Am Tübinger Landgericht startete am Freitag der Prozess um den Mord von Dobel im September 2018. Foto: M.Bernklau Foto: Schwarzwälder Bote

Verbrechen: Am Landgericht Tübingen hat der Prozess um den Mord an einem 47-jährigen Iraker in der Nähe von Dobel begonnen

Der Mordprozess vor dem Tübinger Landgericht wurde nach nur kurzer Verhandlungsdauer vertagt. Aber Oberstaatsanwältin Susanne Täschner verlas ihre Anklage gegen zwei Männer, die im vergangenen September einen 47-jährigen irakischen Autohändler aus Baden-Baden zwischen Dobel und Bad Herrenalb zuerst mit einem Elektroschocker betäubt und dann erschossen haben sollen.

Tübingen/Dobel. Die Leiche des Mannes war in der Nacht jenes Montags direkt neben der Landstraße gefunden worden. Denkbare Zusammenhänge mit dem ominösen Verschwinden eines Waffennarren aus Birkenfeld, das die Menschen Nordschwarzwald beunruhigt hatte, waren bald widerlegt. Die Sonderkommission "Tanne" konnte den bei Dobel mit drei Schüssen offenbar regelrecht hingerichteten Mann sehr bald schon identifizieren und schnell auch Entscheidendes ermitteln.

Tatwaffe ist eine alte Schweizer Armeepistole

Sein Wagen, ein Audi A 6 mit seltenem Rechtslenker, fand sich verlassen in Maximiliansau am pfälzischen Rheinufer bei Wörth gegenüber von Karlsruhe. Nach Erkundungen im Umfeld des Ermordeten hatten die Fahnder schnell eine Patchwork-Familie aus Karlsruhe im Visier: eine türkische Rechtsanwaltsgehilfin, ihren 23-jährigen Ziehsohn, der aus Mazedonien stammt, und ihren syrisch-stämmigen Lebensgefährten, 49 Jahre alt.

Bei Vernehmungen erhärtete sich der Verdacht einer Beteiligung an dem Mord gegen die beiden Männer.

Es war wohl der Jüngere, der im Verhör allmählich Angaben machte. Die Tatwaffe, eine als Schweizer Armeepistole gebräuchliche alte Luger "Parabellum", Kaliber 7.65, konnte nach dessen Hinweisen im Rhein geborgen werden.

Und auch ein Motiv für die Bluttat zeichnete sich bald ab. Der erschossene Iraker hatte wohl mit einer Betrugsanzeige gedroht. Die Frau, die im Prozess wegen gemeinschaftlichen Mordes nur als Zeugin geladen ist, soll von verschiedenen Auftraggebern insgesamt rund 170 000 Euro mit der Behauptung erschlichen haben, sie könne als Anwältin in den laufenden Asyl- oder Abschiebungsverfahren kompetent helfen. Die Ziehmutter des jüngeren Angeklagten war aber, so ein Karlsruher Jurist, unter den Profis nur als eine "ganz hervorragende Anwaltsgehilfin bekannt". Laut Anklage soll sie "in keinem einzigen Fall" tatsächlich Leistungen erbracht haben.

Das nächtliche Verbrechen mitten im Forst des Nordschwarzwalds soll sich nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft so abgespielt haben, dass sich die drei Männer an einem nahen Parkplatz für vorgebliche Verhandlungen trafen. Mit fünf Millionen Volt von einem Elektroschocker aus der legalen Grauzone soll der irakische Autohändler noch in seinem Audi wehrlos gemacht und vielleicht sogar betäubt worden sein.

Drei Schüsse aus der alten "Parabellum" trafen ihn dann außerhalb des Fahrzeugs in den Hals bis zum Brustkorb, hinter dem linken Ohr und – aus nächster Nähe – im Hinterkopf. Auch wenn ein vorbeikommender Autofahrer, der den Mann wohl schon wenig später am Straßenrand fand, per Notruf einen Schwerverletzten meldete, müssen die Schüsse laut Obduktion sofort tödlich gewesen sein.

Die Anklage geht von Heimtücke gegen ein wehrlos gemachtes und zudem argloses Opfer aus, sieht aber auch die Verdeckung einer Straftat und den gemeinsamen Plan als Merkmale für einen Mord.

Beide Angeklagten wollen laut ihren Verteidigern Aussagen zur Person und zur Sache machen. Da aber die psychiatrische Gutachterin bei der Prozesseröffnung nicht zugegen sein konnte, wie es nach der Strafprozessordnung nötig ist, wurden diese Angaben auf den nächsten Verhandlungstermin am 3. Mai verlegt.