Bernhard Brenneis, stehend in dunkelgrüner Jacke, informierte beim Sportfreunde-Forum ausführlich zum Thema "Wolf". Foto: Gegenheimer Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Wildtierbeauftragter informiert über "Wolf im Nordschwarzwald – Bereicherung oder Bedrohung für Tier und Mensch?"

Der Wolf ist sesshaft geworden im Nordschwarzwald. Er wird bleiben und sich vermehren. Dieser festen Überzeugung ist Bernhard Brenneis, der von Karl-Heinz Ruff für das Sportfreunde-Forum in Dobel zum Thema "Wolf im Nordschwarzwald" gewonnen werden konnte.

Dobel. Mit dem seit 30 Jahren aktiven Revierförster von Dobel-Eschbach und Wildtierbeauftragten des Enzkreises konnte Ruff damit einen Dobler Bürger und zugleich einen gefragten Fachmann zu einem sensiblen Thema ankündigen. Dass die Zuhörerzahl bei 20 blieb – neben drei Wolfsinteressierten aus Bruchhausen fast ausschließlich Dobler – war sicher dem Wetter geschuldet, bei dem man "nicht einmal einen Wolf aus dem Haus jagen würde".

Alle Beteiligten an einen Tisch

Nahezu zwei Stunden lang gab Brenneis Wissen und Fakten zum Thema weiter und machte klar: Es gibt nicht die eine, eindeutige Lösung für den Umgang mit dem Wildtier. Das Thema sei komplex. Abschuss helfe nur kurzfristig. Oberstes Gebot sollte sein, alle Beteiligten von Naturschutzverbänden über Landwirte, Schäfer, Kommunen und Tourismusvereinigungen an einen Tisch und zum sachlichen Austausch zu bringen.

Statt Emotionalisierung und Polarisierung sei verbale Abrüstung gefragt. Problem: Der Wolf ist seit 150 Jahren hierzulande ausgerottet, wir müssen den Umgang mit ihm neu lernen, und er ist mittlerweile streng geschützt. Er ist in Baden-Württemberg nicht im Jagdrecht aufgenommen, sondern unterliegt dem Naturschutz. Abschuss – Entnahme, wie das vornehm im Fachjargon ausgedrückt wird – erfordert eine naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung. Auch die Politik, Umweltministerium zum einen und Landwirtschaftsministerium zum anderen, seien sich hier nicht immer einig.

Zunächst ging Brenneis auf die Historie der vergangenen 20 Jahre ein. Weil nicht mehr bejagt – wie beispielsweise noch in den 1980er-Jahren in der DDR – sowie durch strenge Schutzmaßnahmen hat sich der Wolf rund um Mitteleuropa vermehrt. Der Nachwuchs wandert nun quasi von allen Seiten auch nach Deutschland ein. Waldregionen bevorzugt er, aber nicht explizit.

"GW852m", der Wolfsrüde, der vergangenen Sommer in Bad Wildbad-Nonnenmiß Schafe riss und damit im Mai die Förderkulisse Wolfsprävention in Gang setzte (finanzielle Unterstützung für Nutztierhalter), wanderte aus Niedersachsen ein, ein im östlichen Enzkreis aufgetretenes Tier kommt aus Italien. Da Wölfe große Strecken bewältigen und weiträumige Reviere besetzen, so Brenneis, sei kleinteiliges Wolfsmanagement wenig zielführend. Es sollte mindestens national, am besten europaweit erfolgen.

Zunächst führte der Wildtierbeauftragte vor Augen, dass die Zahl der belegten Wolfssichtungen (SCALP-Kriterien Kategorie C1) in der Region gering sei. Auch der Schaden, den Wölfe anrichten – in erster Linie sind Rehe (mehr als 50 Prozent) sowie Schwarz- und Rotwild hier Beutetiere, und die gibt es reichlich – halte sich in Grenzen. Viel mehr Rehe werden jährlich überfahren als vom Wolf gerissen. Doch als Nahrungsopportunist dürfe die Anpassungsfähigkeit des Wolfes nicht kleingeredet werden. Dem langjährigen Förster ist es gerade im Nordschwarzwald ein Anliegen, die äußerst wichtige Funktion der Weidetierhaltung klar zu machen. Die schwierige Topografie mit Grenzertragsböden und Steilhängen sei im Sinne des Erhalts der Artenvielfalt nur durch Beweidung durch Schafe und Ziegen vor dem Verbuschen zu bewahren. Offenhaltung der Kulturlandschaft durch Beweidung und demgegenüber der Wolf, der die Herden bedroht: Ein echtes Dilemma, gab Brenneis zu. Wer den Wolf wolle, müsse die Lasten gerecht verteilen. Schäfer und Ziegenhalter müssten auch weiterhin finanziell unterstützt werden.

Aktuell ist in der Region eine Entschädigung zu Tode gekommener Tiere nur bis Mai 2019 vorgesehen. Dann müssten alle Maßnahmen zur Sicherung getroffen sein – unbezahlte Zusatzarbeit inklusive. Topografisch fast unmöglich sind wolfssicher einzäunbare Weiden; ein Wolf, der über Zäune springt; Blutrausch des Wolfs innerhalb des Weidezaunes – es gibt viele Unsicherheitspunkte. Selbst Herdenschutzhunde seien in relativ dicht besiedelten Region nur bedingt geeignet. Außerdem: Wie viele Wölfe verträgt der Nordschwarzwald überhaupt?

Ausführliche Information

Für den Menschen sieht Brenneis aktuell keine Gefahr: Wölfe mieden Menschen, Gefahr bestehe höchstens bei Anfütterung, vor der er warnte, bei Sich-in-die-Enge-gedrängt-fühlen und bei Tollwut, die es hierzulande seit rund zehn Jahren nicht mehr gebe. Die Tatsache, dass der Wolf sich weitervermehre, erfordere aber unbedingt klar formulierte Konsequenzen, die für alle Beteiligten gemeinsam tragbar seien. Welche dies sein könnten, müsse baldmöglich ausgehandelt werden. Management könne nicht nur Monitoring, sondern müsse auch Eingreifen bedeuten.

Brenneis‘ ausführliche Information sorgte dafür, dass tatsächlich im Anschluss nur noch wenige und sachliche Fragen gestellt wurden. Nein, für Spaziergänger im Wald sehe er keine Gefahr. Bei Hunden, die selbst jagten, möglicherweise künftig schon. Denn sie seien Nahrungskonkurrenten des Wolfs. Im Übrigen sei aktuell das Wildschwein der deutlich größere Problemkandidat – nämlich wegen der drohenden Afrikanischen Schweinepest.