Angela Kazmaier und Uwe Lässig sind stolz auf die maßgeschneiderte Ausrüstung ihres neuen UNA-Intensivrettungswagens. Foto: Gegenheimer

Ehrenamtliche Helfer sind stets gesucht. Auch außergewöhnliche Einsätze rund um den Nordschwarzwald.

Dobel - Wenn ein Tier in Not ist, ist wie bei Menschen oft jede Minute wichtig. Dafür gibt es die Tiernotrettung UNA. Jetzt bekommen die Helfer ein neues Fahrzeug, mit dem noch schneller und gezielter geholfen werden kann. Doch das Einsatzgebiet ist riesig.

Diese Woche wird ein nagelneues Fahrzeug des bundesweit agierenden Tierrettungsdienstes UNA Union für das Leben in Dienst gestellt. Seinen Stammsitz hat der gemeinnützige Verein nach wie vor in Dobel, in unmittelbarer Nachbarschaft Bad Herrenalbs, wo er vor 13 Jahren gegründet wurde.

Uwe Lässig ist Vereinsvorsitzender, Rettungsdienstleiter, mittlerweile Berufstierretter und zugleich Gründungsmitglied. Er hat das Wachsen des Vereins unmittelbar miterlebt. Von Freiburg bis Schleswig-Holstein, von Hessen bis Hamburg gibt es mittlerweile Stützpunkte, Landes- und Ortsgruppen. Die UNA besitzt die einzige zentrale Leitstelle für Tiernotrettung bundesweit, der auch andere Tierhilfsorganisationen angeschlossen sind für jene Regionen, in denen die UNA nicht selbst agiert. In dieser Leitstelle hat der Disponent bei jedem Anruf den Überblick über zur Verfügung stehende Fahrzeuge mit Standorten, Ausstattung und Zubehör sowie Ausbildungsstand der Einsatzkräfte.

Jetzt hat Lässig das neue Fahrzeug nach Dobel gebracht. Hier am Stammsitz sowie von Karlsruhe, Rastatt und dem Nordschwarzwald bis in die Südpfalz soll der Intensivrettungswagen bei akuten Notfällen eingesetzt werden.

Der VW LT Hochdach wird vor Ort abschließend bestückt und besitzt eine maßgeschneiderte Ausrüstung, in der die ganze Erfahrung der Tiernotretter steckt: ein Beatmungs- und Absauggerät, Anschluss für ein klinisches Narkosegerät, Thermoscanner, Spezialkühldecken für überhitzte Tiere, Infusionen und Medikamente, aber auch eine Teleskopleiter und ein Nachtsichtgerät. "Um die 70 000 Euro kostet das Fahrzeug", erklärt der 63-Jährige, "als Verein sind wir hier auf Spenden angewiesen."

So gab es beispielsweise 500 Euro von einer Privatspenderin aus Bad Herrenalb, aber auch Großspenden aus dem Ausland, wo die UNA ebenfalls vernetzt ist. Zwar zahlen Tierhalter für Notrettungen und Tiertransporte an den Verein – rund 70 Prozent der Einsätze sind Hausnotfälle -, bei Tieren ohne Halter übernimmt meist die zuständige Kommune, aber diese Beträge decken nicht viel mehr als die Einsatzkosten.

Vieles war und ist bei der UNA ehrenamtliche Arbeit. So auch der gesamte Bereich Schulungen und Ausbildung, den Angela Kazmaier seit mehr als zehn Jahren abdeckt. Von Erste-Hilfe-Kursen über Ausbildungen zum Tiernothelfer bis zum Tierrettungssanitäter gibt es für Interessierte ein mehrstufiges Angebot, je nachdem wie tief jemand in die Tiernotrettung einsteigen möchte.

Sonderschulungen

Selbst Sonderschulungen gibt es, wie Höhenrettung oder die Rettung spezieller Tierarten – Beispiel Giftschlangen. Ehrenamtliche Helfer werden immer gesucht. Aktuell gerade für den Enzkreis, wo zwei Helfer aufhörten. "Wer ehrenamtlich mitmachen möchte", so Kazmaier, "sollte neben der Tierliebe vor allem Zuverlässigkeit und auch Pragmatismus mitbringen.

Wir kümmern uns um verletzte Tiere wie das Rote Kreuz um Menschen. Wir können nicht alle Tiere retten, selbst in Pflege nehmen geht auch nicht." Schulungen, begonnen bei der Grundschulung, werden regelmäßig angeboten. "Bereitschaftsdienst kann von zuhause aus mit dem eigenen Auto gemacht werden", erläutert die 46-Jährige. Kontaktiert werden kann die UNA zum Beispiel via Email veranstaltungen@tierrettungsdienst.eu.

"Gerade jetzt in der Coronazeit ist mehr los als sonst", berichtet Lässig, "die Tierbesitzer meiden den Gang zu Arzt oder Klinik so lange es geht – dann wird es schnell mal ein medizinischer Notfall." Auch Gefahrenabwehr durch Tiere in Zusammenarbeit mit der Polizei nimmt immer wieder Zeit in Anspruch. So wie bei der eineinhalb Meter langen Würgeschlange, die Mitte Juni in Karlsruhe auf einer Baustelle gefunden wurde. Und in einem Karton abgegeben worden war.

"Wir haben sie ganz schnell ›umgetopft‹ in einen sicheren Transportbehälter", erklärt Kazmaier flapsig, was durchaus ernste Hintergründe hat: Eine solche Schlange hat beeindruckende Kräfte und kann, erst einmal aus dem Karton befreit, Menschen richtig gefährlich werden. Die Tiernotretter kennen die Aufnahmestellen für Schlangen – in Baden-Württemberg keine für Reptilien, die kommen in die Pfalz – bis hin zu jenen für Mauersegler, für die es eine spezielle Klinik in Frankfurt gibt.

Wer sich die Arbeit der Tierretter anschauen möchte, kann das sogar im Fernsehen tun: Im Regionalfernsehen wie dem Südwest- und dem Hessischen Rundfunk gibt es bereits Staffeln, der Privatsender "Kabel1" hat auch schon nachgefragt, so Lässig.

"Für uns ist so ein Drehtag allerdings ein ziemlicher zeitlicher Aufwand", sieht Kazmaier ihre "Fernsehkarriere" auch von der nüchternen Seite. Selbstverständlich entscheiden letztlich die Tiernotretter und Betreuten selbst, was von einem kamerabegleiteten Einsatz veröffentlicht werden darf.

Kurioser Einsatz

Neben belastenden Einsätzen wie der Rettung von Tieren aus einer Wohnung mit verstorbenen Personen, gibt es zum Glück auch Einsätze, über die – neben aller Brisanz – im Nachhinein herzlich gelacht werden kann. So wie jüngst bei dem "Minischwein" im Enzkreis, das abgeholt werden sollte. "Unter einem Minischwein verstehe ich so ein niedliches kleines Ding, das man wie einen kleinen Hund in der Wanne badet", so Kazmaier, "aber als wir dort ankamen, handelte es sich um ein hoch aggressives Tier von fast 90 Kilo. Nicht mal zu viert bekamen wir es gebändigt. Also wurde es narkotisiert und im Pferdehänger in die Klinik nach Ulm gebracht."

Weitere Informationen: www.tierrettungsdienst.eu