Die Y-Burg Foto: Leif Piechowski

Y-Burg heißt die Ruine in einem Seitental der Rems. Welches Geheimnis verbirgt sich hinter einer Burg, die nach dem vorletzten Buchstaben des Alphabets benannt ist?

Kernen - Türme oder Burgen mit prächtiger Aussicht gibt es Tausende. Umso besser für die touristische Vermarktung, wenn man ein sogenanntes Alleinstellungsmerkmal hat – also ein einzigartiges Phänomen, das allein auf dieses Bauwerk passt. Sei’s die enorme Höhe, das womöglich biblische Alter oder die außergewöhnliche Architektur. Dies alles trifft auf dieses Bauwerk durchaus zu.

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 Türme in Stuttgart und Region

Sein ganz besonderes Charakteristikum freilich ist der Name: Y-Burg heißt die Ruine in einem Seitental der Rems. Lesen können diesen merkwürdigen Namen täglich Tausende Autofahrer, seit vor sechs Jahren entsprechende braune Hinweisschilder an der B 29 aufgestellt wurden. Welches Geheimnis verbirgt sich hinter einer Burg, die nach dem vorletzten Buchstaben des Alphabets benannt ist? Tatsächlich, offenbart eine Rathaus-Mitarbeiterin, „werden wir häufig und nicht nur von Reingeschmeckten nach dem Ursprung der Ypsilon-Burg befragt.“

Die korrekte Aussprache jedoch ist I-Burg. Wobei auch dies eine Fortentwicklung des ursprünglichen Begriffs ist: Eibenberg wurde das Gelände einst genannt, offenbar in Anlehnung an die Eibe, einen seinerzeit weit verbreiteten Nadelbaum. Daraus entstand dann Eibenburg, Yburg und schließlich die heutige Schreibweise Y-Burg.

„Cabrio unter den Ritterfestungen“

Oberhalb des Weindorfs auf einer Terrasse aus Schilfsandstein wurde das würfelförmige Steinhaus von den Truchsessen von Stetten, also vom mittelalterlichen Dienstadel der Grafen von Württemberg, errichtet. Konzipiert war die Burganlage jedoch nicht zur Abwehr von potenziellen Angreifern, sondern als reine Wohnburg. Aus diesem Grund sucht der Nachwuchs beim sonntäglichen Familienausflug auch vergeblich nach Ritterspiel-Gelegenheiten – es gibt keine Verteidigungsanlagen, Wehrgänge oder Schießscharten.

Doch einen Besuch ist der Aussichtspunkt allemal wert – allein schon wegen seines eigentümlichen Innenlebens. Denn seitdem auf Befehl des Herzogs Carl Eugen von Württemberg dessen Untergebene 1760 den Abriss der Burganlage vornahmen, stehen bis heute nur noch die Außenwände. Immerhin, die fehlende Abschottung gegenüber dem Himmel hat die Werbestrategen zum griffigen Slogan animiert: Als „Cabrio unter den Ritterfestungen“ wird das historische Wahrzeichen des Weinorts Stetten in einem Prospekt der Gemeinde bezeichnet.

In unserer Turm-Serie bereits erschienen:

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