Eine fröhliche Schar: Etwa die Hälfte der Dietinger Grundschüler (nicht alle sind anwesend) nehmen die Betreuungsmöglichkeiten wahr, die früh um 7.30 Uhr beginnen und über die Mittagszeit andauern. Foto: Pfannes

Mehrheit des Gemeinderats macht Weg für Dietinger Ganztagsschule an einem Abend frei. Klassen eins bis vier.

Dietingen - Den Antrag der Dietinger Grund- und Werkrealschule, eine Ganztagsschule in offener Angebotsform für die Dietinger Grundschule einzurichten, befürwortet der Gemeinderat bei zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen. Als Entscheidungsgrundlage dient eine Präsentation mit vielen Bildern von Schulleiter Manfred Göckler im Ratszimmer. Start soll im Schuljahr 2014/15 sein. Zwei Gemeinderäte (Martin Bantle und Klaus Häsler) irritiert jedoch der Wunsch der Verwaltung, bereits an diesem Abend darüber abzustimmen. Sie finden es angemessener, sich mit Blick auf die Zukunft der Irslinger und der Böhringer Grundschule in Ruhe eine Meinung bilden zu können und nicht nach "30 Minuten Infos eine Entscheidung zu treffen, die weitreichende Folgen hat" (Häsler).

Ein Antrag von Martin Bantle auf Vertagung, auch weil aus der Sitzungsvorlage nicht ersichtlich sei, dass es nur um die Dietinger Grundschule gehe, so Bantle, wird jedoch nicht zugelassen. Bürgermeister Frank Scholz sagt, dass der weiterführende Antrag der Verwaltung Vorrang genieße. Und darüber wird dann auch abgestimmt.

Die anderen acht Gemeinderäte plus Bürgermeister sehen in dem Wunsch der Schule eine Chance, die Attraktivität der Dietinger Schule zu erhöhen, den Schulstandort weiterzuentwickeln. Weil gewisse Voraussetzungen erfüllt werden müssten, damit der Antrag genehmigt werden könne, die Gesamtlehrerkonferenz in Dietingen sich vor einer Woche einstimmig dafür ausgesprochen habe und die Nachfrage in Dietingen-Ort vorhanden sei, wie Manfred Göckler sagt, sollten Nägel mit Köpfen gemacht werden. Wenn dank der Ganztagsschule Grundschüler in Dietingen bleiben und nicht nach Rottweil oder Hausen ausweichen, sei es für die Gemeinde ein Gewinn, lautet eine Meinung am Ratstisch.

Ein weiterer Nebeneffekt sei, so Göckler, dass dann die Dietinger Schule sechs Lehrerwochenstunden zusätzlich bekomme.

Was sich ab 2014/15 ändern könnte

Was bedeutet nun für Dietingen Ganztagsschule in offener Angebotsform? Einerseits eine Betreuung der Grundschüler an vier Tagen von 8.15 bis 15.15 Uhr, fasst der Schulleiter zusammen. Der Unterricht werde entzerrt, Schulbeginn sei eine Stunde später, statt 7.30 Uhr also 8.15 Uhr. Nach jeweils zwei Stunden werden zwei längere Bewegungspausen zum Austoben eingeschoben. Mittagessen folge. Nachmittags sei an einem Wochentag Unterricht, außerdem bestehe die Möglichkeit, an den anderen Nachmittagen diverse Kurse anzubieten wie Bläserklasse, Aktivitäten anderer Vereine, Lesepatentreff oder Kunstprojekte. Zum Teil existieren diese Angebote bereits – auch im Rahmen der derzeitigen Betreuungsangebote, bei denen sich vier Damen sehr engagieren –, zum Teil sollen sie ab September 2014 greifen. Die qualitative Steigerung koste die Eltern bis auf das Mittagessen nichts, informiert Manfred Göckler.

Der Schulleiter teilt auch mit, dass offene Form bedeute, dass die Eltern entscheiden, ob sie dieses Angebot annehmen. Göckler sagt, dass mindestens 20 Kinder erforderlich seien. Diese Nachfrage sei vorhanden. Bei der derzeitigen Betreuungsform nehmen 35 Kinder teil, etwa 50 Prozent der Grundschüler. Zum Mittagessen kommen zwischen zwölf und 15 Schüler. Olaf Eints erfährt auf Nachfrage, dass im Schuljahr 2013/14 mit 18 Erst-, 15 Zweit-, 15 Dritt- und 18 Viertklässlern gerechnet werde. "Die Schülerzahlen werden zurückgehen", prophezeit Manfred Göckler, "die Anmeldungen für die Ganztagsschule aber sicher nicht."

In die uneingeschränkte Begeisterung fallen Martin Bantle und Ilona Fischinger nicht ein. So wird von der Böhringerin die Frage aufgeworfen, ob das Prinzip "Kurze Beine – kurze Wege" mit der Fokussierung auf die Dietinger Grundschule nicht in Gefahr sei. Man sollte darüber nachdenken, ob und wie man die drei Schulstandorte in der Gesamtgemeinde miteinander vernetzen könnte, wirft der Irslinger ein. Olaf Eints missfällt dieses Kirchturmdenken. Die demographische Entwicklung schaffe über kurz oder lang Fakten. Man könne keine plausible Lösung ablehnen, weil "vielleicht drei Schüler aus Irslingen nach Dietingen gehen könnten".

Irslinger und Böhringer Zweifel

Bevor es dann zur Abstimmung kommt, lehnt Martin Bantle Denkverbote seines Dietinger Ratskollegen ab. Es müsse doch im Gemeinderat erlaubt sein, seine "private Meinung" sagen zu dürfen. Immerhin entscheide eine Mehrheit, dass alle am Nachmittag in die Schule gehen müssten.

Die Begeisterung von Achim Belser für die Einrichtung einer Ganztagsschule befeuert auch die Gelassenheit seiner Nebensitzer. Selbige, Josef Scheible und Josef Schwende, die Ortsvorsteher von Gößlingen und Rotenzimmern, verhalten sich bei der gesamten Diskussion ruhig. In ihrer Heimat gibt es schon lange keine Schule (und keinen Kindergarten) mehr. Die Kinder besuchen die Einrichtungen in Irslingen und Böhringen.

Erster Nachsatz: Nach der Abstimmung teilt der Bürgermeister noch mit, dass es einen Antrag der Eltern gebe, die Böhringer Hauptschulklassen fünf und sechs zum Schuljahr 2014/15 in Dietingen zu integrieren – dies wäre pädagogisch sehr gut –, und dass die Epfendorfer Schulleiterin, Barbara Neuwirth, ab dem neuen Schuljahr die Böhringer Schule als kommissarische Schulleiterin mitverwalten werde.

Zweiter Nachsatz: Der Epfendorfer Gemeinderat befürwortet ebenfalls eine Ganztagsschule an der dortigen Grundschule ab September 2014. Der Antrag müsse bis Ende Oktober eingereicht werden, sagt die Rektorin.