Kreuz und quer: Zahlreiche Kanus waren gestern auf der Brigach unterwegs, weiter ging’s für die Jugendlichen auf der Donau. Der Anglervereinigung Donaueschingen-Pfohren sind diese Fahrten in der aktuellen Jahreszeit ein Dorn im Auge. Sie beklagt Kanu-Terror auf der Donau für Tier und Natur. Foto: Maier

Verein beklagt mangelnden Respekt vor Tier und Natur. Regeln werden nicht überwacht.

Donaueschingen - Donnerstagmorgen, es ist ein schöner Tag. Blauer Himmel, die Sonne scheint, es ist warm. Eigentlich könnte man zufrieden sein. Günter Müller, Vorstand der Anglervereinigung Donaueschingen-Pfohren, aber ist gar nicht zufrieden. Er steht auf der Jahn-Brücke im Donaueschinger Haberfeld, die über die Brigach führt, ihm platzt fast der Kragen.

Direkt unterhalb der Brücke, vom öffentlichen Parkplatz aus, steigen Dutzende Jugendliche, die in zwei Bussen aus Herrenberg nach Donaueschingen gekommen sind, in die Kanus des Anbieters "Besi" aus dem Raum Sigmaringen. Die Brigach führt derzeit sehr wenig Wasser mit sich, Müller schätzt den Pegel auf rund 20 Zentimeter. Beim Einlassen ins Wasser berühren die Boote den Grund, es knirscht deutlich hörbar, einige Boote kommen erst nach kräftigem Abstoßen mit Hilfe der Paddel vom Fleck.

Einmal auf dem Fluss, fahren sie ohne Aufsicht kreuz und quer durchs Wasser. Am wenige hundert Meter entfernt gelegenen Donauzusammenfluss steigen einige aus auf die Flussbank, recken die Arme hoch. "Unmöglich", sagt Günter Müller, "das ist einfach unmöglich."

Grundsätzlich findet Müller Kanufahrten auf der Donau nicht unmöglich. Was ihm und allen Mitgliedern der Anglevereinigung Donaueschingen-Pfohren aber gehörig gegen den Strich geht ist, dass die Fahrten, die jetzt mit den warmen Temperaturen zulegen, gegen Vorgaben verstoßen, die das Landratsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises erstellt hat – und dass es auf der anderen Seite klare Regeln gar nicht zu geben scheint. Das klingt verwirrend, ist es auch.

Regeln werden nicht überwacht

Müller nennt den Fall eines Freiburger Kanu-Touren-Anbieters: Dieser habe im Landratsamt angefragt, ob er seine Boote in Donaueschingen zu Wasser lassen könne. Die schriftlich vorliegende Vorgabe aus dem Amt: Erst ab dem 1. Juli, und erst bei einem Pegelstand von mindestens 60 Zentimetern. Überwacht werden diese Regeln nicht: Der Anbieter aus dem Raum Sigmaringen, der gestern die Boote zu Wasser ließ, hat sich um eine Genehmigung offenbar gar nicht gekümmert – in der Annahme, keine zu brauchen: Den Fluss dürfe man nutzen wie Fahrradfahrer einen Radweg, meint der Veranstalter.

Müller hat ähnliche Fälle schon beim Landratsamt angezeigt, ihm sei gesagt worden, dass es eine Rechtsverordnung für die Boots-Nutzung der Donau nicht gebe. "Am besten also, man kümmert sich um nichts und fährt einfach los. Das Landratsamt macht ja sowieso nichts", so Müller mit einem zynischen Unterton in der Stimme. Die Angler haben mittlerweile die Rechtsabteilung des Landesfischereiverband gebeten, den Sachverhalt zu prüfen.

Leidtragende der Kanu-Fahrten insbesondere in diesen Tagen seien Tier und Natur, so Müller. An den Ufern brüten Enten und Vögel, Biber sind im Wasser, für Fische wie die Barbe ist aktuell Laichzeit, in einigen Bereichen tummle sich zudem die besonders geschützte Fischart Koppe im Wasser.

Die Mitglieder der Angelvereinigung haben sich deshalb immer in der Zeit von Januar bis Ende Juni besondere Zurückhaltung auferlegt und zudem in einem mehrere hundert Meter langen Flussabschnitt, der in Pfohren an der Donaubrücke beginnt und in Richtung Geisingen verläuft, eine Vogelschutzzone eingerichtet. Dort ist Angeln in den ersten sechs Monaten eines jeden Jahres streng verboten, aus Rücksicht auf die Tiere. Und genau dort mittendurch fahren jetzt viele der Kanus. "Leider ohne Rücksicht auf die Tiere", so Müller.

Wie es weitergeht? Günter Müller hofft auf das Landratsamt, auf klare Regeln, die auch überwacht werden. Zur Not, das hat er den Kanu-Fahrern gestern schon gesagt, werde er zusammen mit den Anglern künftig den Einstieg ins Wasser zu verhindern wissen, wie auch immer.

Klare Regeln für die Befahrung der Donau mit Kanus gibt es im Naturpark Obere Donau – wo auch der Anbieter Besi üblicherweise seine Touren anbietet, zwischen Thiergarten und Sigmaringen. Anbieter müssen dort für ihre Kanus Befahrungsscheine lösen, Boote dürfen erst ab einem Pegelstand von 50 Zentimetern, gemessen in Beuron, ins Wasser; gestern lag der Pegel bei 35 Zentimetern. Wohl deshalb wich Besi nach Donaueschingen aus.