Angestellte im Homeoffice kontrollieren? Rechtlich ist das oft nur sehr eingeschränkt erlaubt. Foto: picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow

Wer digital arbeitet, hinterlässt ständig Datenspuren. Bei manchen Arbeitgebern und Softwareanbietern weckt das Begehrlichkeiten. Doch Experten sagen: Wer seine Angestellten überwachen will, braucht einen guten Grund – und klare Regeln.

Stuttgart - Sind meine Angestellten im Homeoffice wirklich bei der Sache? Darf ich kontrollieren, ob sie ihre Zeit vielleicht doch vor allem in sozialen Medien verbringen? Solche Fragen dürften sich viele Vorgesetzte spätestens seit der Coronapandemie gestellt haben. Und je mehr die Digitalisierung in Unternehmen Einzug hält, desto genauer wissen Geräte und Software darüber Bescheid, wer was und wie lange arbeitet. Doch wie viel Überwachung bei der Arbeit ist in Deutschland erlaubt?

 

Wann dürfen Arbeitgeber digital überwachen?

Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber recht viel überwachen – zum Beispiel, wenn es um die Sicherheit der Firma oder ihrer Geschäftsgeheimnisse geht. Oft berufen sich Firmen auch darauf, Betrug oder Veruntreuung durch Angestellte verhindern zu wollen. „Es geht darum, dass man jemanden nicht nur nach Bauchgefühl entlassen kann, sondern bei einem konkreten Verdacht einer Pflichtverletzung auch Tatnachweise sammeln muss“, erklärt die Arbeitsrechtsanwältin Anja Mengel. Wer jedoch nicht gerade in einem Sicherheitsbereich oder am Bankschalter arbeitet, soll vor dem Druck einer Dauerüberwachung geschützt werden. Darauf pochen auch deutsche Datenschutzbehörden immer wieder – die Interessen müssen gegeneinander abgewogen werden.

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Was gilt für digitale Leistungskontrolle?

Daten, die im Unternehmen gesammelt werden, können oft auch genutzt werden, um die Arbeit der Beschäftigten zu bewerten. Bei „technischen Einrichtungen“ zur Leistungsüberwachung muss laut Betriebsverfassungsgesetz der Betriebsrat mitentscheiden – wenn die Firma einen hat. In der Praxis würden Betriebsräte aber oft in der entsprechenden Betriebsvereinbarung festschreiben, dass eine Leistungsauswertung ausgeschlossen ist, meint Mengel.

Was sagen Gerichte zu digitaler Überwachung?

Konkrete Fälle von betrieblicher Überwachung sind inzwischen sogar vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gelandet. Der entschied zum Beispiel 2017, dass eine heimliche Aufzeichnung von privaten Chatnachrichten, die ein Angestellter in Rumänien bei der Arbeit geschrieben hatte, nicht zulässig war. Zwar dürfen Unternehmen die Kommunikation von Mitarbeitern überprüfen, aber nicht ohne diese vorzuwarnen oder einen konkreten Anlass zu haben – und müssen im Zweifel auf mildere Kontrollen setzen.

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Darf man das Internet am Arbeitsplatz privat nutzen?

Hinter dem Gerichtsurteil steht auch die Frage, ob man den dienstlichen E-Mail-Account oder den Internetzugang bei der Arbeit überhaupt für private Zwecke nutzen darf. Dafür gibt es in Deutschland keine einheitliche Regel, sondern der Arbeitgeber entscheidet. Die Konferenz der deutschen Datenschutzbehörden unterscheidet in einer Handreichung zum Thema zwei Varianten: Der Arbeitgeber kann die private Internetnutzung am Arbeitsplatz verbieten – und hat damit auch weitreichendere Möglichkeiten, E-Mail-Postfächer und das Internet-Surfverhalten der Angestellten zu überprüfen, bei Verdacht auf Missbrauch auch gezielt bei einzelnen Personen. Erlaubt er jedoch die private Nutzung, müssen die Beschäftigten grundsätzlich einwilligen, bevor sie überprüft werden. Das gilt genauso, wenn der Arbeitgeber keine Vorgaben macht und die private Internetnutzung stillschweigend toleriert.