Ein Senior sitzt gemütlich am Seeufer und angelt – doch damit auch die Jugend wieder anbeißt, bieten die Anglervereine heute ein attraktives Programm. Foto: SB-Archiv

Nachtfischen, Abenteuercamps am See – Kreativität weckt Lust am verpönten Seniorensport.

Donaueschingen - Gemütlich auf dem Klappstuhl am Weiher sitzen, die Abendsonne genießen und die Angel ins Wasser tauchen – ein Seniorensport? Nein, auch die Jugend beißt wieder an – vornehmlich deshalb, weil die Fischervereine der Region ihre Köder auswerfen.

"Ja, da sind wir grad schwer dran an der Jugendarbeit", sagt Bernhard Zier, der Vorsitzende des Angelsportvereins (ASV) Wolterdingen. Eine Aufgabe, die aus gutem Grund Priorität hat: Zwar ist die Wolterdinger Quote mit etwa zwölf Jugendlichen bei rund 40 Mitgliedern noch ordentlich, aber ein Blick auf Mitgliederstrukturen anderer Vereine, etwa der Anglervereinigung Donaueschingen-Pfohren, zeigt auch den Handlungsbedarf auf: Über 200 aktive Mitglieder, nur rund 20 Jugendliche.

Wie in Wolterdingen beim ASV läuft es deshalb gerade eigentlich überall: In Vereinsversammlungen werden Jugendleiter gewählt – in Wolterdingen ist das jetzt Alexander Müller. Eine Position, die es so früher nicht gab und die dem damit einher gegangenen Mangel an frischen Ideen für jugendliche Vereinsmitglieder den Garaus macht. Auf einmal boomt es im Kalender, stehen da Termine speziell für Jugendliche, die so richtig Lust aufs Fischen und Angeln machen: Nachtfischen, abendteuerliche Camps am See, Aalen am Weiher – so aufregend und jugendgerecht kann Angeln sein. Wenn man es denn richtig anpackt und ansprechend rüber bringt.

Rüberbringen, dem Nachwuchs wieder richtig etwas beibringen, das hat man sich beim ASV Wolterdingen auf die Fahnen geschrieben. "Das ist nicht nur Angel ins Wasser halten", sagt Bernhard Zier und lacht. Dann holt er aus: Für beinahe jeden Fisch gibt es unter zig verschiedenen die richtige Rute; an Haken besitzen Angler sowieso ein ungeheures Sammelsurium; während sich Forellen, Äschen, Barben oder Döbel in Flüssen tummeln, schwimmen Karpfen, Hechte oder Zander in stehenden Gewässern. Ach ja – und einfach nur ausholen und den kleinen Haken an der feinen Leine irgendwie ins Wasser bringen ist auch nicht des Rätsels Lösung – es gibt spezielle Wurftechniken, und die wollen gekonnt sein. Verstanden, Angeln und Fischen ist etwas für Profis.

Und weil dem so ist, gibt es ziemlich zeitaufwändige Kurse, die jeder bewältigen muss, der mit Recht angeln will. Ein solcher beginnt beim ASV wieder im September. Sage und schreibe 60 Anmeldungen, vom Zwölfjährigen bis zum 50-Jährigen, liegen schon vor, aber das ist noch gar nichts und wird sich vermutlich bis zum Kursbeginn noch beträchtlich steigern: "Wir haben normalerweise 80 bis 90 Teilnehmer", weiß Zier zu berichten. Und ein paar Sätze später wird klar, warum: Angelbegeisterte aus weitem Umkreis, vom Bodensee bis St. Georgen, kommen hierher, um nach absolviertem, vierwöchigen Kurs ihre Prüfungen in Praxis und Theorie abzulegen. Früher wurden die Kurse im Wechsel mit dem Angelsportverein Donaueschingen-Pfohren angeboten, heute macht Wolterdingen das alleine.

Schlachten eines Fisches lernen

Die Theorie vermittelt dabei Heinz Prosch, die Prüfungen nimmt in der Regel Bernhard Zier ab, aber auch Andreas Ruf ist noch als vom Landwirtschaftsminister vereidigter Ausbilder in den Vereinsreihen. Und obwohl ein enormes Pensum, auch über Fischarten, die Ökologie im Lebensraum Wasser oder sogar das Schlachten eines Fisches zu lernen ist, ist die Durchfallquote gering: "Letztes Mal hatten 70 Personen ihre Prüfung, drei sind durchgefallen." Wer hier fischt, tut das offenbar aus Leidenschaft. "Klar, anders geht es ja gar nicht", glaubt Bernhard Zier. Den Prüfungsschein in der Tasche und ab zum Angeln? Denkste! So einfach ist das nicht: "Sie müssen dann erst einmal für ein Jahr einen Fischereischein beantragen bei der Stadt, das kostet, und dann darf man fischen.

Aber vorher muss man erst einmal ein Gewässer finden, wo man fischen darf!" Und das funktioniert hier, abgesehen von Eintagespässen, die es zu kaufen gibt, eigentlich nur über die Anglervereine. "Wir hier in Wolterdingen nehmen beispielsweise nur Wolterdinger auf, andere dürfen hier gar nicht fischen – nur einmal im Jahr, wenn Wolterdingen Ende Juli zum Fischerfest einlädt, werden Tageskarten verkauft."

Dass Angeln ein durchaus kostspieliges Hobby sein kann, zeigen stattliche Jahresbeiträge in Anglervereinen, der im Fall von Wolterdingen beispielsweise bei 110 Euro liegt. "Aber die dürfen ja auch Fische fangen dafür", sagt Zier. Damit der Bestand trotz fleißiger Angler stabil bleibt, sorgt der Gewässerwart dafür, dass jeder Angler am Ende der Saison dem Gewässer das an Jungfischen zurückgibt, was er im Laufe des Jahres herausgefischt hat. Und auch das kostet wieder: "Zwei kleine Eimer mit Äschen, das sind dann so Zwei-Zentimeter-Fischle, kosten mal eben 1800 Euro", erklärt Zier.

Aber wenn sie prächtig gedeihen, fleißig Mitgliederbeiträge in die Vereinskassen fließen und den Anglervereinen dann auch wieder mehr Jugendliche ins Netz gehen, heißt es wieder "Petri heil" an den Weihern, Seen oder Donau und Breg.