Ordentlich Holz wurde am Brigachufer im Stadtgebiet angenagt. Der genaue "Tatort" liegt in der Nähe der Kirche St. Marien an der Hermann-Fischer-Allee. Foto: Singler

Nager kehren auch in Innenstadt zurück. Keine Gefährdung zu erwarten.

Man muss schon etwas genauer hinsehen, um die gesuchte Stelle auf Anhieb zu finden. Doch ist das einmal passiert, stechen die eindeutigen Nagespuren an einem Baum direkt ins Auge. Treibt sich in Donaueschingen, mitten im Stadtgebiet, ein Biber am Brigachufer herum?

Donaueschingen - Eine Nachfrage beim Regierungspräsidium Freiburg (RP) bringt Licht ins Dunkel: "Tatsächlich weist ein Baum die für einen Biber typischen Fraßspuren auf", sagt Pressesprecherin Heike Spannagel. "Biber sind Pflanzenfresser und ernähren sich während der Vegetationsperiode vor allem von jungen Trieben, Blättern und krautigen Pflanzen.

Im Winter, wenn diese Nahrung kaum verfügbar ist, steigt der Biber fast vollständig auf Holz um." Ein bevorzugter Nahrungsbaum sei hierbei die Weide. Wie viele Bäume an der Brigach genau angenagt worden sind, ist dem RP nicht bekannt.

Spannagel möchte beruhigen. Denn vom Biber gehe keine großartige Bedrohung aus. "Eine unmittelbare Gefahr durch ein Biberwirken mitten in der Stadt ergibt sich nicht. Zwar sterben Bäume letztendlich ab, falls sie zu stark vom Biber angefressen werden. Jedoch können diese gefällt werden, bevor sie eine Gefahr darstellen", schildert die Sprecherin. Aufgrund der Größe und Tiefe der Brigach sei ein Aufstauen dieses Gewässers für den Biber aber nicht nötig und daher auch nicht zu erwarten.

"Biber können sich überall ansiedeln, wo es Wasser, eine Möglichkeit zur Anlage eines Baus und Nahrung gibt", so Heike Spannagel.

Da Biber ihren Lebensraum sehr aktiv gestalten und nach ihren Bedürfnissen umbauen, könne zum Beispiel sogar ein Entwässerungsgraben von dem Tier besiedelt werden. Daher dringe der Nager auch in Städte vor, insbesondere wenn dort größere Wasserkörper – in diesem Fall die Brigach – vorhanden seien.

"Biber leben in Familiengruppen, die immer aus einem Paar und den Jungen der Vorjahre bestehen. Im Alter von zwei Jahren werden die Jungtiere jedoch spätestens vertrieben und müssen ein eigenes Revier finden", erzählt die RP-Sprecherin über den Charakter des Bibers. Dieser sei ein gemütliches Tier, das sich als sehr anpassungsfähig herausgestellt habe.

Ein Revier von vier Kilometern

Normalerweise seien Biber eher scheu und dämmerungsaktiv, "sie können sich aber an die Anwesenheit von Menschen gewöhnen". Oft sei das an stark frequentierten Wegen der Fall, wo Biber auch in Anwesenheit von Menschen Nahrung suchen, sofern sie nicht belästigt werden. Spannagel sagt, dass auch in der Nähe vom Ortsteil Wolterdingen eine Biberfamilie aktiv ist. "Sowohl Brigach als auch Breg sind fast flächendeckend besiedelt. Ein Biberrevier umfasst rund vier Kilometer Gewässerstrecke."

Weil der Biber eine streng geschützte Tierart sei, werde gegen seine Anwesenheit nichts unternommen. Vielmehr wird die Biberbeauftragte Bettina Sättele aktiv, erzählt Heike Spannagel: "Wenn es zu Konflikten kommt, sorgt sie dafür, dass Maßnahmen ergriffen werden – zum Beispiel eine Dammdrainage beim Auftreten von Überschwemmungen oder zur Ufersicherung."

So etwas diene dazu, ein Zusammenleben zwischen Biber und Mensch zu ermöglichen. "Denn der Biber ist ein wichtiger Bestandteil der Natur, der eine positive Wirkung auf die Gewässerentwicklung hat und die Brigach auf seine eigene Art renaturiert."

Was für Tiere sind Biber eigentlich genau? Und was zeichnet die Nager aus? Stefany Lambotte klärt auf. Die Sachbearbeiterin im Umweltbüro Donaueschingen informiert über Hintergründe: Wesen: "Die unter Naturschutz stehenden Biber sind an Fließgewässer, Seen und deren Ufer gebunden", sagt Lambotte. Die Tiere sind der Expertin zufolge unter anderem durch ihren dichten Pelz, ihren abgeflachten verbreiterten Schwanz sowie ihre mit Schwimmhäuten ausgestatteten Füße ausgezeichnet an das Wasser angepasst. Vorkommen: Laut Stefany Lambotte wurde 1846 im Zuge einer rigorosen Verfolgung der letzte Biber (Castor fiber) in Baden-Württemberg getötet.

Seit Anfang der 2000er-Jahre kehre der Biber entlang der Fließgewässer wieder in seine angestammten Lebensräume unserer Region zurück und ist seither im Schwarzwald-Baar-Kreis wieder heimisch. Charakter: Lambotte sagt hierzu: "Biber sind soziale Tiere. Die Elterntiere leben in einer Großfamilie mit ihren dies- und letztjährigen Kindern. Die älteren Kinder aus der Vorjahres-Generation helfen bei der Betreuung ihrer jungen Geschwister mit." Außerdem seien Biber "sehr geduldige, und man könnte sagen, hartnäckige Zeitgenossen". Wenn eine Biberfamilie einen Ort an einem Gewässer als Lebensraum ausgewählt habe, würden die Tiere beständig daran arbeiten, diese Fläche nach ihren Bedürfnissen zu gestalten und entsprechend weiter zu erhalten. "Der Biber fühlt sich am wohlsten in freier Landschaft mit naturnahen Wasserläufen oder auch in Seen, am besten mit einem reichhaltigen Baumbestand in der Nähe."