Die die Rewe-Ansiedlung samt Kindergarten obendrauf ist der erste Schritt gemacht. Foto: Rewe

Schadet ein neuer Rewe-Markt in Rottweil am Ortsausgang Richtung Zimmern der Innenstadt? Und ist der Kindergarten, der obendrauf gebaut werden soll, denn überhaupt attraktiv? Im Bauausschuss am Mittwochabend kam man jedenfalls zu dem Schluss: Diese "exotische Kombination" sollte näher betrachtet werden.

Rottweil - Zwischen völliger Ablehnung und begeistertem Zuspruch reichten die Reaktionen der Stadträte für die Idee "Rewe plus Kindergarten" auf dem ehemaligen BayWa-Areal (wir berichteten). Erste Pläne zeigten am Mittwoch ein begrüntes Dach mit drei um eine Spielfläche angeordneten Kindergarten-Gebäuden.

Nach dem Einspruch des GHV-Vorsitzenden und Culinara-Betreibers Detlev Maier im Gespräch mit unserer Zeitung, der einen deutlichen Kaufkraftverlust für die Innenstadt befürchtet, warb Oberbürgermeister Ralf Broß in der Sitzung dafür, nicht "auf Grundlage von Hörensagen" zu entscheiden, sondern mit einem Bebauungsplanverfahren nähere Fakten zu eruieren.

Ein Investor, der auf den Bau von Lebensmittelmärkten spezialisiert ist, hat das BayWa-Gelände erworben. "Nur eine Schuhschachtel" habe man an der Stelle aber nicht gewollt, es sollte ein Mehrwert entstehen, so Bürgermeister Christian Ruf. Wohnungen, ein Ärztehaus und mehr sei angedacht worden. Die Lösung mit einem Kindergarten sei ideal – "idealer geht’s nicht", so Ruf mit Blick auf den weiteren Bedarf, gerade im Gebiet Charlottenhöhe und Spitalhöhe.

Wie im Zirkus

Ganz anders sah das Ulrike Stauss (FWV): Sie fühle sich "wie im Zirkus", wo mal eben ein Kindergarten aus dem Hut gezaubert werde. Der Standort sei unglücklich gewählt. Wer "in die Provinz ziehe" – im positiven Sinne – erwarte für den Nachwuchs keinen Kindergarten auf einer Supermarktdecke. Die Fläche sei zu klein, auch die Verkehrsanbindung funktioniere nicht. Und wenn ein CIMA-Gutachten zehn Prozent weniger Frequenz für die Innenstadt voraussage, dann sei das ein weiterer Schlag für den ohnehin gebeutelten Einzelhandel.

Günter Posselt (CDU) meinte, nach sorgfältiger Abwägung könne man den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan fassen, müsse aber eine kritische Sicht beibehalten. Peter Schellenberg (FWV) bezweifelte, ob ein weiterer Kindergarten zwischen dem auf der Charlottenhöhe und dem an der Helios-Klinik Sinn mache. Er sei für "größere Einheiten". Bürgermeister Ruf entgegnete, dass der Kindergarten auf dem Rewe viergruppig werden soll, also durchaus eine gute Größe habe.

Marktgröße knifflig

Die Größe des Marktes darunter ist allerdings noch ein kniffliges Thema, räumte Fachbereichsleiter Lothar Huber ein. Der Investor plane mit 1800 Quadratmetern Verkaufsfläche, man sei aber von 1200 Quadratmetern ausgegangen. Generell gebe es bei dem Projekt engen Abstimmungsbedarf mit dem Regierungspräsidium und dem Regionalverband.

Kindergarten-Bedarf da

Hubert Nowack (Grüne) sieht den drohenden Verlust von Kaufkraft für die Innenstadt nicht wirklich. Auch Elke Reichenbach (SPD+FFR) wandte ein, dass viele aus diesem Wohnbereich jetzt eben nach Zimmern fahren. Zudem seien die Kindergarten-Wartelisten lang. Die Marktgröße müsse hinterfragt werden. Ira Hugger (Grüne) gefallen nicht zuletzt die kurzen Wege, die Markt und Kindergarten bieten. Zudem sei der Einkauf in der Stadt etwas anderes als ein Lebensmitteleinkauf.

Bei allem Verständnis für die Einwände von Detlev Maier zeigte sich Jürgen Mehl (SPD+FFR) "froh, dass sich auf dem Gelände was bewegt". Man könne vielleicht sogar Kaufkraft aus Zimmern zurückgewinnen.

Fünf Millionen Umsatz

Laut Gutachten gibt es in dem Bereich 5000 bis 6000 Menschen zu versorgen. Umsätze würden sich laut Lothar Huber nicht von der ganzen Innenstadt, sondern lediglich vom Culinara und Norma wegverlagern. Huber zitierte aus einem Gutachten, wonach der geschätzte Umsatz für den neuen Rewe bei fünf Millionen Euro liegt, der Gesamtumsatz im Lebensmittelbereich in Rottweil liege bei 65 Millionen, davon entfallen aktuell 22 Millionen Euro auf den Innenstadtbereich.

Bis auf Ulrike Stauss stimmten alle dem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplanverfahren zu. Hubert Nowack sagte voraus: "Mit diesem Schritt ist der Zug aufs Gleis gesetzt. Dann kommt die Planung auch so."