Zahlreiche Zuhörer waren gekommen, um an der Podiumsdiskussion zum Thema "Reporter in Gefahr" im kleinen Saal der Stadthalle teilzunehmen. Foto: Stotz

"Reporter in Gefahr", lautete das Thema einer Podiumsdiskussion im Rahmen der World-Press-Photo-Ausstellung in der Balinger Stadthalle am Mittwochabend. Zu Wort kamen dabei unter der Moderation von Thomas Jones der Fotojournalist Julian Rettig, die Journalistin Christine Bilger von der Stuttgarter Zeitung und Kommissar Jürgen Renz von der Hochschule für Polizei.

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Balingen - Hintergrund des Themas: Häufig werden Medienschaffende bei Demonstrationen sogenannter "Querdenker" angegangen und fühlen sich nicht genügend geschützt. Dass dieses Thema offenbar auf den Nägeln brennt, zeigte der große Zuspruch, den diese Veranstaltung fand.

Die Berichterstattung durch Medienschaffende ist ebenso wie die Versammlungsfreiheit ein grundrechtlich verbrieftes Recht der Demokratie. Immer häufiger jedoch werden Journalisten aufgrund ihrer Arbeit bei Demonstrationen verbal und körperlich angegriffen.

Julian Rettig fotografiert oft auf solchen Demonstrationen und hat dort schon einiges erlebt. Einschüchtern lassen will er sich nicht. Trotzdem sei er jedes Mal froh, wenn er seinen Einsatz unbeschadet beendet habe. Er versuche, im Voraus sich selbst so gut wie möglich zu schützen. Ein Teil der Demonstranten werde sich weiter radikalisieren und extremer werden, so seine Einschätzung.

Aggressives Verhalten

Auch seine Nebensitzerin auf dem Podium, Christine Bilger vom Deutschen Journalistenverband, stellt zunehmend aggressives Verhalten von Demonstrationsteilnehmern fest. Häufig ist sie als Polizeireporterin der Stuttgarter Zeitung bei Demonstrationen dabei. Sie habe sich angewöhnt, ihre Aufzeichnungen nicht mehr klassisch mit dem Notizblock zu machen, und sei schon einige Male froh gewesen, dass ihr Elektrofahrrad einen Turbogang habe.

Manchmal sei es gut, schnell flüchten zu können, berichtete sie. Von Kollegen wisse sie, sagte Bilger weiter, dass ihnen der Mund-Nasenschutz gewaltsam weggenommen wurde und sie geschlagen wurden. Der SWR beispielsweise gehe seit einiger Zeit nur noch mit einem eigenen Security-Team zum Fotografieren.

Bilger betonte jedoch, dass auch die Polizei das Problem erkannt habe und es immer häufiger sogenannte Sicherheitspunkte gebe, innerhalb derer Journalisten in Notlagen Schutz finden können. Dann aber ergebe sich oft das Problem, dass beispielsweise einige Demonstranten selbstgebastelte Presseausweise vorwiesen. "Je größer dieser ist, desto mehr Fake steckt dahinter", sagt sie.

Jürgen Renz hat als polizeilicher Beobachter schon viele Kundgebungen und Demonstrationen begleitet. Sein Wissen und seine Erfahrungen gibt er an der Hochschule für Baden-Württemberg weiter.

Seiner Ansicht nach gilt es, bei der Ausbildung junger Polizeibeamter mehr Wissen darüber zu vermitteln, was Medien angeht. Für Herbst, wenn wieder ein neuer Jahrgang zu Kommissarinnen und Kommissaren ausgebildet wird, versprach er: "Ich werde persönlich für mehr Medienkompetenz bei unseren Studierenden sorgen."

Freiheit der Berichterstattung

Dabei gehe es auch um Fragen wie: Was ist eine verlässliche Informationsquelle? Wie kann man kritisch hinterfragen, woher eine Information stammt? Die "Generation Klick" sei häufig zwar schnell mit ihrer Beurteilung von Informationen, prüfe diese jedoch selten genau genug. Innerhalb der "Querdenken"-Bewegung habe sich vermutlich auch deshalb eine Gruppe herausgebildet, die schwierig und einfach gegen alles sei.

Ebenso sagte Renz, dass die Zusammenarbeit zwischen Medienschaffenden und der Polizei in Tumulten schwierig bleibe. Denn zu schützen gelte es gleichzeitig das Versammlungsrecht und die Demonstrationsfreiheit sowie die Freiheit der Berichterstattung.