Viele Söhne der Stadt finden den Tod / Die letzten Stunden im Leben von Prinz Fritzi / Teill III
Donaueschingen - Viele der europäischen Herrscherhäuser, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Kontinent regierten, waren miteinander verwandt und befreundet. Und doch: Das gegenseitige Misstrauen saß tief, man belauerte sich gegenseitig.
Jeder strebte nach Kolonien in Afrika und Übersee, nach "seinem Platz an der Sonne". Die großen europäischen Staaten waren allesamt aggressiv, beutegierig und kolonialistisch: Der Erste Weltkrieg lag förmlich in der Luft. Wie tief Misstrauen und Neid vor und um die Jahrhundertwende saßen, zeigt das Beispiel von Königin Victoria von England. Ihre Tochter Victoria (Mutter von Wilhelm II.) war mit dem deutschen Thronfolger Friedrich verheiratet. Als dessen Vater zum Kaiser gekrönt wurde und klar war, dass ihre Tochter irgendwann einen höheren Rang einnehmen würde als sie, konnte und wollte sie das nicht auf sich beruhen lassen. Ihr erklärtes Ziel: sich als Kaiserin von Indien ausrufen zu lassen, was sie im Mai 1876 schaffte.
Die frühere Interpretation der alleinigen deutschen Kriegsschuld wurde in den vergangenen Jahrzehnten relativiert. Auch der Historiker und Fernsehjournalist Guido Knopp äußerte sich in diesem Sinne in einem Fernsehinterview der Talkshow "3 nach 9".
Die Situation zwischen 1900 und 1914: Europa war bis an die Zähne bewaffnet, belauerten sich gegenseitig und fürchteten nichts so sehr, wie gegenüber den Nachbarn militärisch ins Hintertreffen zu geraten.
Kaiser Wilhelm verfasst persönlichen Brief
In dieser Situation genügte eine lokaler Konflikt, um den Stein der Gewalt ins Rollen zu bringen. Am 28. Juni 1914 wurde das österreichische Thronfolgerpaar in Sarajevo ermordet, Wien stellte ein Ultimatum an Serbien, das nicht eingehalten wurde: Am 28. Juli erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg, mit deutscher Rückendeckung. Es wurde der Startschuss für einen Krieg gegeben, den Millionen Menschen nicht überleben würden. Zu ihnen gehörten viele Donaueschinger, auch Friedrich Eduard Prinz zu Fürstenberg, der am Silvestertag 1916 durch eine russische Granate in der Nähe von Hartz, Rumänien, schwer verwundet wurde.
Im Gegensatz zu den bürgerlichen Opfern kondulierten hier der Habsburger Kaiser, König Ludwig von Bayern, das Königspaar von Württemberg und das Großherzogliche Paar von Baden. Kaiser Wilhelm II. sandte den trauernden Eltern ein Telegramm aus dem kaiserlichen Hauptquartier im oberschlesischen Schloss Pless und ließ ihnen zur Beerdigung am 9. Januar durch seinen Generaladjutanten einen handgeschriebenen, sehr persönlich gehaltenen Beileidsbrief überbringen: "Mein lieber Max, tief erschüttert trauere ich mit Dir und der lieben Irma um Deinen lieben tapferen Fritzi. Ich habe oft für Dich und Deinen Jungen in diesem Krieg gebetet, dass ihr erhalten bleibt; nun hat der Herr es anders beschlossen...Schwer ist der Verlust des braven treuen Jungen, den ich noch vor mir sehe, wie er als kleiner Bub beim Unterschreiben mit `Regieren´ half. Nun ist er den Heldentod für sein Vaterland gestorben...Dir und Irma wolle Gott Kraft geben, das schwere Los zu tragen...Gott sei mit Euch und schütze Euch alle, Euer mittrauernder treuer Freund Wilhelm. I.R." Beerdigt wurde der 18-jährige Prinz am 9. Januar auf Schloss Heiligenberg. Der prunkvolle Marmorsarg bestimmt noch heute das Bild der Gruft.
