Marion Ziegler-Jung (von links), Sarah Hagmann, Stephan Bek und Alexander Maas referierten auf Einladung der Grünen über Wirtschaftspolitik in der Region. Foto: Thomas Loisl Mink

Die Wirtschaft lahmt, die Politik muss etwas tun. Die Grünen beleuchteten, was auf unterschiedlichen Ebenen bereits läuft und wo es noch hakt.

Konsumrückgang, internationale Konflikte und allgemeine Unsicherheiten belasten die Wirtschaft. Die Arbeitslosigkeit liegt in Baden-Württemberg bei 4,7 Prozent und ist damit um 0,3 Prozent höher als vor einem Jahr, berichtete die Landtagsabgeordnete Sarah Hagmann. „Wirtschaftspolitik findet vor allem auf Bundes- und EU-Ebene statt, aber auch das Land kann etwas tun und tut auch etwas“, sagte sie.

 

Ökologie und die Erhaltung der Lebensgrundlagen in Einklang mit der Wirtschaft zu bringen, stärkt auch die Wirtschaft, betonte sie. Das Land Baden-Württemberg investiert in Forschung und Entwicklung, 36 Milliarden Euro wurden 2023 landesweit dafür aufgewendet, 6,3 Milliarden davon kamen von der Landesregierung. Diese Ausgaben lagen bei 5,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, und damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt (3,2 Prozent) und dem EU-Durchschnitt (2,13 Prozent). Das Land fördert unter anderem die Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI), von Wasserstoff- und Quanten-Technologie und Start-ups.

Zuwanderung von Fachkräften ist notwendig

Notwendig ist die Zuwanderung von Fachkräften, um den Mangel auszugleichen. Das Land hat im April in Stuttgart und Karlsruhe mit insgesamt 70 Stellen speziell dafür eine Einrichtung geschaffen, an die sich Arbeitgeber wenden können, um schnell und gebündelt Informationen und Hilfen zu erhalten.

Alexander Maas, Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Südwest, sagte, er höre nur Positives darüber. Besonders wichtig ist Sarah Hagmann die Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das Land hat eine Kontaktstelle „Frau und Beruf“ geschaffen und die Erzieherinnen-Ausbildung aufgewertet. Das Land fördert den Ausbau klimaneutraler Energien, Wasserstoff und Speichertechnologien, aber auch Mittelstand und Handwerk.

KI könnte bei der Bürokratie helfen

Bürokratieabbau ist ein großes Thema. Sarah Hagmann berichtete, ein Bäcker müsse genau dokumentieren, wie viel Butter er für welche Gebäcke verwendet. Da könne künftig die KI helfen, sagte sie. Stadträtin Sabine Ehrentreich stellt die Frage, ob nicht eher grundsätzlich die Frage zu stellen wäre, ob das überhaupt notwendig sei. Bürokratie, sagte Sarah Hagmann, sei auch der Mentalität geschuldet, vor allem dem Sicherheitsbedürfnis.

Wirtschaftsregion Südwest will Region voranbringen

Die Wirtschaftsregion Südwest, getragen von den Landkreisen Lörrach und Waldshut, will zukunftsweisende Themen und Trends in der Region voranbringen, berichtete Alexander Maas. 79 532 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gibt es im Landkreis Lörrach, ein Viertel davon ist 55 und älter. Rund 10 000 Betriebe gibt es im Landkreis, 86 Prozent davon haben aber weniger als zehn Mitarbeiter. 22 661 Grenzgänger leben im Landkreis Lörrach, die Exportquote ist mit 66 Prozent auf sehr hohem Niveau. Dennoch gibt es viele Herausforderungen, stellte Maas fest. Stagnierendes Wachstum, hohe Energiepreise, Fachkräftemangel und Bürokratie verhindern Investitionen. Klimawandel und Digitalisierung lösen einen Transformationsdruck aus, der ein bisschen verschlafen wurde, sagte Maas.

Innocel-Quartier als Beispiel für Transformation

Statt nur auf Strom zu setzen, sollten Firmen auch über Wasserstoff als Energieform nachdenken, und die aufgrund der Grenzlage raren Gewerbeflächen müssen gesichert werden. „Wir leben in einer tollen Region, das müssen wir mehr herausstellen“, betonte Alexander Maas. Arbeitskräfte sollen hierher kommen, mit „Zukunft Raum Schwarzwald“ werden Co-Working-Räume und attraktive, flexible Arbeitsort für Grenzgänger angeboten. Innovation wird gezielt gefördert.

„Wir brauchen den Glauben daran, dass es Leute gibt, die Innovation wollen und können“, sagte Marion Ziegler-Jung, Wirtschaftsförderin der Stadt Lörrach. Die erfolgreiche Transformation des Innocel-Quartiers mache Mut für den Umbau der Lauffenmühle. Gewerbeflächen zu sichern nannte Marion Ziegler-Jung wichtiger denn je. „Wir brauchen nicht nur Wohnraum, sondern auch Gewerbe, wo die Leute arbeiten können“, sagte sie. Gewerbeflächen zu sichern sei schwierig, weil oft Leute in die Nähe alteingesessener Betriebe ziehen, sich dann aber über Lärm oder Gerüche beschweren, berichtete Marion Ziegler-Jung. Auf Flächen wie KBC oder das Vogelbach-Areal, die privaten Investoren gehören, hat die Stadt keinen Einfluss.

Die Zahl der Grenzgänger ist um die Hälfte gestiegen

Das produzierende Gewerbe ist in Lörrach in den vergangenen 40 Jahren sehr stark zurück gegangen, erst in jüngster Zeit liegt die Zahl der Beschäftigten wieder höher als vor 40 Jahren. Von 21 250 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten pendeln 13 100 nach Lörrach ein. „Auch deswegen ist es als Wirtschaftsförderung ganz wichtig, regional zu denken“, sagte sie. Die Zahl der Grenzgänger, die in Lörrach leben, ist in den vergangenen 20 Jahre um rund 50 Prozent gestiegen auf 5467 im Jahr 2023. Die hohe Inflation, die Deutschland hatte, und die Einführung der Bagatellgrenze ließen jedoch die Umsätze, vor allem durch Kunden aus der Schweiz, schrumpfen.

Wie es mit freiwerdenden Flächen weitergeht

Auf die freiwerdenden Areale von Kreiskrankenhaus und „Eli“ angesprochen, antwortete Stadträtin Margarete Kurfess, das Krankenhaus werde zunächst für die Stadtverwaltung benötigt, solange das Rathaus saniert wird. Das „Eli“-Areal wurde bereits an einen Investor verkauft, der dort wohl Wohnungen bauen möchte.