Bunte Luftballons, Pizza, Süßkram und Spiele reichen heute oftmals nicht mehr aus beim Kindergeburtstag . Foto: Unsplash/Adi Goldstein

Mit etwas Deko geht’s meistens los. Aber warum tendieren Eltern beim Ausrichten eines Kindergeburtstags immer öfter zur Gigantomanie? Und: Was wollen eigentlich die Kinder?

Hüpfburg, Rennbahn, Clowns und ein Büfett: Nicht nur bei Prominenten wie den Kardashians ähneln Kindergeburtstage längst Großevents. Auch immer mehr Nicht-Promis wollen den großen Tag ihrer Kleinsten mit einem extravaganten Programm gestalten. Oder sie überlassen die Planung der Feier gleich professionellen Organisatoren. Häufig fühlen sich Eltern unter Druck gesetzt, wenn die Kita-Freunde eine Riesensause auf die Beine stellen, nachzuziehen oder sie sogar zu übertrumpfen.

 

Heike Fink plädiert dafür, sich nicht allzu sehr unter Druck setzen zu lassen. Die Frage sei doch: „Was wollen wir für die Kinder?“, gibt die Kindheitspädagogin und Dozentin des Studiengangs Bildung und Erziehung im Kindesalter an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg zu bedenken.

Klar, eine Hüpfburg ist super

Denn es geht im Grunde darum, dass die Kinder einen schönen Tag verbringen. „Dann ist es natürlich sehr wichtig, dass das Kind im Mittelpunkt steht und gefeiert wird. Mädchen und Jungen im Kindergartenalter etwa haben das Bedürfnis, miteinander zu spielen und in Interaktion zu kommen“, sagt sie. Dazu eine besondere Deko, ein schöner Kuchen und ein paar tolle Spiele. „Dann sind Kinder in der Regel glücklich.“ Gleichzeitig ist die Erwartung an die eigene Geburtstagsparty auch an das geknüpft, was sie bislang an ihrem Geburtstag oder bei anderen Kindern erlebt haben.

„Klar finden Kinder es per se spannend, wenn sie irgendwo eingeladen werden, wo es eine Hüpfburg gibt“, räumt Fink ein. „Im Prinzip heißt es aber nicht unbedingt, dass der eigene Geburtstag so sein muss, sondern dass es eine individuelle Sache ist.“ Schwieriger sei es aber, wenn man sich in einem Umfeld bewege, wo große Feste die Norm sind.

„Da liegt die Aufgabe und Verantwortung bei den Eltern, das Kind zu begleiten und zu stärken. Je nach Alter ist es sinnvoll, das Fest mit dem Kind gemeinsam zu planen, sich Spiele zu überlegen, zu grillen oder ein Planschbecken aufzustellen.“ Gleichzeitig könne eine kleinere Feier auch den kindlichen Bedürfnissen besser entsprechen, da sie dabei eher im Mittelpunkt stehen als bei einem großen Event.

Verlieren wir die Kinder aus den Augen?

Auch Kerstin Landenberger sieht das Phänomen kritisch. „Ich habe manchmal ein bisschen den Eindruck, als würde man das Kind, um das es ja eigentlich gehen sollte, aus dem Blick verlieren“, sagt die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin aus Stuttgart. Viele Eltern werden gezwungenermaßen zu Mitläufern und organisieren ebenfalls große Partys, weil sie befürchten, blöd dazustehen, erklärt Landenberger. Nicht weil das Kind es toll findet, sondern weil es alle anderen so machen.

Pädagigin Heike Fink Foto: Mandy Knuth Photography/Fany Fazii

„Wenn alle anderen Kinder dieses große Event haben und eine Familie sich aus pädagogischer Überzeugung dagegen entscheidet, braucht es manchmal Mut und eine souveräne Handlung“, sagt Fink und rät, dem sozialen Druck souverän zu widersprechen. Manche Familien können sich beispielsweise eine große Party nicht leisten. „Sie werden hier noch viel extremer unter Druck gesetzt als jemand, der es sich leisten könnte“, sagt Heike Fink.

Statt Animateure oder Visagisten zu engagieren, die für die Kleinen den perfekten Piratengeburtstag zaubern, sei es wichtiger, die Fantasie der Kids anzuregen und sie selbst kreativ werden zu lassen, sagt Landenberger. „Wenn man eine Deko bastelt, dann kann man die Kinder im Vorfeld schon miteinbeziehen.“

Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Kerstin Landenberger. Foto: Privat

Bei Spielen rät sie zu bewährten Klassikern, etwa dem Würfelspiel Schokolade-Essen. In den Sommermonaten könne man auch draußen eine Schnitzeljagd organisieren. Statt eines extravaganten Büfetts empfiehlt die Stuttgarter Psychotherapeutin Speisen, die die Kinder lieben, etwa Würstchen, Pizza oder Pommes.

Wie viele Gäste?

Geht es um die Zahl der Besucher, halten sich viele Familien an die Regel: so viele Gäste einladen, wie das Kind alt wird. Ist das Kind vom Alter her in der Lage, sollte es selbst entscheiden dürfen, wen es einlädt. Dabei sollten Kriterien wie „Dieses Kind hat dich eingeladen, jetzt müssen wir es auch einladen“ weniger im Vordergrund stehen, betont Fink. Sonst ist die Entscheidung auch wieder ausschließlich auf der gesellschaftlichen oder Erwachsenenebene angesiedelt.“

Das Thema Geschenke sorgt ebenso für Zündstoff. Fink ist überzeugt, dass es weniger wichtig ist, einen bestimmten Betrag für das Präsent auszugeben, sondern das Geschenk persönlich auszusuchen mit dem Ziel, dass es dem Geburtstagskind gefällt. Wenn man nicht wisse, was das Kind sich wünscht, könne man die Eltern fragen oder besser noch selbst mit dem eingeladenen Kind überlegen.

„Kinder können sich was wünschen, aber letztendlich sollte es ja immer noch eine Überraschung sein“, sagt Fink. Teure Präsente, die sich manche Familien nicht leisten könnten, müssten nicht sein, sagt auch Kerstin Landenberger. „Kinder haben meistens Wünsche, die nicht viel Geld kosten“, sagt sie. „Sie geben sich oft mit Kleinigkeiten zufrieden.“

Fink und Landenberger sind beide keine Fans von allzu großen Gastgeschenken. „Der Hintergrund ist, dass man Kindern den Frust ersparen möchte, wenn sie nicht im Mittelpunkt stehen, weil sie nicht das Geburtstagskind sind und sie daher auch was bekommen“, erklärt Fink. „Doch es ist auch wichtig, dass man sieht, heute bin nicht ich der- oder diejenige, die im Mittelpunkt steht, sondern das Geburtstagskind.“ Teilweise ist es so, dass das Gastkind mit einem größeren Geschenk nach Hause kommt als das, was es dem Geburtstagskind gebracht hat – weil manche Eltern sich auch hier gegenseitig übertrumpfen wollen.

Die Pädagogin ist davon überzeugt, dass die Kleinigkeiten oder Süßigkeiten, die die Kinder bei Spielen gewinnen, ausreichend sind. „Eine Kleinigkeit ist in Ordnung, aber das muss keine riesige Tüte sein“, sagt Landenberger. Stattdessen findet sie etwa ein gemeinsames Foto zur Erinnerung schöner. „Wenn jemand eine Polaroid-Kamera hat, könne man ein Bild machen und das den Kleinen anschließend mitgeben“, schlägt sie vor. „Fotos lassen sich mittlerweile auch ziemlich schnell daheim ausdrucken, sodass Kinder eine bleibende Erinnerung haben.“