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Irslinger Tagung zur Lage der Landwirtschaft

Nach alter Tradition veranstaltete der landwirtschaftliche Versuchsring Balingen-Rottweil gemeinsam mit den beiden Landratsämtern Rottweil und Zollernalb jetzt die "Irslinger Tagung".

Kreis Rottweil. In diesem Jahr fand die 90. Versuchsringtagung statt. Begrüßt wurden die zahlreichen Teilnehmer von Landwirt Rudolf Stöffler vom Hofgut Ramstein in Harthausen.

Luise Lohrmann vom Landwirtschaftsamt Balingen führte in das Tagungsthema ein und plädierte dafür, das gesamte Wissen einzusetzen, um auch unter sich ändernden Rahmenbedingungen noch erfolgreich eine von der Gesellschaft akzeptierte Landwirtschaft zu betreiben. Sie stellte fest, dass das einmal Erlernte teilweise nicht mehr gelte und sich die Landwirtschaft mit extremen Wetterereignissen, der unsicheren Zulassungssituation im Pflanzenschutzmittelbereich und der neuen Düngeverordnung auseinandersetzen müsse, um weiter zu bestehen.

Beispielhaft sei auch das Projekt F.R.A.N.Z ("Für Ressourcen, Agrarwirtschaft und Naturwirtschaft mit Zukunft"), das sich für umsetzbare Maßnahmen zur Schaffung von größerer Biodiversität in landwirtschaftlichen Flächen einsetze.

Olaf Zimmermann vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg ging in seinem Vortrag auf den Verlust an Biomasse bei flugaktiven Insekten ein. Studien hätten das Insektensterben nachgewiesen. Gründe dafür seien vor allem Habitatverluste, Verinselung der Vorkommen, Pflanzenschutzmitteleinsatz und die Verschlechterung von Lebensräumen. Nach Aussage von Zimmermann verliere auch das städtische Grün zunehmend an Vielfalt.

Die aktuellen Pflanzenschutzmittel seien deutlich verträglicher als noch vor 20 Jahren. Entscheidend sei es, den Einsatz von Insektiziden abzuwägen und auf der Grundlage von Bekämpfungsschwellen zu handeln. Einen großen Beitrag zur Schonung von sogenannten Nicht-Ziel-Organismen leisteten biologische Nützlinge wie die Schlupfwespe Trichogramma, die den Maiszünsler mit hohem Wirkungsgrad auf natürliche Weise bekämpfe.

Holger Flaig, ebenfalls vom LTZ, erläuterte, wie sich der Ackerbau an Klimawandel und Wetterextreme anpassen kann. Vorab gab es für die Teilnehmer eine eindrückliche Darstellung des Klimawandels und des Hitze- und Trockenheitsrekordjahres 2018. Wichtig sei die Risikominderung durch die Wahl von Kulturen und Sorten. Empfehlenswert seien Sorten, die schnell abreifen und der Sommerhitze entkommen können. Auch die Düngung müsse wetterunabhängiger werden. Die konservierende Bodenbearbeitung könne ebenfalls einen beachtlichen Beitrag zur Schonung des Bodenwassers und des Bodenlebens leisten.

Christoph Stober vom Seehof in Haigerloch, führte in das Nachmittagsprogramm ein. Kurt Möller vom LTZ nahm die Synergien und Antagonismen von Ackerbau und Biodiversität unter die Lupe. Sein Fazit: "Mehr Chaos in der Landschaft" sorge für größere Vielfalt in der Landschaft. Gemeint ist dabei die Schaffung von Saumstrukturen, Grasstreifen und Sonderstandorten.

In einer anschließenden regen Diskussion wurden mögliche Maßnahmen kritisch hinterfragt. Möller betonte jedoch auch, dass sich Umweltschützer und Öffentlichkeit von einfachen Lösungen verabschieden müssten.

Abschließend stellte Tobias Bahnmüller in einem praxisnahen Beitrag die veränderten Rahmenbedingungen im Pflanzenschutz dar. Pflanzenschutz müsse man wörtlich nehmen, er sei erforderlich für gesunde und leistungsstarke Bestände, könne aber nicht zum Ausgleich von ackerbaulichen Fehlern herangezogen werden. Zielkonflikte im Bereich des Pflanzenschutzes werde es immer geben, wie beispielsweise bei einer tiefen Bodenbearbeitung zur Bekämpfung von Wurzelunkräutern und der gleichzeitigen Begünstigung von Erosion.

Um der emotionalen Diskussion um den Pflanzenschutzmitteleinsatz fachlich gut gewappnet entgegentreten zu können, empfiehlt Tobias Bahnmüller den Landwirten die Anlage von sogenannten Spritzfenstern, bei denen Verbrauchern sehr eindrücklich vor Augen geführt werden kann, was ein Verzicht auf Pflanzenschutzmittel bedeuten würde.