Militär den Schießstand nahe Grüningen wieder in Betrieb nehmen, die Kosten belaufen sich auf rund zwei Millionen Euro. Denkbar ist nun, dass die Bundeswehr, die ihre Soldaten bisher immer zu Schießübungen nach Immendingen schickte, sich an diesen Kosten beteiligt.

Neben der gestern heiß diskutierten Frage, wo wieviele Soldaten stationiert bleiben, ist indes auch darüber entschieden worden, wie die künftige Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr vonstatten gehen soll. Die Antwort: Bundesweit werden alle 52 Kreiswehrersatzämter, auch das in Donaueschingen aufgelöst. An ihre Stelle treten bundesweit 16 sogenannte Karrierecenter sowie 110 Karriereberatungsbüros – ein solches wird auch in Donaueschingen eingerichtet. Diese Büros sollen sich künftig – nach dem Wegfall der Wehrpflicht – um die Anwerbung neuer Soldaten kümmern,sagte gestern Richard Koch, der Leiter des Kreiswehrersatzamtes Donaueschingen.

Diese tiefgreifende Umstrukturierung der Kreiswehrersatzämter zeichnete sich seit Monaten ab. Rund 50 Angestellte versahen bisher in Donaueschingen ihren Dienst – wie viele es in Zukunft sein werden, ist noch ungeklärt. Die Detail-Pläne werden nun erarbeitet, sagt Koch. Während die Soldaten in Donaueschingen also seit dem gestrigen Tag Planungssicherheit haben, geht die Zeit des Bangens für die Beschäftigten des Noch-Kreiswehrersatzamtes erst einmal weiter.