Campino: Keine Hymne für SPD und CDU Foto: Peter Petsch

Campino gibt sich humorlos: „Wir empfinden es als unanständig und unkorrekt, dass unsere Musik auf politischen Wahlkampfveranstaltungen läuft“, sagt er.

Lieder wie dieses

Lange Zeit war die Welt für die Düsseldorfer Punk-Band Die Toten Hosen in Ordnung. Sie und damit alle, die sich von Geld nicht verbiegen lassen, Faschismus zu Recht nicht nur für eine Gefahr von gestern halten und bei allem aufrechtem Gang auf Spaß nicht verzichten, waren die Guten. Trinklieder wie „Eisgekühlter Bommerlunder“ waren durch widersprüchlichste Live-Versionen leicht wegzustecken. Was aber sollte dem wunderbaren Unplugged-Auftritt im Wiener Burgtheater im Jahr 2005 folgen? Selbst Hosen-Sänger Campino schien in der Folge etwas die Kraft auszugehen. Bis, ja bis die Toten Hosen 2012 Vorreiter einer neuen Form der Rückversicherungskultur wurden. „Ballast der Republik“ heißt das immer noch aktuelle Album und „Tage wie diese“ neben „Altes Fieber“ das erfolgreichste Lied, Präsentation bei „Wetten, dass . . .?“ inklusive. Auch für die Ehren des offiziellen Songs des Fußball-Europameisters war alles angerichtet – bis, ja bis Herr Ballotelli seine Muskeln zeigte und im EM-Halbfinale Schluss war mit Mitsingen. Nun aber schallt „Tage wie diese“ wieder munter über Plätze und durch Zelte – CDU und SPD glauben unerschütterlich an den Song als Erkennungslied der umworbenen Generation Mitte. Campino gibt sich humorlos: „Wir empfinden es als unanständig und unkorrekt, dass unsere Musik auf politischen Wahlkampfveranstaltungen läuft“, sagt er. Die Hosen-Lieder nämlich würden „klar missbraucht und von Leuten vereinnahmt, die uns in keiner Weise nahestehen“. Sondern nur für Chart-Erfolge sorgen? Nein, das wäre auch wieder ungerecht – dafür sind Songs wie „Nur zu Besuch“ zu gut. Also, liebe Parteien – feiert eure Tage einfach mit anderen Liedern. Wie wäre es mit Rudi Schurickes wunderbarem „Auf Wiedersehen“? (nbf)