Etwa zehn Kilometer unter diesem Weizenfeld lag das Epizentrum des Bebens am 9. Juli 2022. Foto: Schnurr

Rund um Albstadt, Jungingen und Hechingen bebte es 2022 so oft wie in keinem anderen Landkreis. So schätzt der Landeserdbebendienst die Lage ein.

Zollernalbkreis - Dass die Erde bebt, ist im Zollernalbkreis nicht ungewöhnlich. Wohl aber die Häufigkeit: Rund um Albstadt, Hechingen und Balingen bebte es 2022 so oft wie in keinem anderen Landkreis.

Laut der Website www.erdbebennews.de, die privat betrieben wird und für gewöhnlich gut informiert ist, wurden im Zollernalbkreis 94 Erdbeben registriert, davon 45 über der Magnitude 1, 14 davon waren – wenn auch teilweise nur ganz leicht – spürbar. Damit platziert sich der Zollernalbkreis deutlich vor dem Rheingau-Taunus-Kreis mit 20 Erdbeben über Magnitude 1 und Hamm.

In den vergangenen Jahren lagen Hamm, Aachen und Konstanz laut erdbebennews.de aufgrund dortiger Erdbebenserien am Ende vor dem Zollernalbkreis. Zuvor seien die Bergbaugebiete des Ruhrgebiets lange Zeit die erdbebenreichsten Regionen Deutschlands gewesen.

Die stärksten Beben

Das heftigste Erdbeben im Zollernalbkreis im Jahr 2022 wurde laut Landeserdbebendienst (LED) in Freiburg am 9. Juli gemessen: Um 13.47 Uhr bebte bei Hechingen die Erde. Gemessene Stärke laut Landeserdbebendienst in Freiburg: 4,1. Es war 2022 sogar der stärkste Erdstoß in ganz Deutschland, wie eine Sprecherin des Erdbebendiensts des Bundes unserer Redaktion erklärte. Spezielle Auswertungen nach Landkreisen führt der Dienst, der bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe angesiedelt ist, allerdings nicht durch.

Deutlich brummte und wackelte es auch am 16. Oktober um 6.13 Uhr. Die Stärke des Erdstoßes lag bei 3,9, das Epizentrum bei Jungingen.

Weitere gut spürbare Beben meldete der LED unter anderem am 19. Februar bei Albstadt (3,3) und mit Epizentrum Jungingen außerdem am 27. April (3), am 29. Mai (2,9), am 7. Juli (2,7) und schließlich auch das Erdbeben am Heiligen Abend (2,6), das sogar Weihnachtsbäume zum Zittern brachte.

Der LED verzeichnete 2022 im Zollernalbkreis insgesamt 99 Erdbeben.

Die Epizentren

Am häufigsten tauchen in der Erdbebenliste Albstadt und Jungingen als Epizentren auf. Doch auch Balingen, Bisingen, Burladingen, Hechingen und Meßstetten werden genannt. Im deutschlandweiten Städteranking belegt Albstadt laut erdbebennews.de nur den zweiten Platz: Nur in Heidenrod im Rheingau-Taunus-Kreis wackelte die Erde öfter.

Die Ursachen

"Die Erdbeben auf der Zollernalb sind tektonisch verursacht", sagte der Seismologe Martin Hensch unserer Redaktion. "Hier werden Spannungen gelöst, die sich durch die Kollision der afrikanischen und der eurasischen Platte aufbauen."

Große Erdbeben rund um Albstadt sind Hensch zufolge nur in der Albstadt-Scherzone bekannt – gemeint sind die drei starken Beben in den Jahren 1978, 1943 und 1911.

Eine Rolle spielt auch der Zollerngraben. Geologen vermuten allerdings, dass er nur ein bis zwei Kilometer tief ist.

Darunter besteht möglicherweise eine geologische Störungszone, "die quasi die Ursache für die Grabenbildung an der Oberfläche ist", berichtete Stefan Stange, Leiter des Landeserdbebendiensts, unserer Redaktion im Zusammenhang mit dem 4,1-Erdbeben im vergangenen Sommer. Wenn diese Zone bis in zehn Kilometer Tiefe reiche, "könnte dort das Erdbeben stattgefunden haben".

Das sagen Experten

"2022 ereigneten sich nicht ganz die Hälfte der in Baden-Württemberg registrierten Erdbeben in der Zollernalbregion", berichtet ein Sprecher des Regierungspräsidiums Freiburg, an das der LED angegliedert ist, unserer Redaktion. "Daneben wurden vor allem in der Region des südlichen Schwarzwalds mit dem südlichen Oberrhein Erdbeben registriert."

Mehr Beben und deutlich spürbare gab es im vergangenen Jahr im Zollernalbkreis – ein Zusammenhang zwischen Häufung und Stärke bestehe allerdings nicht, so der Sprecher weiter.

Zum Beispiel seien im Bereich des Erdbebens bei Jungingen vom 16. Oktober seit Ende 2020 immer wieder Erdbeben unterschiedlicher Stärke registriert worden, während im Bereich des Erdbebens bei Hechingen vom 9. Juli in den vergangenen Jahren nur vereinzelt Erdstöße bemerkt wurden.

Ob es künftig weiterhin zahlreiche oder stärkere Erdbeben geben könne, sei indes ungewiss. "Erdbeben lassen sich nicht vorhersagen."