Lob, das in Donaueschingen ankommt: Landes-Umweltminister Franz Untersteller (Dritter von links) nennt die Renaturierung der Stillen Musel ein Musterbeispiel für die Zusammenarbeit unterschiedlicher Interessengruppen. Oberbürgermeister Erik Pauly, Stadtrat Niko Reith, Landratsstellvertreter Joachim Gwinner, Umweltberater Gerhard Bronner und Wolterdingens Ortsvorsteher Reinhard Müller (von rechts) freuen sich darüber. Foto: Beathalter Foto: Schwarzwälder Bote

Renaturierung: Landesumweltminister lobt Erfolge / Bauern, Naturschutz und Politik kooperieren

Vitale Gewässer: Damit können Donaueschingen und der Schwarzwald-Baar-Kreis durchaus punkten.

Donaueschingen. Dafür gab es am Dienstag auch Lob von Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen), Baden-Württembergs Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Er macht auf seiner Sommertour an der Stillen Musel in Donaueschingen und an der Breg in Wolterdingen die Erfahrung, dass viele unterschiedliche Interessen auf der Baar unter einen Hut gebracht wurden. Nach anfänglichem Streit und Diskussionen ziehen Landwirte, Naturschutz, Wasserwirtschaft, Regierungspräsidium und Stadt immer besser an einem Strang. Heraus kommen Verbesserungen für die Natur, Fluss- und Bachläufe, die aus dem engen, mit dem Lineal gezogenen Bett herauskommen sollen und damit die Landschaft in Eigenregie vorteilhaft umgestalten.

Wolterdingens Ortsvorsteher Reinhard Müller bringt dies sogar dazu, beim Minister anzufragen, ob die inzwischen am Ortseingang von Wolterdingen entstandene kleine "Camargue der Baar" nicht besser auch für Spaziergänger erschlossen werden könnte. Man solle den Leuten auch zeigen, was mit dem Geld passiert, wenn es in Ausgleichsmaßnahmen wie den Staudamm und in die Renaturierung geflossen ist.

Oberbürgermeister Erik Pauly und Joachim Gwinner, Stellvertreter des Landrats, zeigten dem Minister nicht ohne Stolz auf, dass die Gewässer-Sanierung und eine möglichst naturnahe Entwässerung rund um Donaueschingen schon einige Zeit im Blick seien. Michael Koch von der Wasserwirtschaft und Gerhard Bronner, Umweltberater des Gemeindeverwaltungsverbandes (GVV), seien mit Hilfe des Landes schon länger dabei, "die Fehler der Vergangenheit wieder zu beheben und große Anstrengungen zu unternehmen, sich der schlechten Entwicklung entgegen zu stemmen", macht Pauly deutlich.

Minister Untersteller stellte heraus, "dass wir heute wieder etwas klüger sind". Auch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000 lasse gar keine andere Wahl: Erwartet werde bis zum Jahr 2027 "ein guter ökologischer Zustand der Gewässer". Untersteller räumt ein, dass gerade auch die Landwirtschaft durch dicht besiedeltes Gebiet unter Druck stehe, "auch die Landwirte haben aber einen Vorteil davon, wenn wir Gewässer wieder naturnaher gestalten".

Bernhard Bolkart, Landwirt und Vorsitzender des Kreisverbandes Villingen des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV), hat gemeinsam mit seinem Bruder Stefan, dem Pächter des Donaueschinger Weiherhofs, mitgeholfen, das Projekt Stille Musel zum Laufen zu bringen. Die Landwirte kümmern sich um die in der Nähe entstandene Kiebitz-Brutfläche, die vor allem im Frühjahr überflutet sein muss, sowie um die Unterhaltung des Gewässers und des Randstreifens, der der Natur überlassen werden soll. "Und wir versuchen, mit dem Biber zurecht zu kommen", so Bernhard Bolkart. Bettina Sättele, Biberbeauftragte beim Regierungspräsidium, und Carla André haben eine Lösung gefunden: Mit einem 430 Meter langen Drainage-Hauptsammler und einem Bypass an der Musel. "Der Biber kann jetzt bauen, wie er will", ohne dass Überschwemmungen die Folge seien. Bernhard Bolkart ist überzeugt, "dass wir etwas Gutes geschaffen haben", zeigt sich aber noch skeptisch. Bisher wurden die "besten Ackerböden der Region" durch die Arbeit des Bibers überschwemmt. Der beginne im Herbst damit, den Damm höher zu bauen. "Der Härtetest kommt dann im Frühjahr."

Bettina Sättlele wiederum ist überzeugt, dass ein erfolgreiches Biber-Management nur "zusammen mit den Landwirten gemacht werden kann." Sie will auch einen neuen Leitfaden für die Kommunen erstellen: Darin könne festgelegt werden, wo der Biber langfristig bleiben darf und wo er verjagt werden müsse.

Hochwasserschutz: Der 2011 westlich Wolterdingen fertiggestellte Damm für den Hochwasserschutz an der Donau kostete 22 Millionen Euro und ist als Teil des Integrierten Donauprogramms (IDP) von großer Bedeutung. Die Einrichtung wirkt sich bei Hochwasser-Ereignissen angeblich bis nach Riedlingen spürbare positiv aus.

Ausgleich: Der große Damm mit 460 Metern Kronenlänge und einer Breite von 100 Metern an der Sohle hatte zur Folge, dass im Bereich Wolterdingen bis zu 20 Baumaßnahmen folgten, um unter anderem einen Ausgleich für den Eingriff in Landschaft und Natur zu schaffen: Es entstand eine Wildflusszone im Bereich In der Enge in der Nähe des Sägewerks Willmann, vom Ortseingang Wolterdingen bis Bruggen. Es wurden neue Nebengerinne für die Breg geschaffen und eine ein Kilometer lange neue Fließstrecke. Historische Luftbilder zeigten den früheren Verlauf, an dem man sich jetzt wieder orientiert.

Stille Musel: Der Bachlauf dieses kleinen Fließgewässers wurde vor rund 100 Jahren begradigt und in ein enges Flussbett gezwängt, um mehr Fläche zu gewinnen. Das Bett wurde vertieft. Mit der Renaturierung wird nun zum Rückzug geblasen: Die Stille Musel soll wieder in Mäandern verlaufen dürfen und sich möglichst naturnah entwickeln.