Franka und Stefan (Janina Fautz und Ferdinand Lehmann, vorne rechts) nehmen die Umweltverschmutzung in der DDR nicht mehr still hin. Foto: MDR/UFA Fiction/Steffen Junghans/TeQui

Der Spielfilm „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ im Ersten erzählt von jungen Leuten 1989 in Leipzig. Hier kann einen auch die Liebe schnell zur Oppositionellen machen.

Stuttgart - Umweltandacht – das klingt doch ganz harmlos? Nicht in den Ohren der Apparatschiks und Sicherheitskräfte der späten DDR. Wer auf den verheerenden Zustand der industrievergifteten Umwelt hinweist, stellt sich gegen die offiziellen Lügen und Beschönigungen. Und wer das an einem einzelnen Punkt wagt, wagt das vielleicht in allem, ist also ein potenzieller Staatsfeind.

 

Der Fernsehfilm „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ führt uns mitten hinein in die letzte Phase des real verrottenden Sozialismus. Die Pleiße bei Leipzig ist eine stinkende Chemiekloake, rund um die Stadt blasen veraltete Industrieanlagen so viel Dreck in die Luft, dass man sich nach einem Spaziergang besser gleich die Haare wäscht. Drinnen in einer Kirche treffen sich aufmüpfige junge Umweltaktivisten, die Form der Fürbitte wird zum Hilfsmittel des öffentlichen Ideenaustauschs. Draußen vor der Tür steht die Stasi und macht Fotos von denen, die sie bald mal verhaften will.

Tote Fische und nette Leute

Die 19-jährige Franka Blankenstein (Janina Fautz), die kurz vorm Abitur steht, stößt nicht als entschiedene Systemkritikerin zu diesem Häuflein. Sie hat zwar ihren eigenen Kopf und sieht die DDR keinesfalls rosig, aber noch steht sie unter dem Einfluss ihrer systemtreuen Mutter. In der Kirche bei den Umweltandachten landet sie, weil sie sich in den Aktivisten Stefan (Ferdinand Lehmann) verliebt.

Was Franka sonst dort findet? Nette Menschen und ein hehres Anliegen. Bei einem Spaziergang entlang der Pleiße macht die Kamera mit den Bildern toter Fische am Rand einer toxischen Brühe, auf der Müllfässer schwimmen, klar, wo ein anständiger Mensch stehen muss – aufseiten der Natur, nicht aufseiten der Partei. Daraus und aus all dem, was Franka als Gegenwelt voller Geborgenheit und Herzlichkeit erlebt, könnte man den Schluss ziehen, „Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“ entpolitisiere den Widerstand gegen das SED-Regime.

Auf einem schmalen Grat

Da ist auch was dran, aber man kann den Ansatz verstehen. Der Drehbuchautor Thomas Kirchner und der Regisseur Andy Fetscher streben hier nicht nach einer präzisen Konfliktlagenstudie für Historiker und alte Kämpen. Sie wollen eher einer jungen Generation Vorbilder für bürgerliches Engagement liefern. So balanciert ihr Film durchaus erfolgreich auf einem schalen Grat zwischen dem Willen, die Figuren attraktiv und ihr Milieu nicht abschreckend fremd wirken zu lassen, und der Gefahr, die Tristesse der DDR zu verharmlosen.

Ja, die Umwelt ist vergiftet, die abendlichen Straßen Leipzig wirken freudlos düster, aber Frankas Zuhause ist für DDR-Verhältnisse luxuriös. Das Mädchen hört viel Musik, zieht sich flott an, geht gerne abends aus: diese Anknüpfungspunkte sind den Filmemachern sichtlich wichtig. Und die Gegenwelt der Aktivisten ist eher pittoresk unbürgerlich als bedrückend ärmlich. Sie haben sogar, Mangelware in der DDR, ein Auto. Man könnte das gewiss anders erzählen. Aber das Projekt, so jüngere wie auch einige ältere Leute für einen großen Moment der deutschen Geschichte zu interessieren, hat durchaus was.

Im Ersten, Mittwoch, 28. April 2021, 20.15 Uhr. Bereits hier in der Mediathek des Senders abrufbar, bis 28. Juli 2021.