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Porträt: Lothar König ist ein Ur-Dobler – und glücklich damit

Er sei ein Autochthone, sagt Lothar König, wird er nach Dobel gefragt. Nein, das ist keine historische Bezeichnung für den Höhenort – der Duden übersetzt mit "Ureinwohner" oder "Alteingesessener".

Dobel. König kommt aus einer alten Dobler Familie und ist auf der Sonneninsel aufgewachsen. "Für mich gibt’s nichts Schöneres", spricht er eine Liebeserklärung aus, "denn hier bin ich daheim".

Ein Zugezogener werde hingegen auch nach Jahrzehnten "…eigentlich nie vollständig ein echter Dobler", grinst der 74-Jährige. Was Widerspruch hervorrufen mag. Aber König ist Widerspruch gewohnt. Er ist ein Mann der klaren, auch manchmal rauen Worte. Er kann austeilen und einstecken. "Das hab ich in neun Jahren als Fraktionsmitglied und parlamentarischer Geschäftsführer der Republikaner im Landtag gelernt. Und in mittlerweile über 47 Jahren Gemeinderatsarbeit in Dobel."

"Schon wenige Monate nach meiner Geburt im September 1944 habe ich meinen Beitrag für Dobel geleistet", scherzt der studierte Grund- und Hauptschullehrer, "als beim Einmarsch der Franzosen meine Windeln als weiße Fahnen zum Zeichen der Kapitulation aus dem Fenster gehängt wurden." Er hat ein rasant sich veränderndes Dobel erlebt. Als Kind und Jugendlicher ein bäuerliches Dorf, in dem am elterlichen Haus in der Wildbader Straße wie vielerorts Landwirtschaft betrieben wurde. Drei Säue und Kühe wurden gehalten, er und sein Bruder mussten beim Heuen helfen. Aber auch ein Dobel, welches Kindern Freiraum bot: "Wir brauchten keinen Spielplatz. Wir sind am Volzemer Stein geklettert, haben im Eyachtal geräubert. Winters sind wir Ski und Schlitten gefahren."

Die Größe des Ortes habe sich massiv verändert, erklärt König. Unter den Einheimischen habe früher jeder jeden gekannt. Dann kamen Neubaugebiete, Hochhäuser dort, wo zuvor der Kickplatz war. Aber auch die Blütezeit des Tourismus. "In den 1970er-Jahren hatte fast jede Familie Fremdenzimmer. Auch meine Eltern. Es gab die großen Hotels. Dann das Parkhallenbad. Die Busse ankommender Kurgäste wurden samstags begrüßt. Wir haben Heimatabende für die Touristen veranstaltet." Dann erlebte er den langsamen Niedergang des Kur- und Tourismusbetriebes mit.

König war und ist "ein Vereinsmeier", vielfach vernetzt: Er war Vorstandsmitglied im kurzzeitig existierenden Schützenverein, Mitglied der Feuerwehr, war mehrere Jahre Sportfreunde-Vorsitzender – und weil "die Sportfreunde im Gemeinderat sonst keine Stimme gehabt hätten", ab 1971 Gemeinderat. Davon 16 Jahre erster Bürgermeister-Stellvertreter.

In den 1980er-Jahren bezog König sein Haus in der Höhenstraße, bei dem es ihm die Lage mit Weitsicht sogleich angetan hatte. Um die Investition als Lehrer und Familienvater zu stemmen, handelte er so pragmatisch wie unkonventionell: "Ich hab einen Kiosk im Eyachtal aufgemacht. In guter Absprache mit der Eyachmühle. Ich hab Vesper und kalte Getränke verkauft, vor allem am Wochenende – da war was los!" Im Übrigen fanden auch die Ruhetage stets in Absprache mit jenen des Restaurants nebenan nie taggleich statt.

Heute genießt König die Sonne und Ruhe auf seiner Nord-Süd-Panoramaterrasse. Sein Lieblingsplatz – wenn er nicht gerade mit dem E-Bike die Radwege vor der Haustüre Richtung Teufelsmühle oder ins Eyachtal nutzt, mit der Ritterschaft Bruchsal, die seit einigen Jahren erfolgreich das Dobler Spectaculum organisiert, als Mitglied auf Burg Satzvey weilt – "jemand muss ja guten Kontakt halten!" – oder mit dem Gemeinderat zum Besuch der Partnergemeinde nach Ungarn fährt. Lebensgefährtin Ulrike Weinhold hat die Sonnenterrasse für alle Fälle geschmackvoll mit Pflanzen dekoriert. König lernte die Büroleiterin 1992 während seiner Landtagszeit kennen, seit 2000 wohnt sie mit in Dobel – eine gut integrierte "Reigschmeckte"! Der Blick von der Panoramaterrasse Richtung Norden geht weit in die Rheinebene.

Wie vom wenige 100 Meter entfernten Wasserturm. "Er ist unsere Attraktion. Heute braucht ja jeder sein ›Highlight‹" – schon der englische Ausdruck missfällt dem Ur-Dobler – "aber mit dem Wasserturm könnten wir echt was machen. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal – dieser Blick! – Naja, jetzt auch auf die Windräder... das ist natürlich eine Katastrophe." Und dann erzählt König von seiner Idee mit dem Drehrestaurant in der Turmkanzel, weil er von einem solchen drehenden Restaurant sowieso ganz fasziniert ist. Dass er schon vor einigen Jahren, nämlich nachdem die Gemeinde den Turm erworben hatte, Pläne dazu von einem Architekten hat machen lassen. "Wir müssen wieder was wagen!" fordert der langjährige Gemeinderat. "Ich würde mir zum Beispiel wünschen, dass das nächste Gemeinderatsgremium die Weitsicht hat, das Funk-Areal nicht mit Einfamilienhäusern zuzubauen" – mit Blick auf die Gemeinderatswahl 2019. Und noch etwas wünscht sich König für seine wie für andere kleine Gemeinden: dass der Ortskern erhalten, nachverdichtet und saniert wird. "Statt irgendwelcher Neubaugebiete", sagt König. Auch wenn nicht jeder – auch nicht in Dobel – seiner Meinung ist. "Mer muss net mit jedem kuscheln", grinst der streitbare Un-Ruheständler. Und: "Mir Dobler, mir verstehen uns schon – sogar wenn mer nuscheln!"