In Neudingen wird bei Baggerarbeiten ein gemauerter Brunnenschacht freigelegt. Ein metallenes Objekt entpuppte sich nach Rücksprache mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst nicht als die befürchtete Fliegerbombe, sondern als rostiges Rohr. Foto: Wursthorn

Bagger legt alten Brunnenschacht in Neudingen frei. Kampfmittelbeseitungsdienst gibt Entwarnung.

Donaueschingen-Neudingen - Bombe vermutet, Brunnen entdeckt: So lässt sich der Baustellentag in der Neudinger Dorfmitte am Dienstag zusammenfassen. Kaum jemand hätte sich vorstellen können, dass sich der Beginn der Tiefbauarbeiten auf dem Karree zwischen Rathaus, Kindergarten und Kirche mit so viel Aufregung verbinden würde.

"Das könnte eine Bombe sein", vernahm Gürel Celictas am Dienstagvormittag kurz nach elf am Telefon. Wenige Minuten später saß der Bauleiter im städtischen Tiefbauamt bereits im Auto in Richtung Neudingen. Dort hatte kurz zuvor ein Baggerfahrer einen Riesenschrecken bekommen. Nachdem bereits die Asphaltdecke abgetragen worden war, ging es am Dienstagmorgen mit schwerem Gerät an den Unterbau. Der Baggerlöffel zog gut 30 Zentimeter Material ab, ehe ein Ruck die Baumaschine erschütterte. Statt Erdreichs hatte der Bagger plötzlich eine schmale, gut einen Meter lange Betonplatte verschoben.

Unter der Betonplatte verbarg sich ein gemauerter Brunnenschacht von gut drei Meter Durchmesser. Fast vier Meter hoch ist die Brunnenwand, am Boden steht eine etwa knietiefe Wasserfläche. Aus dem Grundwasser ragt das Objekt, das die Bauarbeiter am Vormittag schwer beunruhigte. Auch Gürel Celictas ging vom äußeren Anschein zunächst von einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg aus. "Zumal das Metallstück schräg an der Wand steht. Wie hineingefallen", sagte er am Nachmittag auf Anfrage.

Kampfmittelbeseitungsdienst kontaktiert

Am Vormittag lief, um alle Gefahr auszuschließen, die Alarmkette. Celictas rief die Polizei an, Beamte rückten an, schauten ins freigelegte Brunnenloch, sperrten gegen 11.40 Uhr die Umgebung ab und kontaktierten den Kampfmittelbeseitungsdienst. Elektronisch übermittelten die Polizisten der Behörde Bilder.

Die Entwarnung kam prompt. Zwar habe der Gegenstand in Form und Erscheinung zunächst an eine zwei Meter lange Bombe erinnert, sagte Polizeisprecher Harri Frank. Schon nach dem ersten Bild hätten die Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes vermutet, von dem Gegenstand gehe keine Gefahr aus. "Man hat sich das dann noch mal genau angeschaut und festgestellt, dass es sich um ein Metallrohr handelt", erklärte Frank. Etwa gegen 13.40 Uhr sei der Polizeieinsatz demnach bereits beendet gewesen.

Aus Sicherheitsgründen schloss der Kindergarten eine halbe Stunde früher als an Dienstagen gewohnt. Im Rathaus hielt sich niemand auf, als die Evakuierung anlief. "Da arbeitet diese Woche ohnehin niemand wegen des Baulärms", sagte am Nachmittag Manfred Kaiser. Der Neudinger hat die Aufregung hautnah mitbekommen.

Beim Blick in den Brunnenschacht wies er auf eine weitere Konstellation hin, die Rätsel aufgibt. Demnach könnte das Rohr zwar bei der Versiegelung des Brunnens bequem entsorgt worden sein. Allerdings geschah das nicht ohne Sorgfalt. So ist es mit einem inzwischen verrosteten Metallstück an die Brunnenwand fixiert, damit es nicht umfällt.

Tiefbauarbeiten am Rathaus gehen weiter

Möglicherweise ist der Brunnen mehr als 100 Jahre alt. Sein Standort ist bei den Einheimischen in Vergessenheit geraten. "Mein Vater hat immer erzählt, dass es auf dem Schulhof einen Brunnen geben hat", erinnerte sich Elisabeth Kaiser. Diese frühere Wasserversorgung scheint nun gefunden. Keineswegs sicher ist, ob der Brunnen tatsächlich dem Rathaus zuzuordnen ist. Zum einen dürfte er älter sein als der heutige Sitz der Ortsverwaltung, zum anderen war es früher üblich, dass Anwesen in der Regel eigene Brunnen hatten.

Am Mittwoch gehen die Tiefbauarbeiten am Rathaus weiter. "Der Brunnen wird freigelegt", kündigte Celictas an. Das sei unumgänglich, weil die Betonplatten, die den Brunnen abdecken, höher liegen als der Boden, der für die Neugestaltung des Platzes abgetragen werden muss.

Was hält Denkmalamt vom Brunnen?

Möglicherweise wird sich mit dem vergessenen Brunnen auch das Denkmalamt beschäftigen. "Ich habe mit dem Landratsamt Kontakt aufgenommen", sagt der Bauleiter am Dienstagnachmittag.

Ob der lange vergessene Brunnen das Interesse der Denkmalschützer weckt – die Antwort stand am Dienstagabend aus.

Mit Überraschungen im Erdreich kennt man sich aus in Neudingen. So war es Anfang 2016 ein Öltank, der bei der Sanierung des Jugendraums in der früheren Molkerei für Verdruss sorgte. Als es daran ging, eine Kellerwand abzudichten, wurde der Tank aus der Zeit des Molkereibetriebs entdeckt. Ärgerliche Begleiterscheinung: Der Tank hatte geleckt und Öl verloren. Für die Beseitigung der Rückstände im Boden und im Straßenraum musste damals die Stadt aufkommen. Eine bestehende Bodenkaskoversicherung war auf wenige Immobilien der Stadt beschränkt worden.