Dominik Kaiser als gefragter Gesprächspartner bei RB Leipzig (li.) und als Spieler beim Zweitliga-Aufstieg 2014 mit dem damaligen Trainer Alexander Zorniger. Foto: www.imago-images.de/IMAGO/motivio

Der Schwabe Dominik Kaiser hat bei RB Leipzig als Spieler den Durchmarsch von der Regionalliga bis in die Champions League miterlebt. Inzwischen arbeitet er an der Schnittstelle zwischen Nachwuchs und Profis. Vor dem Spiel beim VfB äußert er sich.

Das vereinbarte Telefongespräch verzögert sich um ein paar Minuten. Dominik Kaiser hatte noch einen Termin im Büro von Sport-Geschäftsführer Marcel Schäfer. Es gibt viel zu besprechen bei RB Leipzig. Im Fall von Dominik Kaiser liegt das nicht an der aktuellen Lage, dem Trainerbeben beim Fußball-Bundesligisten und auch nicht am DFB-Pokal-Halbfinalspiel an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF) beim VfB Stuttgart. „Meine Rolle ist sehr flexibel“, sagt der in Mutlangen geborene und in Waldstetten aufgewachsene Schwabe. Neben Schäfer tauscht er sich sehr viel mit Manuel Baum, dem Chef des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) aus, mit den Jugendtrainern, aber auch regelmäßig mit Mario Gomez, dem Technischen Direktor bei Red Bull Soccer International.

 

Kaiser leitet seit 1. Juli 2023 das 2020 bei RB gegründete „Career Center“. Zu seinem Aufgabenfeld gehört schwerpunktmäßig der Übergang der Leipzig-Talente zu den Profis. Der 36-Jährige kümmert sich um die verliehenen Spieler und ist auch Ansprechpartner der Leih-Clubs, die er selbst maßgeblich mit auswählt. „Ich bin dafür da, den bestmöglichen Karriereweg für die Talente zu finden, diesen zu beschleunigen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass sie einmal Bundesliga spielen“, skizziert Kaiser selbst sein Jobprofil.

Kaiser eher im Hintergrund tätig

In anderen Vereinen nennt sich dieser Posten Übergangsmanager (Tobias Werner beim VfB Stuttgart), Übergangskoordinator (Julian Leist bei den Stuttgarter Kickers) oder Talentmanager (Ex-VfB-Co-Trainer Rainer Widmayer beim VfL Wolfsburg). „Die Rolle wird unterschiedlich gelebt“, weiß Kaiser. Widmayer etwa arbeitet viel auf dem Platz mit den Nachwuchsspielern, Kaiser dagegen agiert eher im Hintergrund, spricht mit den Trainern über Verbesserungsmöglichkeiten, aber auch mit Eltern und Beratern.

Gar nicht so selten steht der frühere Profi aber auch vor den Kameras von Sky, DAZN oder er wird ins Studio des MDR eingeladen. Er ist dabei ganz sicher nicht der Typ, der ins Scheinwerferlicht drängt. Im Gegenteil. Aber der Verein weiß, dass er sich auf seine „Geheimwaffe“ zu 100 Prozent verlassen kann. Kaiser kann sich artikulieren, ist fachkundig, sympathisch, ehrlich und gerade raus.

„Du bist das Gesicht dieses Vereins, die lebende Legende von RB Leipzig“, hat Nationalspieler Joshua Kimmich anlässlich von Kaisers Abschiedsspiel am 13. Mai 2018 über die Videoleinwand ausrichten lassen. „Du warst ein großartiger Kapitän“, schob mit Rani Khedira ein weiterer Mitspieler hinterher. Über 26 000 Zuschauer waren damals zum „KaiseRBall“ ins Leipziger Stadion gekommen.

Große Wertschätzung

Auch das zeigt die Wertschätzung für diesen besonderen Spieler und Menschen. Kein anderer hat als Spieler die Erfolgsgeschichte von RB in diesem Maße begleitet: 2013 Aufstieg in die dritte Liga, 2014 Aufstieg in die zweite Liga, 2016 Aufstieg in die erste Liga, 2017 deutsche Vizemeisterschaft und der Einzug in die Champions League.

„Kaiser ist 171 Zentimeter groß geworden, er sieht nicht unbedingt aus wie ein Profi, der die Ellenbogen ausfährt, eher wie das erwachsene Kinder-Schokoladen-Kind“, hat die „Süddeutsche“ einmal über ihn geschrieben. Doch am ersten Bundesliga-Spieltag 2016 schoss er gegen seinen Ex-Club TSG Hoffenheim das erste RB-Tor der Bundesligageschichte, nachdem er den 1,94 Meter großen Niklas Süle weggedrückt hatte.

Kaiser hat sich durchgesetzt. Auf seine Art. „Seine größte Waffe ist, dass er keine hat. Er borgt sich jene, die gerade nötig ist“, hat Alexander Zorniger über ihn gesagt. Sein schwäbischer Landsmann aus Schwäbisch Gmünd hat ihn 2012 nach Leipzig geholt, von 2018 bis 2020 lotste er ihn zum dänischen Top-Club Bröndby IF, ehe Kaiser von 2020 bis 2022 zum Ende seiner aktiven Karriere noch einmal bei Hannover 96 am Ball war.

Stippel wichtiger Ratgeber

„Alex hat mich extrem gepuscht, immer an mich geglaubt, er war der wichtigste Trainer für meine Karriere“, sagt Kaiser. Auch Markus Gisdol (in Hoffenheim) und sechs Jahre lang Ralf Rangnick (in Hoffenheim und Leipzig) haben ihn geprägt. Und wenn es um die ersten Schritte geht, fällt der Name Norbert Stippel. Beim aktuellen NLZ-Chef der Stuttgarter Kickers erlernten Kaiser und sein älterer Bruder Steffen (früherer Oberligaspieler u.a. beim VfL Kirchheim und inzwischen gemeinsam mit Schwester Tanja Arzt in Gmünd) das Fußball-Abc beim TSGV Waldstetten. „Norbert hat mich immer eng begleitet, er ist bis heute ein ganz wichtiger Ratgeber, Vertrauter und enger Freund“, betont Dominik Kaiser.

Er bezeichnet sich selbst als „sehr heimatverbunden“. Doch der enge Terminkalender bei RB lässt die Besuche mit seiner Frau Juliane sowie den Kindern Lio Carlotta (5) und Otto (3) im Elternhaus in Waldstetten nur selten zu. Auch zum DFB-Pokal-Knüller kommt Kaiser nicht mit nach Stuttgart. Er schaut sich den Kampf um den Einzug ins Finale daheim an. Und stellt sich auf einen langen Fernsehabend ein und rechnet mit einem 2:1 nach Verlängerung für Leipzig. Was soll eine lebende RB-Legende auch anderes tippen – selbst als bekennender Schwabe.