Bei den Weltmeisterschaften in Berlin vor knapp einem Jahr war Domenic Weinstein zuletzt im Einsatz. Foto: Eibner

Domenic Weinstein ist nach seiner Verletzungspause wieder fit und will mit dem Bahnrad-Vierer in die Weltspitze stoßen. 

Anfang März könnte man meinen, dass das Wetter auf Mallorca deutlich schöner ist als hierzulande. Das Gegenteil ist der Fall: Wolken und Regen bei maximal 18 Grad – nicht gerade ideale Bedingungen zum Radfahren. Domenic Weinstein wird das egal sein, denn er hat dieser Tage "richtig Bock auf Training".

Bittere Verletzung und lange Zwangspause

Knapp vier Monate lang konnte sich Weinstein gar nicht mehr auf sein Rad schwingen. Aus der ursprünglichen Diagnose einer überreizten Gelenkfalte wurde während der Operation eine fehlplatzierte Kniescheibe. Es war der Beginn einer viermonatigen Leidenszeit.

Pünktlich zum Jahreswechsel konnte der 26-jährige Unterbaldinger wieder ins Geschehen eingreifen. Nachdem er den kompletten Dezember in einer Reha-Klinik in Berlin verbracht hatte, konnte er ab dem 1. Januar einigermaßen normal ins Training einsteigen. "Am Anfang habe ich mich natürlich noch schwergetan. Aber von Woche zu Woche konnten wir langsam aber sicher das Pensum erhöhen. Ich habe sehr schnell Fortschritte gemerkt", erzählt Weinstein.

Inzwischen ist der Einerverfolgungs-Europameister von 2018 wieder komplett schmerzfrei. Die Leidenschaft für seinen Sport wieder zu entfachen, ist ihm nicht sonderlich schwergefallen: "Nach der langen Pause konnte ich es gar nicht erwarten, endlich wieder trainieren zu können." Mit Ausnahme eines kurzen Abstechers in der Heimat haben er und seine Teamkameraden den größten Teil der vergangenen Wochen auf Mallorca verbracht. Frühsport, Frühstück, Radfahren, Abendessen, Massage und dann ab ins Bett – die Tage sind diszipliniert durchgetaktet. "Entweder werden sieben Stunden auf dem Rad trainiert oder nur vier und dafür abends noch Krafttraining", so Domenic Weinstein strahlend. Der zweifache Vize-Weltmeister kann endlich wieder ohne Einschränkung schuften.

Ein Problem gibt es allerdings: Weinstein und sein Team wissen im Moment gar nicht so genau, worauf sie sich denn vorbereiten. Seit fast einem Jahr hat der Bahnrad-Vierer kein Rennen mehr bestritten. Im April soll es endlich wieder einen Weltcup geben. Ursprünglich sollte dieser in Großbritannien stattfinden – wahrscheinlich müssen die Veranstalter jedoch nach Hongkong ausweichen. "Es ist auf jeden Fall schwieriger, sich für harte Trainingseinheiten zu motivieren, wenn die Termine so ungewiss sind", weiß Weinstein. Ihn selbst betreffe das gar nicht so sehr – nach seiner langen Verletzungspause sei er einfach froh, wieder trainieren zu dürfen. Seinen Teamkollegen mache die aktuelle Lage jedoch schon zu schaffen.

Auch wenn sich der Radsport – wie so viele Disziplinen – in einer prekären Lage befindet, für den 26-Jährigen hatte der Corona-Stillstand sogar etwas Gutes: "So hatte ich natürlich mehr Zeit für meine Regeneration. Wäre die Saison normal weitergegangen, wäre es für mich wahrscheinlich schwierig gewesen, bis Olympia auf das nötige Leistungslevel zu kommen."

Ein Jahr später, aber noch immer im Fokus

Das große Ziel des deutschen Bahnrad-Vierers hat sich trotz einjähriger Verspätung nicht verändert: Die Olympischen Spiele stehen vor der Tür. "Unser Traum ist trotz allem geblieben: Eine Medaille in Tokio wäre der Wahnsinn!", meint Domenic Weinstein. In Rio de Janeiro 2016 sind die Deutschen auf Rang fünf gefahren – diesmal soll es auf das Podest gehen.

"Wenn alles perfekt läuft und wir als Team am Limit performen, haben wir definitiv eine Chance", ist sich Weinstein sicher. Der Unterbaldinger gibt allerdings zu bedenken: "Wir wissen im Moment überhaupt nicht, wo wir im internationalen Vergleich stehen. Das letzte Rennen ist ein Jahr her. Andere Nationen hatten eventuell in den Lockdown-Zeiten andere Möglichkeiten als wir. Die kommenden Weltcups und die Olympischen Spiele werden eine Wundertüte."

Weinstein relativiert jedoch diesen Effekt etwas: "Das geht ja allen Nationen so. Die Dänen zum Beispiel sind letztes Jahr einen Weltrekord gefahren und hätten diese Form sicherlich einfach durchziehen wollen. Aber durch die lange Pause werden die Karten neu gemischt", ist er sich sicher, dass für das deutsche Team alles möglich ist. Das Wichtigste: Er ist fit und kann voll trainieren. Die Vorbereitungen für Olympia laufen auf Hochtouren, auch wenn das Wetter auf Mallorca nicht perfekt ist.