Zum Dialog bereit (von links): Willi Stächele, Meinrad Schmiederer, Brigitte Klinkert und Arnold Vaatz. Foto: Hannes Kuhnert

Eine Sonderveranstaltung des Dollenberg-Dialogs fand zum Tag der Deutschen Einheit in Bad Peterstal-Griesbach statt.

Nicht ganz mit der fröhlichen Selbstverständlichkeit, mit der alljährlich an die 350 Franzosen im „Relais & Chateaux“-Hotel Dollenberg ihren Nationalfeiertag feiern, zelebrierte an gleicher Stelle ein gut besetzter Spiegelsaal den Tag der deutschen Wiedervereinigung. Dies übernahm der Dollenberg-Dialog mit einer Sonderveranstaltung. Das zu Beginn gesungene Deutschlandlied ließ zunächst die nationale Brust der festlich gekleideten Anwesenden schwellen. Dem folgte weniger Erhebendes.

 

Mit Arnold Vaatz hatte Dialog-Chef Willi Stächele einen Politiker geladen, der 1989/90 die deutsche Wiedervereinigung vorangebracht und an führender Stelle umgesetzt hat. Vaatz war Anführer und Redner bei den Montagsdemonstrationen in Dresden, saß am runden Tisch, war später Staatsminister und ist heute als Experte für Ost und West Bundestagsabgeordneter der CDU.

Die Interessen Russlands

Angesichts der hohen Stimmanteile für die AfD in Sachsen sah Vaatz das Land vor einem politischen Erdrutsch, eine Gefahr fürs Land, da die Partei die Interessen Russlands vertrete. Er sprach von der Wut der AfD-Wähler und Bürger, die jegliches Vertrauen in die Problemlösungskompetenz der westlichen Politik verloren hätten; von der grenzenlosen Wut über eine empfundene Einseitigkeit der Medien, die Verwahrlosung deutscher Großstädte, die „deutsche Flucht in Afghanistan“ und die ständigen Baupannen am Berliner Flughafen.

Die westliche Politik, so Vaatz, dürfe die AfD nicht weiter verteufeln und beschimpfen, sondern müsse „mit demokratischen Mitteln gegen einen demokratisch gewählten Gegner angehen“.

Kernenergie und Bildungspolitik

Seine Forderungen an die Regierungsparteien waren radikal. Darunter die Rückkehr zur Kernenergie, sofortige Kehrtwendung in der Bildungspolitik sowie „die Koalition beenden und Mehrheiten aus der Mitte des Parlaments finden“.

Da konnte Stächele nur knurren: „Das waren viele Dinge, die wir bisher verdrängt haben oder nicht hören wollten, von denen wir aber verdammt vielen zustimmen müssen.“ Nicht jede Wut in Ost und West sei berechtigt.

Die Rolle Europas

Die zweite Rede war das krasse Gegenteil. Brigitte Klinkert, früher Mitglied der französischen Nationalversammlung, seit 2022 Co-Vorsitzende der deutsch-französischen parlamentarischen Versammlung, sprach voller Begeisterung über die deutsch-französische Freundschaft, die sie auf dem Weg der Besserung sah. Die Elsässerin war am Morgen noch mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) beim Festakt zur deutschen Einheit in Saarbrücken.

Sie setzt sich für grenzüberschreitendes Zusammenarbeiten und durchgehende Zweisprachigkeit in den Grenzregionen ein. „Europa“, so Klinkert überzeugt und überzeugend, „kann eine wichtige Rolle spielen, wenn Berlin und Paris ihrer zentralen Verantwortung in der EU nachkommen. Wir brauchen ein starkes Deutschland und ein starkes Frankreich in einem starken Europa.“

Ein Blick zurück

Geschichtsfeste Elsässerin
Brigitte Klinkert erwies sich als ebenso geschichtsfest wie auch als wohl informiert. Sie sei gern nach Bad Peterstal-Griesbach gekommen. Wisse sie doch, dass dort Herzog Carl 1818 im Roten Bau in Griesbach die neue badische Verfassung unterzeichnet habe, eine Verfassung, die sich als besonders freiheitsliebend auszeichnete und später in der Frankfurter Paulskirche Muster für die deutsche Verfassung war. Daher auch der Begriff „Musterländle“.