Tobias Hauschel leitet den Rettungsdienst beim Kreisverband Donaueschingen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) . Die vorgegebenen Hilfsfristen können bei Notfalleinsätzen eingehalten werden. Auch dank technischer Optimierung. Foto: Wursthorn

Rettungsdienst häufiger angefordert als früher. Digitale Hilfe verkürzt Fristen. Computer ermittelt freies Fahrzeug.

Donaueschingen/Bräunlingen/Hüfingen - Plötzlich so ein Druck auf dem Herzen, Symptome eines Schlaganfalls oder ein Unfall im häuslichen Bereich: Dann wird über die 112 der Notruf alarmiert. Und immer in der Hoffnung, dass der Rettungswagen schnell angefahren kommt. Zu jeder Stunde und in jeder Jahreszeit.

"Wir haben einen deutlichen Anstieg bei der Notfallrettung", sagt Tobias Hauschel. Der Leiter des Rettungsdienstes beim Rotkreuz-Kreisverbands sieht auch die Gründe. Es sind einerseits die Hausärzte, die für nächtliche Patientenbesuche nicht mehr zur Verfügung stehen. "Natürlich gibt es einen Arzt, der im südlichen Landkreis unterwegs ist", sagt der 40-Jährige. Aber da wolle der Patient eben nicht so lange warten. In der Sorge um die eigene Gesundheit sei das absolut legitim.

Bemüht wird der Rettungsdienst mitunter auch in Problemlagen, in denen früher niemand einen Sanitäter gerufen hätte. "Das können Schmerzen sein, die seit Tagen vorliegen, oder einfach Bluthochdruck", ergänzt Tobias Rosenstiel, stellvertretender Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands.

Zehn bis 15 Minuten Hilfsfrist

Dennoch gefährdet der Anstieg an Einsätzen nicht die deutlich relevantere Statistik des Rettungsdienstes. Zehn bis 15 Minuten beträgt laut Rettungsdienstgesetz die Hilfsfrist in Baden-Württemberg: Das ist der Zeitraum zwischen dem Notruf und dem Eintreffen der Rettungskräfte. "Im Städtedreieck wird diese Frist eingehalten", sagt der aus Döggingen stammende Rosenstiel. An die Grenze gingen – schon durch die Entfernung bedingt – Einsätze in Randgebieten. Um kein Dorf an den "Pranger" zu stellen, nennt Rosenstiel keine Namen. Es habe aber immer funktioniert, auch dank der Ersthelfer aus den Orten.

"Die Zeiten sind besser geworden", konstatiert Hauschel und führt digitale Kontroll- und Leitsysteme an. Beispiel Anfahrt: Alle Fahrzeuge sind mit der App Recuetrack ausgestattet. Die Leitstelle spielt die GPS-Daten des Einsatzes auf das nächstgelegene Fahrzeug, das einsatzbereit ist. Das kann zur Auflösung eingespielter Abläufe führen. "Hausen vor Wald wurde früher immer von Blumberg aus angefahren", kennt Hauschel die Situation in seinem Heimatort. Jetzt kann es passieren, dass ein gerade näher gelegenes Fahrzeug des Standorts Donaueschingen losfährt. Und wenn die Technik einen Aussetzer hat? "Da haben wir immer noch den guten alten Kartenordner an Bord", sagt Rosenstiel.

Gläsern sind die Einsatzprotokolle, Klärungsbedarf bedingen statistische Ausreißer. "Die Einsatzprotokolle gehen direkt ins Tablet und werden gleichzeitig ans Klinikum und an die SQR übermittelt", sagt Hauschel. Diese trägerübergreifende Stelle in Stuttgart sichert die Qualität der Rettungsdienste. Und mischt sich ein: 95 Prozent ist die Mindestquote, was die Einhaltung der Hilfsfrist anlangt. Im vergangenen Jahr hat der Schwarzwald-Baar-Kreis 97 Prozent geschafft, aber knapp sei es quasi immer, so der Rettungdienstleiter. Gibt es negative Auffälligkeiten, geht es zum Rapport: Bereichsausschuss, Rettungsdienstleitung und Ärztliche Klinikleitung müssen den Verzug begründen. Stellen sich strukturell bedingte Fehlzeiten heraus, folgen Konsequenzen: Rosenstiel nennt das Notarztfahrzeug in Furtwangen, den zusätzlichen Rettungswagen in Bad Dürrheim oder den zweiten Notarzt in Villingen.

Zahl der Notfallrettungen hat zugenommen

Die Analyse digitaler Statistiken reicht in den Sekundenbereich. Nicht beim Einsatz vor Ort, sondern beim Start. Disposition, Ausrücken und Anfahrt summieren sich zur messbaren Einsatzzeit. Und wenn jemand ein paar Augenblicke mehr als die vorgegeben 90 Sekunden braucht, muss er das danach erklären. Doch die Zahlen sind eines, die menschliche Funktionsfähigkeit ist das andere. "Seit Jahren können wir jede Schicht zu jeder Zeit besetzten", lobt Tobias Hauschel die Teamleistung, obwohl es immer schwierig sei, Personal zu finden.

Einsätze: Die Zahl der Notfallrettungen hat zugenommen. Beim Kreisverband Donaueschingen stiegen sie von 3156 (2017) auf 3350 im vergangenen Jahr. Der große Anstieg, fast ein Drittel, sei in den Jahren 2015/16 zu verzeichnen gewesen, so Rettungsdienstleiter Tobias Hauschel. 2017 fuhren Notärzte 1700 Einsätze, 2019 waren es 2020 Einsätze.

Rettungswachen: Der Kreisverband Donaueschingen unterhält drei Rettungswachen in Donaueschingen, Blumberg und Furtwangen. Jede Wache ist rund um die Uhr mit vier Personen besetzt: drei Sanitäter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und ein Notarzt, der vom Schwarzwald-Baar-Klinikum gestellt wird. Als Fahrzeuge stehen jeweils ein Rettungswagen und ein Notarztfahrzeug zur Verfügung.

Personalstärke: Die Rettungswachen arbeiten in Zwölf-Stunden-Schichten. 18 Personen stellt das DRK pro Doppelschicht. Das Personal hat eine Ausbildung zum Rettungs- oder zum höher angesiedelten Notfallsanitäter. Das Team besteht aus 112 Männern und Frauen. Diese werden nach einem rollierenden Dienstplan eingeteilt.