Unzählige gefällte Baumstämme und Schlammlöcher sind im Wildschweingehege kein schöner Anblick (oberes Bild). Ein leerer Trog irritiert Bürger, die sich besorgt über das Verhalten der Tiere zeigen (Bild unten, links). Stefan Seimel pflegte eine enge Bindung zu den Tieren. Er will aber seine Kündigung einreichen (Archivbild unten, Mitte). Bei der Hütte im Wildschweingehege soll eine Coronaparty stattgefunden haben (Bild unten, rechts). Fotos: Schmidt (3)/Seimel (1) Foto: Schwarzwälder Bote

Saugehege: Stefan Seimel hört auf / Bürger besorgt um Zustand der Tiere / Veterinäramt vor Ort / Erklärung des Bürgermeisters

Eine Coronaparty und verängstigte Tiere schrecken Dietinger Bürger im Wildschweingehege auf. Polizei und das Veterinäramt wurden benachrichtigt.

Dietingen. Stefan Seimel hat sich in den Krankenstand verabschiedet. Seither liege das Schicksal der Wildschweine in den Händen der Dietinger Verwaltung. Deren Fürsorglichkeit wird von einigen Bürgern angezweifelt.

Seit Tagen fehle im Gehege Wasser, das Brot auf dem Boden sei schimmlig, und die Tiere würden sich sehr verängstigt zeigen. An die Dietinger Verwaltung wollen sie sich nicht wenden. Auch, wenn den Tierfreunden das Herz blutet.

Das Gehege sei verwahrlost, und der Zustand der Tiere bereite Sorge. Bislang wären die Wildschweine auf Zuruf gekommen, sagte vor ein paar Tagen eine Bürgerin, und hätten sich zutraulich gezeigt. Dass sie sich verstecken und den Kontakt meiden, hätte sie noch nie erlebt.

Ihre Schilderung konnte ein Rundlauf zum Teil bestätigen. Der Wassertrog war immer noch leer, aber schimmliges Brot fand sich nicht. Von den Tieren keine Spur. Erst in der oberen Hälfte des Geheges blickten sie aus ihren Verstecken hervor. "Sehen Sie, es geht ihnen nicht gut, sie bewegen sich kaum."

Diese Beobachtung machte auch Stefan Seimel. Auch er habe von den Zuständen im Gehege erfahren und sei vor Ort gewesen. "Die Tiere sind apathisch", sagte er. "Sie kommen nicht mehr." Der Anblick schmerze ihn. Er habe der Verwaltung eine Anleitung zur Pflege und richtigen Fütterung der Tiere in die Hand gegeben. Gerade jetzt, wo Frischlinge geboren wären, kämen die Bachen nicht zur Fütterung, sondern das Futter müsse ihnen gebracht werden.

Dennoch bleibt er bei seiner Ankündigung. "Ich werde als Gehegewart nicht mehr zur Verfügung stehen." Bis Anfang April sei er noch krank geschrieben, danach werde er die Kündigung einreichen. Einknicken werde er nicht. "Dann würde ich mein Gesicht, meinen Anstand und meine Ehre verlieren."

Streitpunkt Jagdpacht

Die Hintergründe für seine Kündigung stehen in Zusammenhang mit der Vergabe zur Jagdpacht. Wie andere Dietinger Jäger wurde er abgelehnt, während auswärtige Jäger eine Jagdpacht erhielten (wir haben berichtet). Verstehen könne er die Entscheidung immer noch nicht. Er habe Bürgermeister Frank Scholz immer den Rücken gestärkt. "Das war wie ein Dolchstoß in den Rücken, damit habe ich absolut nicht gerechnet." Auf eine Erklärung warte er bis heute.

Nur Hauptamtsleiter Matthias Barth hätte sich an ihn gewendet. Barth habe ihm versprochen, dass erledigt werde, was aus Seimels Sicht, längst überfällig sei: Er werde bei der Instandhaltung des Geheges unterstützt.

Bereits vor zwei Jahren, als der Zustand des Wildschweingeheges öffentlich kritisiert worden sei, sei ihm dies versprochen worden. Geschehen sei nur wenig. Mit der Kündigung werde er auch seine Schießerlaubnis an das Veterinäramt zurückgeben. Sonst müsse er zeitnah acht Tiere erschießen.

Er sei froh, dass er "dann mit dem Abschlachten der Tiere, das den Rottenverband zerstört, nichts mehr zu tun habe". Die führenden und trächtigen Bachen könnten das nicht ertragen.

Festmahl mit Brezeln

Zum Abschluss des Rundgangs zeigten die Bürger noch auf die Überreste der Coronaparty. Bierdosen, die zurückgelassen wurde. Die Polizei sei verständigt worden und habe Streifen angekündigt. Am Montag dann die Kehrtwende. Den Tieren gehe es besser, meldete sich ein Bürger. Zwar fehle es immer noch an frischem Trinkwasser, aber den Tieren sei mit Brezeln ein Festmahl serviert worden.

Hinweise aus der Bevölkerung führten das Veterinäramt schon Anfang der vergangenen Woche ins Gehege, bestätigte der Leiter des Veterinäramts, Jörg Hauser. Allerdings sei es "nicht so schlimm", wie geschildert. Das Verhalten der Tiere stehe im Zusammenhang mit dem Wechsel der Bezugspersonen. "Wildschweine sind sensibel, die veränderte Betreuung durch Mitarbeiter des Bauhofs wirkt sich unmittelbar auf ihr Verhalten aus." Ohne Einbußen gehe das nicht, aber das Verhalten der Tiere wäre nicht apathisch.

Verständnis gezeigt

Hauser zeigte Verständnis für die Gemeinde. Sie stehe vor einer Herausforderung. Er habe Vertrauen, dass die Verwaltung weiß, dass "etwas getan werden muss". Es stimme auch nicht, dass die Gemeinde in den vergangenen Jahren untätig gewesen sei. Sie hätte für Rückzugsmöglichkeiten und Witterungsschutz mit der Aufstellung von Schutzhütten gesorgt.

Auch hätte die Gemeinde Tannenreisig für die Bachen bereit gestellt, damit sie einen Wurfkessel bauen konnten. Nachbessern müsse die Gemeinde bei der Auszäunung von Flächen, damit sich das seit Jahrzehnten genutzte Gelände erholen könne. Dies dürfe auch nicht dem Gehegewart allein überlassen werden. Und freilich sei der Zustand im unteren Bereich mit Schlammlöcher und gefällten Baumstämme alles andere als attraktiv.

Bürgermeister Frank Scholz erklärte dazu: "In den letzten Wochen nach den Sturmereignissen waren einige Forstarbeiten im Gemeindewald und so auch im Wildgehege notwendig." Und er versicherte: "Der Betrieb läuft ganz normal weiter, und eine Vertretung von Mitarbeitern im Krankheitsfall ist ohnehin geregelt. Die Gemeindeverwaltung arbeitet mit dem Veterinäramt seit vielen Jahren in Bezug auf das Schwarzwildgehege eng zusammen. Wir sind stets auf demselben Stand und in hervorragender fachlicher Begleitung."

Er schließe nicht aus, dass auf den Lärm forstwirtschaftlicher Maschinenarbeiten "Tiere, egal welcher Art und an welchem Aufenthaltsort, tendenziell mit Zurückhaltung reagieren werden".