An der B 27 hat der Südausbau zwischen Allmendshofener Knoten und Abzweig B 31 begonnen. Zu den Vorarbeiten gehören auch Untersuchungen zu etwaigen im Erdreich verborgenen Bomben unter Regie des Kampfmittelbeseitigungsdienstes. Etwas nördlich des Wohngebiets Hohen gab es mehrere Verdachtsfälle. Foto: Wursthorn

Blindgängersuche endet mit Erleichterung. Fachleute schreiten Gebiet zwei Tage lang ab.

Donaueschingen/Hüfingen - Das Ende des Zweiten Weltkrieges liegt demnächst 75 Jahre zurück. Der Krieg und seine Auswirkungen aber waren vor wenigen Tagen Bestandteil des B-27-Ausbaus. Bevor die Arbeiten fortgesetzt werden konnten, musste zweifelsfrei geklärt werden, dass im Erdreich westlich der Bundesstraße keine Blindgänger schlummern.

Gut ein Menschenleben nach den Abwürfen hat sich die Landschaft verändert, auf Zeitzeugen lässt sich nicht zurückgreifen. Aber es gibt Bilder. Es ist der Feind von damals, der mit sorgsam gehorteten Informationen dafür sorgt, dass heute sicher gebaut werden kann. Die Alliierten, US-Amerikaner und Briten, hatten im Krieg die Angewohnheit, die Präzision ihrer Bomberangriffe mittels Luftaufnahmen zu überprüfen. Zugang zu diesen Schwarzweiß-Aufnahmen hat der Kampfmittelbeseitigungsdienst Baden-Württemberg. Wo sich bei der Luftbildanalyse als helle Flecken identifizierbare Bombentrichter zeigen, schauen die Auswerter genauer hin. Wo sich die Trichter häufen, sind die Experten alarmiert. "Immerhin waren es zehn bis 15 Prozent der Bomben, die nicht detonierten", sagte Ralf Vendel, Leiter der in Stuttgart angesiedelten Einrichtung mit gegenwärtig 33 Mitarbeitern. Bei den Bomben handelt es sich um 250 Kilogramm schwere britische Fliegerbomben.

Bildmaterial von insgesamt 18 Überfliegungen ausgewertet

Luftbildauswertungen liegen im Auftrag des Bauträgers. Das Regierungspräsidium wurde in Stuttgart vorstellig. Ausgewertet wurde das Bildmaterial von insgesamt 18 Überfliegungen, die zwischen dem 25. Februar 1944 und dem 28. August 1945 stattgefunden hatten. Für die Erfolgskontrolle wurden etliche Bilder angefertigt. Allein am 8. April 1944 waren es 43, wie sich der detaillierten Liste entnehmen lässt, die Hartmut Trenz, Projektleiter des B 27-Ausbaus, aus Stuttgart bekam.

Aus der Analyse ergab sich ein Suchfenster, 1400 Quadratmeter groß. Zwei Fußballfelder würden hier Platz finden. Der Bereich innerhalb der geplanten Trasse beginnt auf Höhe der nördlichen Abgrenzungen des Wohngebiets Hohen in Hüfingen. 20 Einschläge weist die Auswertung auf, darunter befanden sich neun Verdachtsfälle. Um Klarheit zu schaffen, beauftragte das Regierungspräsidium eine Sensorik-Spezialfirma aus der Nähe von Berlin. Zwei Tage schritten zwei Fachleute das Terrain in Schleifen ab: im Schlepptau ein rollender Metalldetektor mit der Anmutung eines Pfluges. Dieser übermittelte nicht nur die geografischen Koordinaten mutmaßlicher Metallreste im Boden, sondern auch zentimetergenau deren Lage in der Tiefe des Erdreichs. "Fündig wurden sie zwischen einem Meter und 2,20 Meter Tiefe", so Trenz. Das Wichtigste: "Allesamt haben sich die Metalle als Schrott erwiesen."

Häufung von Einschlägen in Geländeabschnitt

Und warum die Häufung von Einschlägen in dem Geländeabschnitt nördlich vom Hohen? Projektleiter Trenz hat von einem Behelfsflugplatz gehört, der in gleicher Nord-Süd-Ausrichtung, wie sie heute die Bundesstraße aufweist, angelegt gewesen sei. Hier soll die Luftwaffe neue Flugzeuge getestet haben. "Das stimmt", entgegnete Vendel. Nach seinen Erkenntnissen muss es ab 1939 in diesem Bereich einen Feldflugplatz gegeben haben. Die Spuren der auf Gras und Schotter angelegten Pisten habe sich längst verloren, doch die Erklärung scheint plausibel. Demnach nahmen alliierten Bomber, von Süden anfliegend, die am südlichen Rand des Flugfeldes positionierte Flakstellung unter Beschuss und zielten zu weit nördlich.

Es kann also weiter gebaut werden. Das ist ein gutes Gefühl für die Verantwortlichen: auch wenn im Vorfeld "doch jeder gesagt hat, da liegt nichts im Boden", so Trenz. Er erinnert an dieser Stelle gerne an die 15 Prozent-Quote der Blindgänger. Die Kosten für Luftbildanalyse, Beratung und Sucharbeit liegen beim Bauträger. "Wir kommen für Entschärfung, Vernichtung oder Transport auf", skizzierte Vendel den Beitrag der Landes-Kampfmittelspezialisten, deren Arbeit auch 75 Jahre nach dem Krieg gefragt und gefährlich ist: "Gegenwärtig arbeiten wir rund 300 laufende Anträge in Baden-Württemberg ab", sagt der ausgebildete Feuerwerker und bringt diese Nachfrage mit dem aktuellen Bauboom in Zusammenhang. Die Brisanz steigt durch die Überlagerung. Regen, Wärme, Kälte und die Art der Munition machen Bomben, Granaten oder Minen unberechenbar. "2012 sind in Göttingen drei Kollegen bei ihrer Arbeit ums Leben gekommen", sagte Vendel.