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Prozess: Familienvater erschleicht sich Lohnfortzahlung / Richterin: Bei Firma einiges durcheinander

Die sechs geladenen Zeugen waren am Ende nicht mehr nötig. Die Beweislage gegen einen 63-jährigen Familienvater aus dem Raum Stockach war so eindeutig, dass Richterin Julia Elsner ihn in der Verhandlung wegen Betrugs vor dem Stockacher Amtsgericht verurteilte.

Donaueschingen/Raum Stockach. Er muss 80 Tagessätze zu je 30 Euro, also 2400 Euro insgesamt, bezahlen.

Der Fall liegt knapp drei Jahre zurück. Der Mann war damals wegen eines Arbeitsunfalls krankgeschrieben. Er arbeitete aber bei einer anderen Firma in Donaueschingen, kassierte gleichzeitig Lohnfortzahlung und später nach einer Kündigung durch den ersten Arbeitgeber Krankengeld von seiner Krankenkasse. Der Schaden liege bei rund 4400 Euro, rechnete die Vertreterin der Staatsanwaltschaft zusammen. Sie warf ihm Betrug nach Paragraf 263 des Strafgesetzbuchs vor.

Der 63-Jährige beteuerte zunächst seine Unschuld. Er erzählte, wie es ihm damals gegangen sei und dass er während seiner Krankschreibung seine Frau nach Donaueschingen begleitet habe, als diese dort für die Firma zu arbeiten begonnen habe. "Ich habe nicht gearbeitet", versicherte er. Er sei nur im Monat zuvor an ein paar Wochenenden auf Minijob-Basis dort gewesen. Die Richterin ging gemeinsam mit Vertretern der Anklage und Verteidigung sowie dem Angeklagten Stundenzettel, Arbeitsverträge und sichergestellte interne E-Mails des Donaueschinger Unternehmens durch. Dabei zeigte sich schnell: In den betreffenden Monaten Ende 2015 tauchte der Name des Mannes auf Stundennachweisen mit Unterschriften auf. Und mehr noch: Die Korrespondenz zwischen einer Mitarbeiterin und den Chefs belegte, dass diese wussten und billigten, dass der 63-Jährige auf den Namen seiner Frau dort arbeitete. Die Mails enthielten Anweisungen, wie damit umzugehen sei und dass der Mann seinen Namen aus den Listen heraushalten sollte – was er aber nicht tat.

Richterin und Vertreterin der Staatsanwaltschaft machten ihm deutlich, dass seine Unterschrift klar erkennbar sei. "Ihr Name steht im November 2015 fast jeden Tag in der Stundenliste", fasste die Richterin zusammen. "Das kann nicht sein", beharrte der 63-Jährige zu den Unterschriften. Die Firmen-Korrespondenz zeigte auch, dass der Familienvater kein Einzelfall ist. Bei der Firma sei einiges durcheinander, doch das sei ein anderes Thema, so die Richterin.

Der Verteidiger zog den Einspruch gegen den Strafbefehl zurück, monierte aber die Höhe der Tagessätze. Sowohl Anklage als auch Verteidigung plädierten für 30 statt 40 Euro. So entschied auch die Richterin nach einer Abwägung der finanziellen Situation des Mannes mit mehreren Kindern, Ehefrau und Krediten. Die monatliche Rate liegt bei 100 Euro. "Das ist schmerzhaft, aber irgendwann bezahlt", sagte sie.

Paragraf 263 des Strafgesetzbuches, nach dem der 63-jährige Mann angeklagt war, besagt zum Straftatbestand des Betrugs: "Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."