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Nach der angeblichen Hacker-Attacke beruhigen die Verantwortlichen: Dokumente waren nicht geheim.

Berlin - Wirbel um einen angeblichen Hackerangriff auf Bundestagsunterlagen mit „Geheim“-Aufdruck: Die Gruppe Anonymous hat nach eigenen Angaben Parlamentsserver geknackt - und Geheimunterlagen aus dem Kundus-Untersuchungsausschuss ins Netz gestellt. Doch die Pressestelle des Bundestags versicherte am Mittwoch: Alle hätten entsprechende Unterlagen rund um den tödlichen Angriff auf Tanklaster in Afghanistan im September 2009 bereits vorher im Internet anklicken können.

„Wenn der deutsche Bundestag schon so mit eigenen Daten und Dokumenten umgeht, was passiert mit den Daten der Bürger?“, fragte Anonymus. Mit ihren Hinweisen im Internet wiesen die Aktivisten indirekt darauf hin, dass sie tatsächlich gehackt hätten. „Meldungen, dass Seiten des Bundestages gehackt wurden, treffen nicht zu“, konterte der Bundestag. Kurz zuvor hatte es dort noch geheißen, man prüfe den Sachverhalt. Zumindest allgemein bekannt dürften die fraglichen Dokumente nach Ansicht von Beobachtern bislang nicht gewesen sein. Intern soll die Aufregung in der Parlamentsverwaltung beträchtlich gewesen sein, hieß es.

Bundestag verwies nun auf den Abschlussbericht

Bevor der Kundus-Untersuchungsausschuss im Oktober seine Arbeit im Streit beendet hatte, seien die zuvor als geheim eingestuften Dokumente per einstimmigem Beschluss herabgestuft worden, sagte der Grünen-Berichterstatter Omid Nouripour der Nachrichtenagentur dpa. Das Ausschusssekretariat habe sie ins Netz gestellt. Der Bundestag verwies nun auf den Abschlussbericht. „Die Liste der Dokumente ist im Dokumentenverzeichnis ab Seite 460 aufgeführt.“ Dort kann man sie anklicken.

Laut Nouripour befand sich etwa auch das Protokoll des Funkverkehrs von Bundeswehr-Oberst Georg Klein mit den Besatzungen der zwei von den Amerikanern zur Verfügung gestellten US-Kampfbombern unter den bereits damals veröffentlichten Dokumenten. Hier werden Zweifel der Piloten an dem Bombenabwurf deutlich. Auch ein Bericht der unabhängigen afghanischen Menschenrechtskommission „Afghanistan Independent Human Rights Commission“ mit einer Namensliste von 102 Opfern des folgenden Bombardements ist nachzulesen.

Es habe sich durch die Aktivitäten der Hacker nichts Neues ergeben, sagte SPD-Berichterstatter Rainer Arnold der dpa. „Dass die Piloten mit gutem Grund sperrig waren, ist bekannt.“ Die Ausschussvorsitzende Susanne Kastner (SPD) sagte der dpa: „Es sind keine geheimen Daten weitergegeben worden.“ Allgemein gelte aber, dass es nichtöffentliche Bereiche gebe, die auch nichtöffentlich bleiben müssten. „Da müssen sich die IT-Leute des Bundestags den Kopf zerbrechen.“ In einer Sitzung des Verteidigungsausschusses habe der Vorfall am Mittwoch nur eine kleine Rolle gespielt.

"Das Bedürfnis nach Transparenz steigt immer mehr"

Auf fraglichen Dokumenten ist immer noch ein „Geheim“-Aufdruck zu lesen. Nouripour sagte: „Weil das Verteidigungsministerium Dinge, die nicht als geheim eingestuft werden müssten, reflexhaft einstuft, braucht es sich nicht um die Aufregung wundern.“

Die locker organisierte Anonymous-Bewegung setzt sich für den freien Datenfluss, Redefreiheit und gegen Zensur ein. Unter dem Decknamen starteten Aktivisten schon zahlreiche Angriffe auf Banken, Kreditaktenfirmen, Behörden. Der netzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Konstantin von Notz, sagte der dpa: „Das Bedürfnis nach Transparenz steigt immer mehr.“ Er forderte unter anderem, die Suche nach solchen Dokumenten im Internet müsse insgesamt leichter werden - und als geheim eingestufte Akten sollten nach einer 20-Jahres-Frist einsehbar werden.