Fürstenberg Archivar Andreas Wilts stellte dem Schwarzwälder Bote zudem das Buch "Prinz Friedrich Eduard zu Fürstenberg" zur Verfügung. Es ist ein Gedenkwort aus dem Jahr 1917, verfasst vom damaligen Archivar Georg Tumbült. Darin ist der Militärbericht zu seinem Tod abgedruckt, der von Hauptmann Splett verfasst wurde. Die Beschreibung könnte zu vielen anderen Millionen getöteter Soldaten im Ersten Weltkrieg gehören. Auch der letzte Tagebucheintrag des Prinzen vom 29. Dezember gehört dazu: "Der Angriff schreitet fort... Rechts der Straße geht die österreichische 71. Infanterie-Truppendivision auch gut vorwärts und besetzt mehrere beherrschende Höhen... Die Lage ist noch ungeklärt. Ich bin vorangegangen, um eine andere Feuerstellung suchen, fand auch eine. Die Russen scheinen sich zurückzuziehen, schießen aber noch herein. Wir haben Quartier in Gósmezö."
Der Bericht von Hauptmann Splett fasst den 31. Dezember 1916 zusammen: "Die Batterie hatte bei stockfinsterer Nacht eine neue Stellung bezogen und um 5 Uhr früh abgespannt. Der Prinz kam zu Fuß und wollte mit Break in die Beobachtung fahren. In der Dunkelheit geriet der Wagen von der Straße ab und brach zusammen. Der Prinz gab seiner Freude Ausdruck, dass bei dem Missgeschick kein weiteres Unglück entstanden sei.
Um Mittag desselben Tages erhielt er den Befehl, zum Regimentsstabe des Infanterieregiments Nr. 189 auf Höhe 1020, nördlich Harja, im Ditoztal zu gehen, um daselbst für einige Tage als Verbindungsoffizier zwischen schwerer Artillerie und Infanterie zu wirken. Hier sollte der Prinz eigentlich bleiben, ist aber zur Orientierung zum Bataillonsstabe des 1. Bataillons des Infanterieregiment Nr. 189 nach Höhe 781, nordöstlich Harja, gesichtet worden. Da eine Fernsprechleitung der schweren Artiellerie nach hier nicht bestand, bedeutete ihm der Kommandeur des 1. Bataillons Nr. 189, dass seine Anwesenheit nicht notwendig sei und er zurückgehen möchte.
Der letzte Tagebucheintrag
Prinz Friedrich erbat jedoch die Erlaubnis noch bleiben zu dürfen und begab sich in eine Hütte, die etwa zwanzig Meter unterhalb der Kuppe 781 feindabwärts, nicht weit vom Standpuntk des Bataillonskommandeurs, lag. Hier blieb er zusammen mit zwei Infanterieoffizieren. Ungefähr zwei Stunden nach Ankunft des Prinzen Friedrich auf Höhe 781 begann unsere Infanterie vorzugehen.
Die Russen, die bis dahin nicht diese Gegend beschossen hatten, belegten jetzt das Gelände dort, Reserven vermutend, mit leichten und schweren Granaten. Dabei schlug eine Granate in die Hütte und tötete einen der beiden Infanterieoffiziere, den anderen und Prinz Friedrich verwundete sie schwer. Trotz seiner schweren Verwundung ging Prinz Friedrich allein zu dem etwa zwanzig Meter entfernten Verbandsplatz, wo er durch den dortigen Arzt die erste Hilfe erhielt. Er wurde dann sofort zu dem Verbandsplatz des Infanterieregiments Nr. 189 bei Höhe 1020 gebracht und hier durch den dortigen Arzt erneut behandelt.
Die Verwundung war aber so schwer, besonders war die Lunge und ein Arm verletzt, dass jede Hilfe aussichtslos war. Prinz Freidrich blieb bei vollem Bewusstsein, sprach aber nichts; nur einmal fragte er, ob er wieder gesund würde. Um 6 Uhr abends ist Prinz Friedrich verschieden."
Teil IV: Das bürgerliche Donaueschingen – Tod, Verzweiflung, neue Hoffnung.