Auch das gehört zu Diversity: Frauen an der Werkbank. Der Girls’ Day ist hier ein viel genutzter Anlass, den künftigen weiblichen Auszubildenden „Männerberufe“ zu zeigen. Foto: © Parilov – stock.adobe.com

Um ihr Image zu stärken, setzen viele Unternehmen auf Frauenquoten oder interne Förderprogramme für Mitarbeitende mit Migrationsgeschichte. Hat sich das geändert?

Zuletzt haben sich viele Konzerne unter dem Druck der amerikanischen Regierung von ihren Diversity-Programmen verabschiedet. Eine WVIB-Umfrage hat nun – auch anlässlich des Deutschen Diversity-Tags am 27. Mai – untersucht, wie Industrie und Mittelstand in Baden-Württemberg mit dem Thema umgehen.

 

Das Ergebnis: Die große Mehrheit der Befragten sieht eine pragmatische Förderung von Vielfalt weiterhin als Chance. Druck aus den USA kommt bei den Unternehmen nicht an.

WVIB-Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Münzer: „Der Schwarzwald ist bunt. Diversity ist längst in der Breite angekommen, heißt nur nicht immer so. Die allermeisten Industrieunternehmen sind beim Thema fortschrittlich eingestellt, auch wenn sie mit modischen Lippenbekenntnissen sparsam sind. Aus diesem Grund haben sie aktuell auch kein Glaubwürdigkeitsproblem. Die amerikanischen Angriffe auf Vielfaltsprogramme sind auch ein Weckruf, weniger gesinnungsethische Imagepflege und mehr pragmatische, wirkungsvolle Programme für mehr Vielfalt umzusetzen.“

Diversity als Chance

Ist Diversity ein lohnender Business Case, der Unternehmen wettbewerbsfähiger macht? Das Ergebnis der Umfrage: 60 Prozent der Befragten sehen Diversity-Programme weiterhin als Chance und Vorteil für das Unternehmen. 35 Prozent bewerten den Nutzen und die Risiken von Diversity-Aktivitäten dagegen eher neutral. Nur fünf Prozent betrachten die Vielfaltsförderung überwiegend als Risiko oder gar als schlecht für das Unternehmen.

Unabhängig vom harten Nutzen werden Diversity-Programme von der Mehrheit der Befragten positiv bewertet: 44 Prozent halten diese nach wie vor für grundsätzlich sinnvoll, 28 Prozent sogar für zwingend notwendig.

Nur zwölf Prozent der Befragten halten entsprechende Maßnahmen für überwiegend unnötig, zwei Prozent sehen sie als „überhaupt nicht notwendig”.

Grundsätzlich sinnvoll

Die Teilnehmenden der Umfrage stehen gesetzlichen Vorschriften wie dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gespalten gegenüber: 25 Prozent sind den Regelungen gegenüber neutral eingestellt, während 44 Prozent sie für grundsätzlich sinnvoll halten. Zehn Prozent halten sie für zwingend notwendig, während zwölf Prozent sie als überwiegend unnötig betrachten.

Unternehmen nennen besonders häufig die Förderung einer offenen Unternehmenskultur, bessere Ergebnisse von vielfältiger Teams und gesteigerte Arbeitgeberattraktivität als konkrete Chancen. Gleichzeitig hält ein großer Teil der Befragten das Reputationsrisiko, durch zu weitgehende Vielfaltsaktivitäten als „zu woke“ wahrgenommen zu werden, für durchaus gegeben. Auch Unbehagen in der Belegschaft sowie ein geringer Nutzen bei hohen Kosten werden als Risiko identifiziert.

Förderung Vielfalt wichtig

In der Umfrage hat der WVIB auch nach der Zustimmung zu einzelnen Aussagen gefragt. Die größte Zustimmung erhielten die Aussagen „Vielfalt ist ein Zeichen von Gerechtigkeit und modernem Führungsstil” und „Die Förderung von Vielfalt ist uns wichtig (...). Allerdings nennen wir es bewusst nicht Diversity.“ Am häufigsten verneint wurden „Gerade jetzt, wo der Populismus auf dem Vormarsch ist, und die Polarisierung zunimmt, sollten Unternehmen sichtbar mehr für die breite Mitte und weniger für Minderheiten tun” und „Wir können uns viele Diversity-Aktivitäten schlichtweg nicht mehr leisten.”

Beliebt ist der Girls’ Day

Als häufigste Maßnahme zur Förderung von Vielfalt wird der Aktionstag Girls’ Day genannt. Aber auch Trainings und Mentoring-Programme, Angebote zur Kinderbetreuung, familienfreundliche Arbeitszeit- und Teilzeitmodelle sowie interne Frauenquoten in bestimmten Bereichen gehören zu den häufig genannten Maßnahmen. Darüber hinaus wird Diversity Unternehmen häufig nicht formal institutionalisiert und wird eher pragmatisch bearbeitet: 89 Prozent der Unternehmen verfolgen keine explizit ausgearbeitete Strategie zur Vielfaltsförderung.

Nur neun Prozent der befragten Unternehmen arbeiten mit fest definierten Diversity-Zielen oder Quoten und KPIs. Der WVIB zieht somit folgendes Fazit: Donald Trumps langer Arm reicht bislang noch nicht bis in den Schwarzwald. Keines der befragten Unternehmen hat direkte Anfragen aus den USA erhalten.

WVIB bietet Plattform

Gregor Preis ist als Community Manager im Cluster Diversity für die Umfrage verantwortlich. Er betont in diesem Zusammenhang: „Diversity wird nicht aus der Arbeitswelt verschwinden – unsere Welt ist vielfältig und es wird immer verschiedene Menschen, Kulturen, Sprachen und Ideen geben. Die USA üben Druck aus, und die Kostendecke ist vielerorts ohnehin angespannt. In diesem Umfeld dürften viele Vielfalt-Programme jetzt neu justiert werden. Im Cluster Diversity bietet die wvib Schwarzwald AG C-Level-Verantwortlichen eine Plattform, um über Nutzen, Chancen, Risiken und nächste Schritte zu debattieren.“