Dieter Sirringhaus steht als Puppenspieler und Zauberer seit 40 Jahren auf der Bühne. Am zweiten Weihnachtsfeiertag wird er 75 Jahre alt. Foto: Heinig

Er ist nach wie vor mit seiner Puppenbühne unterwegs und hat gerade im Auftrag des ministerialen Programmes "Neustart Kultur" in 35 Schulen und Kindergärten 60 Aufführungen hinter sich gebracht. Am zweiten Weihnachtsfeiertag wird Dieter Sirringhaus 75 Jahre alt – von Ruhestand keine Spur.

Villingen-Schwenningen - Schon im vergangenen Jahr hätte er ein Jubiläum feiern können: 40 Jahre als Puppenspieler und Zauberer auf der Bühne. 2020 hätte er mit Kasper und Bello so viele Aufträge gehabt wie noch nie. Wegen Corona wurden jedoch fast alle abgesagt, es gab keine Jubiläumsfeier und auch der alljährliche "Winterzauber" mit Puppenspiel, Zauberei, Zirkus und Bastelaktionen im Kulturzentrum Klosterhof fiel der Pandemie zum Opfer. So, wie auch in diesem Winter wieder. Glücklicherweise habe man die 35 000 Plakate und Handzettel vorsorglich ohne Jahreszahl gedruckt, sagt Sirringhaus und lacht. 2022 könnte er wieder ein Jubiläum feiern: Dann ist es nämlich 50 Jahre her, dass er in der jungen Stadt Villingen-Schwenningen mit der offenen Jugendarbeit begann.

Er beginnt 1973 unter Gerhard Gebauer

1973 trat er unter OB Gerhard Gebauer offiziell als Stadtjugendpfleger an, war aber schon ein Jahr zuvor im Jugendbereich ehrenamtlich tätig. Unvergessen bleiben die Jugendbälle in der alten Tonhalle und der von ihm betriebene Jugendtreff "Lollipop" in der Bertholdstraße. Das Jugendförderungswerk, dessen Vorsitzender Sirringhaus etliche Jahre war, plant dazu eine Ausstellung im Klosterhof, die an fünf Jahrzehnte im Sinne und zum Wohle der Jugend erinnern soll.

Fred Bille weckt das Interesse

Fred Bille von der Rottweiler Puppenbühne – inzwischen über 90 Jahre alt – war es, der bei Dieter Sirringhaus das Interesse am Spiel mit den Puppen weckte. Er lehrte ihn, unterschiedliche Stimmen zu modellieren, Kinder zum Lachen zu bringen und schenkte ihm einen ersten Satz Handpuppen.

Erster Freizeitpark an der Obereschacher Landstraße

Ab 1986 leitete Sirringhaus den ersten Freizeitpark der Stadt an der Obereschacher Landstraße. Dort spielte und zauberte er von Anfang an vor kleinen Besuchern, wurde zunehmend von Schulen, Kindergärten, Kommunen und Einkaufszentren gebucht und reiste quer durch Deutschland: der Münchner Olympiapark, der Tierpark Hellabrunn, der SWR-Kindertanzexpress mit Freddy Quinn, später auch der Europapark wurden zu prominenten Adressen. Letztere stand auch in diesem Winter wieder auf dem Programm, Sirringhaus’ Auftritt wurde allerdings soeben, wie so vieles andere auch, wegen der gestiegenen Inzidenzen abgesagt.

Sein Lebenswerk im Klosterhof

Das Zaubern lernte Dieter Sirringhaus vom "Zauber-Peter" und "Frau Puppendoktor Pille", den beiden DDR-Künstlern Peter Kersten und Urte Blankenstein, die damals den ersten Freizeitpark viele Male besuchten. Als der wuchs und wuchs, siedelte man 2000 unter der Ägide von OB Manfred Matusza zum Klosterhof um, genau an die Stelle, an der mittlerweile das Jugend- und Kulturzentrum steht, und hieß fortan "Familienpark". Der Einweihung des Vorzeigeprojektes beizuwohnen, das landesweit bald in aller Munde war, ließ sich der damalige Ministerpräsident des Landes, Erwin Teufel, nicht nehmen. Der Rest ist bekannt: 2004 war es kommunalpolitischer Wille, dass der Park schloss und das Lebenswerk von Dieter Sirringhaus gezwungenermaßen ein Ende fand.

Puppenspiel und Zauberei

Nach zwei weiteren Jahren Tätigkeit im Jugendamt begab sich Sirringhaus in den Vorruhestand. Jedoch nur, um sein Puppenspiel und die Zauberei nun umso intensiver zu betreiben. Bis heute entwickelt er gemeinsam mit Jürgen Steiert, seiner rechten Hand im einstigen Familienpark und inzwischen Leiter einer Puppenbühne in Sigmaringen, gemeinsam neue Stücke, in denen auf pädagogisch wertvolle Art und Weise - "ohne erhobenen Zeigefinger" – auch heikle Themen angepackt werden. Bespielt wurden schon Themen wie die Gefahren im Straßenverkehr, gesunde Zahnpflege oder interkulturelle Gemeinsamkeiten, Mobbing und Klimawandel. Im Repertoire hat Dieter Sirringhaus mit "Die Wunderkugel", "Kasperle bei den Indianern" oder "Bello, der Räuberschreck" aber auch Lachgeschichten, wie sie Erwachsene noch aus ihrer Kindheit kennen.

Rund 50 Handpuppen stehen ihm dafür zur Verfügung. Neben den Kinderlieblingen Kasperle und Bello erschuf die meisten die Villinger Puppenkünstlerin Gisela Kalla. Den "Ronald Mc Donald" mit dem Sirringhaus einst seinen Jahresurlaub im Auftrag der gleichnamigen Fast-Food-Kette mit deutschlandweiten Auftritten verbrachte, hat noch seine vor drei Jahren verstorbene Frau Gaby angefertigt.

Wieder verheiratet

Seit einem Jahr ist Dieter Sirringhaus wieder verheiratet. Seinen Lebensabend verbringt er an der Seite von Gaby Weisheit, so, wie es sich seine erste Gaby kurz vor ihrem Tod gewünscht habe, sagt er. Man kennt sich aus Freizeitparkzeiten. Im Januar werden Dieter und Gaby Sirringhaus in der Dominikanischen Republik ihren Urlaub verbringen und dabei haitische Kinder mit ihrem Puppenspiel zum Lachen bringen.

Er fühlt sich "topfit"

Mit 75 fühlt sich der ehemalige Stadtjugendpfleger "topfit" und denkt noch lange nicht ans Aufhören. Puppenspiel und Zauberei werde er betreiben, "so lange ich stehen kann", sagt er. Sein Vorbild ist sein Lehrmeister Fred Bille, der die Puppen noch mit 82 Jahren tanzen ließ.