Der ursprüngliche Residenz-Plan – der nur ein Jahr nach Beginn der Bauarbeiten im Jahr 1722 schon Makulatur war: Von dem dreiteiligen Schloss (unten rechts) ist nur der etwas längere Seitenflügel gebaut worden, und auch das Donauquellen-Bächlein fließt nicht in ein Bassin (links). Weil das Schloss anders als vorgesehen gebaut wurde, entstanden zahlreiche weitere fürstliche Gebäude in der Stadt und der einst als Seitengebäude geplante Bau wurde zum Hauptgebäude. Foto: Fürstenberg-Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

F.F. Archivar Andreas Wilts hat neue Erkenntnisse zum Werden Donaueschingens zum Residenzort ausgegraben

Donaueschingen (mai). Es sieht alles so schön aus. Es sieht aus, als hätten die Fürsten zu Fürstenberg, seitdem sie Donaueschingen zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Residenzort wählten, mit einer Art Generalplan das Schloss und ihre vielen weiteren Bauten errichten lassen. Dass das nicht so war, sondern vieles dem Zufall entsprang, und wie sich trotzdem alles zu einem Guss entwickelte. das hat Andreas Wilts nach langen Recherchen herausgefunden. Gestern Abend stellte er die Ergebnisse in den Sammlungen vor.

Wilts, der fürstlich-fürstenbergische Archivar, sitzt in seinem Büro und schaut aus dem Fenster hinüber zur Hofbibliothek. "Schauen Sie, da drüben hinter den Fenstern, da waren die Gefängsniszellen." Ein Knast, wo bis vor einigen Jahren wertvolle Bücher lagerten und wo im nächsten Jahr Restaurant und ein Kinder- und Jugendmuseum einziehen soll? Jawohl: Doch das ist nur eine von vielen Geschichten, die zeigt, wie mit und in den fürstlichen Bauten in den vergangenen Jahrhunderten rotiert wurde.

Die wahrscheinlich spannendste, die ursprünglichste, die, die alle späteren erklärbar macht, handelt vom Schloss. Fürst Josef Wilhelm Ernst wählte Donaueschingen um 1720 als Residenzort, zu diesem Zeitpunkt war, so Wilts, baulich von Donaueschingen aus "kein Staat zu machen" – zumindest keiner, dessen Territorien so umfassend war wie die der Fürstenberger, und keiner, dessen Chef als Reichsfürst eben auch baulich seinen Anspruch auf Geltung und Macht zum Ausdruck bringen wollte.

Donaueschingen sollte eine prächtige, repräsentative Anlage werden. Die Pläne sahen große Gärten, zwei Seitenflügel und ein Hauptgebäude vor, unter dem das Donauquellen-Bächlein durchfließen und in ein Bassin münden sollte, das ungefähr auf der Höhe des heutigen Parkwegs angelegt werden sollte.

Sollte – doch es kam dann doch ganz anders, und das aus einem einfachen Grund: Fürst Josef Wilhelm Ernst heiratete 1723 Gräfin Anna Maria von Waldstein. Sein Lebensmittelpunkt wurde Prag, Böhmen galt ihm als gelobtes Land. Deshalb, und auch weil er ein Mann war, der genau aufs Geld schaute, wurden die pompösen Schloss-Pläne eingemottet: Nur ein Seitenflügel entstand, und dieser diente fortan als Verwaltungsbau und zugleich als Wohnheim für die vielen fürstlichen Beamten.

Daneben ließ Josef Wilhelm Ernst weitere Bauten errichten, die allein der Verwaltung dienten – beispielsweise die Kanzlei, quasi das Bürgerbüro früherer Zeiten, heute das Gebäude der Hofbibliothek. Auch diese war ursprünglich an einem anderen Ort vorgesehen – am Karlsplatz, nahe der Zehntscheuer (den heutigen Sammlungen). Doch weil dort oft buchstäblicher tierischer Verkehr herrschte, kam die Kanzlei in die Haldenstraße. Und weil sie dorthin kam, kam auch der Neubau der Brauerei dorthin – so konnten die Kanzlei-Keller, wo bis dahin gerne Kartoffeln gelagert waren, prima genutzt werden. Donaueschingen war also zu Beginn der Residenz-Jahre zuallererst Verwaltungsort.

Das änderte sich mit der Heirat von Joseph Wenzel, dem Sohn von Josef Wilhelm Ernst. Der Erbprinz zog auf Anordnung seines Vaters auf die Baar, Donaueschingen wurde sein Lebensmittelpunkt. Klar zog er ins Schloss – was unter den Beamten, die bis dahin dort gewohnt hatten, heftige Unruhe und in der Folge eine enorme Bautätigkeit auslöste: Für all die Angestellten musste schließlich angemessener Wohnraum, und für die Verwaltung, die bis dahin auch im Schloss untergebracht war, mussten ebenfalls neue Gebäude her.

Donaueschingen erlebte einen wahren Bau-Boom, die Haldenstraße wurde mit dem Archiv und mit dem mächtigen Gebäude, in dem heute die Fürstenberg-Brauerei ihren Verwaltungssitz hat, zum Herz der fürstenbergischen Verwaltungsviertels.

Vor allem aber gehen auf Joseph Wenzel viele der höfischen und repräsentativen Elemente zurück, die zeigen, dass Donaueschingen für ihn mehr war als nur ein Verwaltungsort: Er ließ von 1770 an den prächtigen Schlosspark anlegen, rief eine Hofkapelle ins Leben, errichtete Jagdschlösschen und ein Hoftheater. Das Schloss wiederum ließ Joseph Wenzel, wie es war – ein karges und, obwohl großes, doch schon fast schlichtes Bauwerk.

An den Umbau wagte sich 1892 erst Fürst Karl Egon IV., bis 1896 ließ er den ursprünglich als Seitenflügel geplanten Bau zum neo-barocken Hauptgebäude aufmotzen. Kurz vor der Fertigstellung starb Max Egon IV., der für die Zeit der Bauarbeiten in die Villa Dolly umgezogen war. Und dort, beziehungsweise wechselweise auch im Salzmannhaus, lebten vorzugsweise auch seine Nachfolger. Erst die heutige Fürstenberg-Generation hat das Schloss wieder bezogen und lebt darin.