Die Mitglieder des Vereins Die Rheingeschmeckten verbindet die Liebe zum Rheinland. Gründungsmitglied Stephan Wohlfahrt hat uns in Zuffenhausen bei dezenter Musik der Kölner Band Bläck Fööss empfangen.

Stuttgart - Die Mitglieder des Vereins Die Rheingeschmeckten verbindet die Liebe zum Rheinland. Gründungsmitglied Stephan Wohlfahrt hat uns in Zuffenhausen bei dezenter Musik der Kölner Band Bläck Fööss empfangen.

Alaaf, Herr Wohlfahrt!

Alaaf!

Schöne Musik. Läuft die bei Ihnen dauernd?

Nein. Ich bin zwar mit kölscher Musik aufgewachsen, aber auch im Rheinland läuft ja nicht rund um die Uhr Bläck Fööss, Brings und Höhner.

Aber bei den Rheingeschmeckten spielt das rheinische Liedgut schon eine große Rolle?

Natürlich. Es gibt über 20.000 kölsche Mundartlieder, und die transportieren einfach Stimmung. Aber es geht bei uns nicht nur um Karneval. Dass wir darauf reduziert werden, ist unser gängigstes Problem.

Worum geht es denn dann? Sind Sie eine Selbsthilfegruppe für Exil-Rheinländer?

Nein, sicherlich nicht! Es ist ja niemand nach Stuttgart geprügelt worden, und wir leben sehr gerne hier. Wir sind eine Anlaufstelle für Rheinländer und Sympathisanten. Diese Leute sollen sich kennenlernen. Wir möchten ein Stück Heimat und rheinische Lebensart nach Stuttgart holen. Kölsche Musik und Karneval gehören dazu. Seit einiger Zeit haben wir auch einen kölschen Chor.

Also quasi so was wie ein türkischer Kulturverein, nur auf kölsch.

Wenn Sie so wollen. Es sind aber auch einige Schwaben im Verein!

Welche Nationalitäten sind noch vertreten?

Düsseldorfer, Westerwälder, das südliche Ruhrgebiet, Kölner, Badener, sogar ein paar echte Nordlichter aus Schleswig-Holstein. Wer kütt, der kütt, heißt es bei uns. Es sind viele dabei, die irgendwo im Rheinland studiert und es dadurch lieben gelernt haben.

Ein friedliches Miteinander der Kulturen?

Ja, lokale Nickligkeiten spielen keine Rolle.

Ich nehme an, dass Sie momentan ziemlich im Karnevalsstress sind ...

Ja, schon. Wie jedes Jahr bereiten wir unsere Karnevalsparty vor und bauen bis zu zehn Stunden pro Woche an unserem Wagen für den Stuttgarter Karnevalszug. In Stuttgart muss man einen großen Wagen fahren, in Köln muss man einen großen Wagen bauen.

Wie reagieren die Schwaben eigentlich auf den kölschen Karneval? Fürchten die Einheimischen um ihre schwäbisch-alemannische Fasnet?

Wir haben nie negative Stimmung mitbekommen, vielleicht, weil wir uns nicht verschließen. Wir wollen den Schwaben ja nicht zeigen, wie Karneval geht, das wäre total vermessen. Dass wir hier im Zug mitgehen dürfen, können wir den Stuttgartern allein mit Kamelle gar nicht wieder gutmachen. In Köln oder Düsseldorf hätten nur die allerwenigsten von uns jemals die Chance, im Rosenmontagszug mitgehen zu dürfen.

Wann wollen die Rheingeschmeckten erstmals das Stuttgarter Stadtprinzenpaar stellen?

Also, wenn schon, dann müsste es natürlich ein Dreigestirn aus Prinz, Bauer und Jungfrau sein. Aber wir wollen die Kirche mal im Dorf lassen, denn auch im Rheinland ist Prinzenpaar oder Dreigestirn Sache der alteingesessenen Vereine. Andererseits, wie sagt man bei uns in der alten Heimat: Et kütt, wie et kütt...

Wie ist denn Ihr Verhältnis zur Fasnet?

Gut. Ich habe mir schon viele Umzüge angesehen. Schade ist nur, dass die Leute am Zugweg etwas distanziert sind. Aber wir haben in Stuttgart gemerkt: Die Bereitschaft zum Schunkeln ist da! Wenn man auf die Menschen zugeht, fangen sie an zu lächeln, singen und schunkeln mit.

Feiern Rheingeschmeckte anders als Schwaben?

Nein. Das A und O bei uns ist die kölsche Musik. Zu unserer Karnevalsparty kommen immer viele Schwaben, und die sind enorm textsicher! Am Anfang hatten wir mit unserer Feier noch den Exotenbonus. Aber jetzt haben wir uns etabliert, die Leute kommen gerne wieder. Viele unserer Vereinsmitglieder haben sich in ihrer Heimat nie aktiv am Karneval beteiligt und sind erst in Stuttgart auf den Geschmack gekommen.

Aber Sie nicht?

Nein, ich bin zwar nie in einem Verein gewesen, habe aber immer mit Familie und Freunden Karneval gefeiert. In Kerpen bin ich auch schon im Zug mitgegangen. Michael Schumacher hat sogar mal eine Mandarine von mir gefangen.

Ihr karnevalistischer Höhepunkt, nehme ich mal an?

Auf jeden Fall! Das war am Anfang seiner Karriere. Schumacher war auf dem Sprung in die Formel 1, ich auf dem Sprung nach Stuttgart.

Herr Schumacher ist jetzt vielleicht öfter hier. Den könnten Sie zum Stammtisch einladen.

Natürlich! Allerdings ist der Bordstein vor unserer Vereinskneipe recht hoch, da kann er seinen Formel-1-Flitzer wahrscheinlich schlecht parken.

Gibt es sonst noch prominente Rheingeschmeckte, die Sie gerne einmal begrüßen würden?

Na, zum Beispiel Horst Heldt, der hat lange für den 1. FC Köln gespielt und kommt aus Königswinter.

Was machen Rheingeschmeckte eigentlich nach dem Karneval?

Wir lernen die Landeshauptstadt und die Umgebung kennen, organisieren und unternehmen Wanderungen, wie zum Beispiel unsere "Stäffeles-Tour". Und im Sommer veranstalten wir immer ein großes Grillfest für unsere Vereinsmitglieder. So kriegen wir das Jahr gut rum, und dann kann man ja schon bald wieder in Richtung Karneval schielen.

Wollen Sie eigentlich zurück ins Rheinland?

Nein, ich habe bald den Break-even-Point erreicht. Dann lebe ich länger in Schwaben als im Rheinland. Stuttgart ist mein Zuhause, hier fühl ich mich wohl, und hier werde ich wohl auch alt.

http://www.rheingeschmeckte.de