Eine Legalisierung von Cannabis steht zur Debatte – Lahrer Einrichtungen befürworten das überwiegend. Foto: Ugarte (Symbolbild)

Eine mögliche Legalisierung von Cannabis wird von vielen gefordert, von einigen aber auch kritisch gesehen. Geht es nach Lahrer Einrichtungen, ist ein freier Verkauf zu Genusszwecken wünschenswert, wenn auch unter strengen Auflagen.

Lahr - Der Besitz und der nicht-medizinische Verkauf von Cannabis ist illegal. Dies zu ändern, ist Ziel der Bundesregierung. Die Pläne sind zuletzt immer konkreter geworden: Zur Diskussion steht ein Verkauf unter strengen Auflagen. Unsere Redaktion hat Lahrer Einrichtungen nach ihrer Haltung gefragt.

Drogenhilfe

"Ich befürworte eine Entkriminalisierung. Das würde den Schwarzmarkthandel zurückdrängen und Strafverfahren verhindern", erklärt der Leiter der Drogenhilfe Lahr, Hermann Gilsbach. Grundsätzlich müssten jedoch "die Eckpunkte konkreter werden", allen voran beim Jugendschutz.

Gilsbach fordert eine verstärkte Aufklärung und verstärkte Präventionsprogramme in Bezug auf die Suchtgefahr. Außerdem solle das Rauschmittel nur in lizenzierten Fachgeschäften, zum Beispiel Apotheken, verkauft werden. Gilsbach ist sich sicher: "Cannabis kann zu Genusszwecken konsumiert werden", warnt aber auch davor, dass ähnlich wie bei Alkohol ein Gewöhnungseffekt eintreten kann.

Die Gesellschaft müsse bei einer Legalisierung den richtigen Umgang mit Cannabis finden, damit es beim Genuss bleibt und keine Abhängigkeiten entstehen. Die Zahl der Suchtkranken werde wohl nicht sinken. Im Jahr 2021 ließen sich nach Angaben der Drogenhilfe 28 Prozent der 571 Klienten, also 160 Menschen, wegen einer Cannabis-Sucht beraten. "Wir werden nicht weniger Arbeit haben", prognostiziert Gilsbach.

Apotheke

Caroline Brenner von der Apotheke am Storchenturm findet es "richtig, dass Cannabis unter Auflagen legalisiert wird". Diese Auflagen sollen unter anderem sein, dass der Verkauf über Apotheken organisiert wird und dass die Packungsgrößen begrenzt werden – ähnlich wie bei Schmerzmitteln. "Auch bei Zigaretten und Alkohol gibt es ein Suchtpotenzial", sagt Brenner.

Ein Verkauf in Apotheken sei deshalb sinnvoll, da es dort die entsprechende Expertise gebe. Nach dem Betäubungsmittelgesetz können an schwerkranke Menschen Cannabis-Blüten verkauft werden, die diese dann verdampft einnehmen. Auch Cannabis-Tropfen werden medizinisch eingesetzt. Brenner spricht sich zudem dafür aus, die Apotheken vor einer möglichen Legalisierung explizit zu schulen.

Stadt

Im Lahrer Rathaus will man die gesetzliche Regelung noch abwarten. "Die Stadt Lahr hat sich ordnungsrechtlich noch nicht intensiver mit dem Thema befasst, da gegenwärtig unklar ist, ob, wann und wie die Legalisierung von Cannabis konkret umgesetzt wird", teilt Stadtsprecher Nicolas Scherger mit.

Ebenfalls wolle man abwarten, welche Auflagen gegebenenfalls für die Ansiedlung und den Betrieb von "Coffee-Shops", wie man sie aus den Niederlanden kennt, gelten. Dort können erwachsene Kunden bis zu fünf Gramm Cannabis kaufen oder sich auf einer Menü-Karte präparierte "Joints" oder Gebäcke holen. Sollte es zur Legalisierung kommen, geht die Stadt davon aus, dass die Möglichkeit zur Ansiedlung von Coffee-Shops besteht. "Eventuell erhalten die Kommunen aber auch die Möglichkeit, die Zulässigkeit zu steuern", so Scherger.

Die politische Ausrichtung sei dann vom Gemeinderat festzulegen. "Wenn die gesetzlichen Vorgaben klar sind, wird die Stadtverwaltung das Thema in das Gremium einbringen", so Scherger.

Amt für soziale und psychologische Dienste

Aus dem Landratsamt heißt es, dass das "geplante Vorgehen, eine Einführung einer Cannabis-Legalisierung so zu gestalten, dass die Vorteile einer Legalisierung zu Genusszwecken die Nachteile deutlich überwiegen", grundsätzlich zu begrüßen ist.

Es gebe jedoch keineswegs einen "gesunden Konsum", sondern lediglich einen "risikoarmen Konsum" – vergleichbar mit Alkohol. "Jede psychoaktiv wirkende Substanz wird vom Körper beziehungsweise den Organen abgebaut", so das Amt, das die Ortenauer Suchtberatungsstellen betreut. Grundsätzlich spielten stets die Häufigkeit, die Menge und die Art des Konsums, die psychische Verfassung sowie die Reinheit des Stoffs eine Rolle.  

Krankenkasse

Es gibt jedoch nicht nur Fürsprecher. Die AOK Südlicher Oberrhein sieht eine Legalisierung kritisch. "Neben einer entspannenden und stimmungsaufhellenden Wirkung können sich auch unangenehme Auswirkungen bemerkbar machen, wie Unruhe, niedergedrückte Stimmung aber auch Angststörungen und Depressivität", so die Krankenkasse, die sich auf medizinische Expertise beruft.

Cannabis berge zudem ein erhöhtes Risiko für die Atmung und das Herz und Gefäßsystem betreffende Symptome bis hin zum Kreislaufkollaps. Auch werden vermehrt Halluzinationen, Schizophrenie und psychotische Episoden bei chronischen Konsumenten beobachtet, so die AOK. 2021 mussten 534 Versicherte in der Ortenau nach Cannabis-Missbrauch ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Die steigenden Zahlen seien alarmierend, denn 2017 waren es noch 363 Versicherte. Betroffen seien laut AOK mit einem Anteil von rund 75 Prozent vor allem Männer.

Polizei

Das Polizeipräsidium Offenburg wollte auf Nachfrage unserer Redaktion keine Auskunft geben, wie eine mögliche Legalisierung die tägliche Arbeit eines Polizisten beeinflusst. Die Pressestelle ließ verlauten, dass man keine Stellungnahme abgeben möchte, bevor es eine genaue gesetzliche Regelung gibt.