Finnlands Premierministerin Sanna Marin spricht in Straßburg darüber, wie sie sich die Zukunft der EU vorstellt. Foto: AFP/FREDERICK FLORIN

Die finnische Regierungschefin Sanna Marin spricht in Straßburg über die Reaktionen auf den Krieg Russlands in der Ukraine und die Zukunft der Europäischen Union.

Sanna Marin ist so etwas wie ein Popstar in der eher glamourlosen Welt der Politik. Diesen Ruf verdankt die finnische Regierungschefin vor allem ihren nicht immer ganz unumstrittenen privaten Auftritten in der Öffentlichkeit, die regelmäßig in den sozialen Netzwerken die Runde machen. Im Europaparlament bewies sie am Dienstag aber, weshalb sie nicht nur bei ihren Landsleuten als Politikerin hohes Ansehen genießt. Sanna Marin war nach Straßburg eingeladen, um darüber zu sprechen, was Europa in ihren Augen ausmacht.

Sanna Marin betont Europas Werte

Natürlich fällt in ihrer Rede immer wieder das Wort „Werte“, doch sie macht auch deutlich, dass diese Werte gerade in diesen Krisenzeiten robust verteidigt werden müssen. Dazu gehört nicht nur, dass die Premierministerin ihr Land nach Jahrzehnten der Neutralität in die Nato führt. Marin ist auch der Ansicht, dass wegen des Angriffskrieges Russlands in der Ukraine keine Visa mehr an russische Staatsbürger vergeben werden dürften. „Die Sanktionen müssen auch im Alltag der Russen ankommen“, sagt die Spitzenpolitikerin und stellt sich damit unter anderem gegen Deutschland, das sich Ende August bei einem Außenministertreffen in Prag gegen einen weitgehenden Einreise-Stopp ausgesprochen hat. Die Verbindungen zu Russland dürften nicht völlig abreißen, heißt es dazu aus Berlin. Finnland sowie die Baltenstaaten haben die Visa-Ausgabe an Russen national eingeschränkt.

Forderung nach härteren Sanktionen

Auch in Sachen weiterer Sanktionen hat die finnische Regierungschefin eine sehr klare Meinung. „Wir müssen die Ukraine in jeglicher Hinsicht unterstützen und müssen bereit sein, noch härtere Sanktionen zu verhängen“, fordert Sanna Marin unter dem Applaus der Europaabgeordneten. Je schärfere Sanktionen es gebe, desto teurer werde der Angriffskrieg gegen die Ukraine für Russland.

Sie sieht allerdings auch, dass sich die EU wegen des Krieges in einer Zerreißprobe befindet. „Die Einheit ist unsere große Stärke“, appelliert sie deshalb immer wieder an die Politiker im Rund des Straßburger Parlaments, „wir brauchen diese Einheit mehr denn je.“ Vor allem mit der „Energie-Waffe“ versuche der Kreml Europa zu spalten, weshalb die EU alles daransetzen müssen, unabhängig von Gaslieferungen aus Russland zu werden. Am Ende, so gibt sich Sanna Marin aber überzeugt, schade sich Moskau vor allem selbst. „Mit diesem Krieg zerstört Russland praktisch seine eigene Volkswirtschaft und seine eigene Zukunft“, so Marin.

Die Finnin als Vorbild für Frauen

Dass Sanna Marin vor allem für Frauen weitaus mehr ist als eine erfolgreiche Politikern, macht dann Assita Kanko in einer kurzen Wortmeldung deutlich. Die belgische Europaparlamentarierin sieht in der Finnin ein Beispiel dafür, dass es sich für Frauen lohnt, die Widerstände in einer noch immer von Männern dominierten Welt zu überwinden. Sanna Marin mache allen Frauen Mut, die Chance zu ergreifen, nicht aufzugeben und die Welt zu gestalten, eine „Welt, in der Sexismus noch an der Tagesordnung ist“.

Dass Sanna Marin nicht nur in den Augen von Assita Kanko ein Vorbild ist, zeigt sich am Ende der Sitzung. Sehr viele Parlamentarierinnen eilen zum Rednerpult, um mit der geduldig lächelnden Regierungschefin ein Selfie zu machen. Natürlich stellen sich auch einige Männer in die Warteschlange, schließlich ist Sanna Marin nicht nur Politikerin und Rollenmodell sondern auch Popstar.