Am 23. Februar 1945 wurde bei einem Luftangriff die gesamte Pforzheimer Innenstadt zerstört. Etwa 18 .000 Menschen kamen dabei ums Leben. Foto: Archiv

Ende des Zweiten Weltkrieges im Alb- und Oberen Enztal / Etliche Ereignisse während der Besetzung

Albtal/Oberes Enztal. Der Heimatforscher Otto Großmann hat einen Bericht über das Ende des Zweiten Weltkrieges im Alb- und Oberen Enztal verfasst.

Großmann beschäftigt sich intensiv mit der Geschichte von Höfen und der Region. Wie der promovierte Jurist zur Heimatgeschichte gekommen ist, liegt ein paar Jahrzehnte zurück. Im April 1970 erschien im "Enztäler" ein Aufruf: 25 Jahre nach Kriegsende bat die Heimatzeitung die Leser, ihre Erlebnisse beim Einmarsch der französischen Truppen im Enztal im Jahre 1945 zu schildern. So schrieb Otto Großmann seinen ersten Beitrag zur Heimatgeschichte.

Bedingt durch das Vordringen eines Teils der alliierten Streitkräfte – nach geglückter Landung in der Normandie/Frankreich am 6. Juni 1944, bis zum Elsaß beziehungsweise Reichsgrenze/Trier, Herbst 1944 – hatte die Bevölkerung im nördlichen Schwarzwald sehr unter Tieffliegerangriffen, französische "Jabos", zu leiden. Auf der Enztalstrecke wurden Personenzüge angegriffen, die Werke der Firmen Kraúth & Co und Lemppenau & Cie/Höfen bombardiert.

Im März 1945 war in den beiden Tälern und den Höhenorten Kanonendonner zu hören. Der im Herbst 1944 aufgestellte Volkssturm wurde alarmiert, weitere Stellungen ausgehoben, unter anderem im Eyachtal und an der B 294. Allerdings nahm die Führung der 19. Deutschen Armee, die den Nordschwarzwald zu verteidigen hatte, an, dass die französischen Verbände, die zusammen mit den Amerikanern etwa Ende März 1945 den Rhein bei Mannheim überquert hatten, zuerst Stuttgart einnehmen wollten.

Das 64. Korps der 19. Armee, welches für die Verteidigung des Nordschwarzwaldes verantwortlich war, verlegte erst dann seinen Korpsgefechtsstand nach Enzklösterle, nachdem durch Gefangenenaussagen bekannt geworden war, dass zuerst der vorgenannte Raum erobert werden sollte.

Von der Autobahn Langensteinbach-Pforzheim ausgehend stießen Verbände des II. französischen Korps Richtung Schwann-Wilhelmshöhe-Neuenbürg sowie Holzbachtal-Neusatz-Dobel-Herrenalb vor. Von Dobel aus ins Eyachtal, nach Kaltenbronn,von wo aus Wildbad und Enzklösterle eingenommen wurde. In Höfen drangen am frühen Morgen des 14. April französische Alpenjäger vom Eiberg aus ein. Später folgte ein motorisierter Verband von der Eyachbrücke her, welcher am Nachmittag Calmbach eingenommen hatte.

Diese Einheit machte sich später auf den Weg, um über Langenbrand-Schömberg-Igelsloch die Enz-Nagoldplatte von deutschen Verbänden zu säubern.

Hier Ereignisse in einzelnen Ortschaften während der Besetzung: Bad Herrenalb: Die Herrenalber wurden von den Franzosen beschuldigt, zum Teil der von den Nazis im September 1944 ebenfalls gegründeten "Werwolforganisation" anzugehören, da bei einem Feldhüter im Gaistal ein Jagdgewehr gefunden wurde. Es erfolgten 65 Verhaftungen, alte Männer und Jugendliche, die bis Anfang 1946 in Haft waren (Einmarsch 10. April 1945).

Dobel, ebenfalls 10. April 1945: Eine 27-jährige Frau wurde standrechtlich erschossen, weil sie einer Anruferin die Auskunft geben hatte, "vor einer Viertelstunde sind Panzer eingetroffen". Ein deutsch sprechender Franzose hatte dies gehört. Sofort wurde die 27-jährige standrechtlich erschossen, da die Besetzer einen Feuerüberfall der deutschen Truppen erwarteten.

Höfen: Wie auch in den vorgenannten Orten waren Plünderungen, vor allem von Federvieh, und Vergewaltigungen seitens der nordafrikanischen Verbände zu verzeichnen. Ein junger Mann, welcher mithelfen musste, die gesprengte Eyachbrücke schnell wieder provisorisch instand zu setzen, wurde ebenfalls erschossen, da bei ihm eine Eierhandgranate entdeckt wurde. Am 14. April 1945, Tag des Einmarsches, "schellte" der Gemeindediener Gustav Genthner nachmittags aus: "Höfen ist von französischen Truppen besetzt." Auch in Calmbach (Besetzung am gleichen Tag) musste der "Ausscheller" Wilhelm Dürr verkünden, dass Waffen, Munition, Foto- und Radiogeräte an einer Sammelstelle abzugeben seien. Im Rahmen der Rettung seines Viehs aus einem brennenden Stall wurde der Landwirt Christian Bott so schwer angeschossen,dass er am nächsten Tag verstarb.

Bad Wildbad, obwohl zur "Lazarettstadt" erklärt, sollte nach telefonischer Mitteilung des Gauleiters Murr an den Ortskommandanten Stabsarzt Ernst am 13. April 1945 verteidigt werden. Der Letztere sicherte dies zu, dachte aber das Gegenteil. Am 14. April 1945 übergab er die Stadt den Franzosen. Enzklösterle: Beim Einmarsch am 14./15. April 1945 fanden Kämpfe statt. Infolge Beschusses wurde die historische Petersmühle, zwischen dem Hauptort und Gompelscheuer gelegen, zerstört und nicht wieder aufgebaut. Nach einigen Tagen wurde die Försterfamilie im Rohnbachtal ermordet – bis auf den kleinen Sohn, der sich versteckt hatte.